30 Mai

Europa – endlich das geschenkte MOMENTUM nutzen – (Meditation # 63)

Der strenge Zeitgeist meint es für einen Moment gut mit Europa – oder?

„Wir müssen das Momentum für Europa nutzen“ – wie damals 1989 tut sich nun auch 2017 – zwar nicht ganz so unvorhergesehen wie damals, aber dennoch überraschend für viele – ein Zeitfenster auf, das auch schnell wieder zufallen kann. Es ist genug! Selbst der Kanzlerin entflieht es dem Gehege ihrer Zähne: „Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in die eigene Hand nehmen.“

Doch was fällt den Damen und Herren der Polit-Profis europaweit ein? Nichts Neues, sondern nur beschwörende Gesten, man müsse nun umso mehr zusammen stehen, um in einer Welt von zunehmenden Bedrohungen weiter handlungs- und überlebensfähig zu bleiben. Dabei wird das lahmende Pferd EU schnell mit neuen Hufen beschlagen, damit es hoffentlich noch schneller laufe auf seine alten Tage. Also wieder nichts Neues im Westen. Im Gegenteil. Wie die Maus vor der Schlange starrt man auf alte Strickmuster, die nun einfach noch etwas enger gezurrt werden müssen.

Das heißt aber nun wirklich nicht „das Momentum für Europa“ nutzen, das heißt lediglich: Da uns nicht wirklich Neues einfällt, muss das Alte einfach aufpoliert werden. Wird schon gehen. Augen zu und durch!

Die Völker Europas sollten das angesichts der EU-Schieflage, die weder mit dem Migrationsproblem, noch mit der Selbstverteidigung, noch mit dem aufgeblähten EURO klar kommt, nicht länger mit sich machen lassen.

Mit Blick auf den ehemaligen Felsen in der Brandung – den großen Bruder aus Übersee – scheint ein bisschen Angstmache probates rhetorisches Mittel, von der eigenen Ratlosigkeit abzulenken. O-Ton: „Wer sich heute nationale Scheuklappen aufsetzt und keinen Blick mehr für die Welt um sich herum hat, verläuft sich (…) letztlich ins Abseits.“

Also ein Verlierer. Wer sich jedoch nur ein wenig mit der amerikanischen Geschichte auskennt, wird natürlich wissen, dass „splendid isolation“ durchaus eine vertraute Haltung der Amerikaner war und von Trump im Wahlkampf auch wiederbelebt wurde. Das brachte ihm eine Menge Stimmen ein. Also ein Gewinner.

Doch der Angstargumente gibt es noch mehr in diesen Tagen. Ein Zitat aus den Medien:

                  „Die Weltwirtschaft ringt mit extremen Konzentrationsbewegungen.“

Was für ein Monster-Sätzchen. Wer, bitte schön, ist denn die Weltwirtschaft? Eine Diva aus Hollywood oder ein Gewichtsheber aus Asien? Die Weltwirtschaft ist nur ein Wort für die Gier der Männer vieler Firmen, die andere übervorteilen wollen, um vor ihren Aktionären steigende Kurse vorweisen zu können, damit sie selbst größere Boni einheimsen werden. Denn hinter dem Ww-Wort verbergen sich ganz konkrete Menschen mit ganz konkreten Ideen für wachsende Profite. Nennen wir doch bitte die Dinge beim Namen und verhüllen sie nicht mit verschleiernden Abstrakta, unter denen sich sowieso niemand etwas vorstellen kann – es sei denn, wir verlangsamen etwas das Lese- und Denktempo zum eigenen Überdenken!

Darf es noch ein weiteres, leerlaufendes Zitat aus den Medien sein, das den Leser ordentlich allein lässt? Ja? Gut – hier ist es:

Es müssen neue Wege gefunden werden, um den Missbrauch von Marktmarkt zu bekämpfen.!

Wer, bitte schön, ist „es“ und wer, bitte schön, ist Herr „Marktmacht“? Eine Geheimgesellschaft oder ein Militärkomplex der besonderen Art? Jedenfalls geht es zumindest in der Sprache ziemlich kriegerisch zu, schließlich sei da ja jemand zu bekämpfen und mit Macht!

Nein, so werden wir das „Momentum für Europa“ nicht nutzen, so eiern wir nur weiter rum, ohne wirklich ein ganz neues Kapitel für alle europäischen Völker aufzuschlagen. Wie dieses Kapitel aussehen könnte, soll im nächsten Beitrag        k o n k r e t         und gar nicht worthülsenmäßig gut verständlich vorgetragen werden.  Uns Europäern bietet sich ein machbares Zukunftsbild, das nicht Chimäre oder Fata Morgana sein wird, sondern die Geburtsstunde einer neuen Völkergemeinschaft aus dem Geiste verwandter Völker in Europa, die nicht länger bevormundet sein wollen. Weder von den USA, der Nato, dem IWF, oder sonst einem Hegemon oder der EU.

18 Mai

Europa – völlig neu denken ( Meditation # 62 )

Europa völlig neu denken. Und nicht einfach nur neuer Wein in alten Schläuchen.

Und weiter schmoren sie alle in ihrem eigenen Saft – der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika genauso wie der von Russland oder wie der neue Heilsbringer der Sozialdemokraten oder oder Kurz und Lindner, klingt ja fast wie kurz und bündig, nur natürlich etwas pflegeleichter und runder, klar.

Sie reden sich um Kopf und Kragen, denn sie wollen einfach nicht wahrhaben, dass der sogenannte Wähler nicht mehr ein politischer Kopf ist, sondern ein launischer Spieler, dem es Spaß macht, die Erwartungshaltung der Medien und Parteien einfach mal so richtig zu enttäuschen. Das macht dann richtig gute Laune….

In Kiew oder in Sanaa hat man wirklich andere Sorgen, in Medellin ebenso wie in Kabul…wie können wir die Steuereinnahmen heben, wie die Sozialleistungen drosseln oder so ähnlich fragen sich die Polit-profi-komplex-fetischisten in Athen und in Brüssel? Der Schuldenberg ist schon längst nicht mehr in realistischen Zahlen darstellbar, sondern höchstens noch in Karikaturen – da lacht man einfach den unterschwelligen Horror weg. Ist doch wirklich witzig oder?

Und weiter betrachten konzentriert die altbewährten Auguren die letzten Wahlergebnisse: Es scheint so – der launische Wähler hat diesmal so getan, als wäre alles in Butter. An den gefährlichen Rändern des politischen Spektrums wuseln scheinbar Ewig-Gestrige in ihrem eigenen Spinnennetz und eiern in den eigenen Slogans wie gedopt umher. Keine Gefahr also für den braven Konsumenten. Gut durchatmen, gute Laune mimen und weiter so!

Und weiter drehen die Anzug-Figuren an ihren Zinsschrauben: Billiges Geld ist gutes Geld, dass nebenbei Gespartes der Kleinanleger verbrennt dabei, ist doch nun wirklich unerheblich. Man muss doch das große Ganze sehen, global denken und entscheiden.

Und weiter kann das kompakte Eigenschaftswort „global“ jeden Einwand wie nichts in die Wüste schicken, denn niemand möchte als Dörfler oder Provinzler verspottet werden. Globalisierung als „Strahlebegriff“ hat wohl auch weiterhin kostenlose Zauberkräfte parat – man muss nur schön dran glauben. Von dem schier unwiderstehlichen Charme der Digitalisierung ganz zu schweigen.

Wenn nun aber doch ein ganz unwichtiger Zeitgenosse hartnäckige Fragen stellen würde, wie sähen die denn dann vielleicht aus?

Was ist das für eine G e m e i n s c h a f t , in der Gewinn um jeden Preis immer auch der Gewinn von wenigen auf Kosten von so vielen ist?

Wird da nicht der Absatz auf Kosten der Konkurrenten in der ächzenden Restgemeinschaft nachhaltig gesteigert?

Werden da nicht die Arbeitslosen der insolventen Konkurrenten zu Niedriglohnbedingungen in Zweitniederlassungen mit schönen Steuervorteilen und „großzügigen“ Zeitverträgen gezwungen?

Ist die  G e m e in s c h a f t  der Konsumenten um jeden Preis nicht immer nur der lähmende Leerlauf konkurrierender Singles?

Ist die sogenannte Europäische Union ( G e m e i n s c h a f t ) wirklich eine Union und ganz Europa betreffend?

Wohl kaum. Einige scheinen sich in diesem Vertragszusammenhang lediglich als die großen Player, die auf der Suche nach billigen Arbeitskräften sehr erfinderisch sind, zu entpuppen, die gnadenlos verdrängen, was im Wege steht, und gnadenlos aussortieren, was nicht passt!

Ist diese EU – wie sie immer gerne als süßes Kürzel den Befürwortern über die Lippen huscht – nicht eher bloß ein probates Instrument dieser Gewinner, notfalls den Verlierern ordentlich Geld zu leihen, damit die wenigstens auf Pump die Produkte kaufen können, mit denen sie geflutet werden – ganz gleich ob Autos, Kriegsschiffe, Versicherungen oder Tabletten? Schafft man so nicht die endlosen Abhängigkeiten mit denen, die nie mehr unabhängig sein werden? Das sollen wir dann eine  G e m e i n s c h a f nennen?

Ist dieses bloß ökonomische Konstrukt EU nicht so etwas wie ein Schierlingsbecher, der allen als belebender Fruchtsaft gereicht wird?

Und könnte das Ende einer solch fatalen Zwangsveranstaltung nicht auch der Anfang einer endlich wieder selbstbestimmten Zukunft sein, die dann ein Europa beschriebe, das sich gegenseitig befruchtet und Freiräume entstehen ließe, in denen sich die faszinierenden Verschiedenheiten der verwandten europäischen Kulturen auf Augenhöhe begegneten?

Angst sollte den Europäern bloß das Weiterwursteln machen, nicht aber das Aufbrechen zu neuen, selbstbestimmten Ufern, von denen aus man bunte Brücken bauen könnte zu den anderen Europäern, die sich gerne unterscheiden wollen, sich gerne aber auch austauschen, immer aber sich selber treu und der eigenen Geschichte, die sich notfalls auch gemeinsam nach außen zu verteidigen wüssten. Dazu sollten die Völker Europas Lust verspüren: Die Epochen nach dem letzten großen Krieg sind vorüber – eine neue sollte freudig eingeläutet werden. Dazu brauchen die Europäer keinerlei Bevormundung mehr wie nach 1945. Und auch sicherlich nicht von etablierten Parteien, die wie Unternehmen nur ihre corporate identity pflegen und eben diese meinen, wenn sie von Gemeinschaft  säuseln.

Und neu – wie gesagt – bedeutet eben n e u und nicht alter Wein in neuen Schläuchen…Ebenbürtige Verwandte, die wir sind.

07 Mai

Europa – Mythos # 49

Wie Agenor, Europas Vater, seinen Albtraum deutet

Schweißgebadet wacht der König noch vor der Morgendämmerung auf. Er hatte einen schweren Traum gehabt. Die Dunkelheit lastet auf ihm wie sein Traum noch eben. Zu groß, zu schwer, zu stark. Und so wortlos und erdrückend, so quälend und gnadenlos überwältigend, niedermachend.

Herz klopfend versucht er sich zu erinnern. Telephassa, seine ermordete Frau, hatte ihm auf der Brust gesessen. Hämisch lachend schwebten ihre Brüste über seinem Kopf, er konnte kaum atmen, als sie ihn gewaltsam in die Kissen presste. Ihre Hände ruhten dabei auf seinen Armgelenken, so dass er sie nicht abschütteln konnte. Lass mich, lass mich, so hatte er gekeucht, du gehörst nicht mehr in mein Leben. Aber sie starrte ihn nur grinsend an; nackt und verführerisch hockte sie auf ihm, so dass er sich trotz seiner Todesangst heftig erregte, und zischte böse: Du nichtswürdiges kleines Kerlchen, dein Ende ist nah, ganz nah. Wie habe ich auf diesen Augenblick gewartet, du Hund. Dabei näherten sich ihre schwer auf ihm lastenden Hände immer mehr seiner Gurgel. Wie ein eiserner Schraubstock drückten sie ihm die Luft ab. Seine Augen starrten sie an, er vermochte nur noch schwach zu keuschen, zappelte mit seinen Beinen. Aber ihr Körper lastete wie ein Fels auf ihm, drückte seinen Brustkorb – schon meinte er seine eigenen Rippen zu brechen hören – fester und fester. Und als ihm in seiner Todesangst die Sinne zu schwinden begannen, meinte/ er ungeahnte Kräfte in sich hervorbrechen zu fühlen. Ja, er konnte auf einmal sogar laut schreien. Und mit diesem Schrei war er dann auch aufgewacht.

Seine Hände zittern. Sein Atem kurz und flach. Schweißtropfen rinnen ihm in die Augen. Das brennt. Als er sie weg reiben will, sticht er sich mit seinen zitternden Fingern fast die Augen aus. Da kippt seine Angst gleich um in Wut. In Wut auf seine Frau, die ihn gerade besucht hat, in Wut über sich selbst, dass er so schwitzt und zittert. Und mit der Wut findet er auch zurück zu klareren Gedanken, die ihm anraten, diesen schlimmen Traum nur nicht über zu bewerten, nur nicht vorschnell gegen sich selbst zu deuten. Gleich badet er sich in einem kühlenden Bad starker Bilder der letzten Tage und Wochen: Wie hat er lustvoll getobt, seine Wächter in Angst und Schrecken versetzt, ja, sein ganzes Volk in vorauseilendem Gehorsam zusammen gepfercht, wie haben sich alle vor ihm geduckt, vor ihm gebangt, als er nach dem plötzlichen Tod seiner Frau – was muss er jetzt lachen: Die denken doch wirklich, sie sei einfach so an Herzschmerz über den Verlust ihrer Tochter Europa weg gestorben, aus Gram. So lächerlich das – einen königlichen Erlass verkünden ließ: Binnen Jahresfrist will er die geflohene Tochter vor seinem Thron sehen. Auf Knien, um Gnade flehend, sonst würde er die Häscher, falls sie mit leeren Händen von ihrer Suche zurückkehren sollten, hinrichten lassen, samt ihrer gesamten Sippen. Klar, und sein Traum ist gar nicht sein Traum gewesen, sondern der seiner Untertanen. Die sind es doch, die jetzt Nacht für Nacht schweißgebadet aufwachen und seiner Frau, Telephassa, die Schuld geben, dass Europa geflohen ist. Denn er, Agenor, hatte Europa doch immer wie seinen eigenen Augapfel gehütet und verwöhnt. Was muss er für ein guter König sein, dass er bis in den Schweiß hinein die Gefühle seiner Untertanen nach erlebt.

Es dämmert unterdessen. Agenor, jetzt wieder regelmäßig und ruhig atmend, hat wie immer die richtige Lösung für seine Träume gefunden. Umständlich wälzt er sich aus seinen schweißnassen Kissen, ruft ungehalten nach seinem Leibwächter, dass er ihm ein warmes Bad bereite und die Gewänder für die Jagd vorlege. Ja, er will jagen gehen, er muss ausreiten, Wind auf den Wangen spüren, Beute machen. Dann werden auch die Bilder der letzten Nacht davonfliegen wie aufgeschreckte Fledermausschwärme.

Als er nun nackt dasteht und darauf wartet, dass endlich das Bad mit seinem schmeichelnden Wasser ihn verwöhnt und beruhigt, kann er sogar schon wieder lächeln. Aber sein Spiegelbild, das er auf der dampfenden Wasseroberfläche erkennt, zeigt ihm ein eher schmächtiges Männlein mit dünnen Beinchen und schütterem Haar. Schnell wischt er es mit einer Hand weg. Er weiß, in seinen königlichen Gewändern wirkt er viel größer und mächtiger. Alles gut also. Ein gönnerisches Lächeln gönnt er sich und seinem Leibwächter, als der in unterwürfiger Haltung vor ihm niederkniet und auf die weiteren Befehle wartet.

Ja, wenn er von der Jagd zurück ist, will er die junge Sklavin, die er neulich auf dem Markt im Hafen für sich hatte ersteigern lassen, geölt und duftend in seinem Schlafgemach sehen. Sie wird dafür sorgen müssen, dass kein neuer Albtraum unerlaubt über ihn herfällt. Über ihn, den König, der doch weiß, was er will und alles beherrscht, auch seine Träume.