03 Jul

Europa – Meditation # 105 Heimat-Text Nr. 22

Gerade noch sprachlos. Wirklich. Man schien betroffen.

Aber kaum wieder zuhause, da beginnen die geduldigen Quellen der Schuldzuweisungen wieder munter zu sprudeln. Und der Betrachter wundert sich gar nicht. Denn ihm ist klar, dass Werbevetrräge und andere lukrative Vereinbarungen stärker wirken als sinnvolle Konsequenzen nach einem allzu lange gepflegten Selbstbetrug: Wir sind die Besten und werden es auch bleiben!

Das ist die sportliche Ebene.

Und die politische?

Da war man in keiner Phase auch nur ansatzweise sprachlos, gedankenversunken. Nein. Es wurde tagelang behäbig ein Pass nach dem anderen quer gestellt.

Auch hier dämmert dem Betrachter, dass es nicht primär um die Sache geht – die war schon vor mehr als zwei Jahren auf dem Tisch des Hauses präsentiert worden – sondern um Image-Pflege, um Zank wie im Kindergarten, wo kleine Kinder große Töne spucken.

Nur scheinen es jetzt große Kindsköpfe zu sein, die lauter Misstöne und Kleingeistiges von sich geben.

Und was sollen wir davon halten?

Die einen sprechen wortreich von sogenannten Kollateralschäden – ein Ausdruck, der im Irak-Krieg medial tüchtig eingeübt wurde und inzwischen zum Wortschatz jedes Besserwissers gehört und natürlich auch bei diesem Privatkrieg von den zwei ungleichen Schwestern ordentlich bemüht wurde.

Die anderen dagegen sprechen von unabsehbaren Folgeschäden für das Auslaufmodell Parteiendemokratie. Aber auch die Medien bekommen ihr Fett weg: Muss man denn wirklich jeden Rülpser besichtigen und on-line stellen? Stundenlang Warteschleifen dokumentieren? Ist das die Aufgabe der vierten Gewalt in der Demokratie?

Pausenlos Berichterstattung, sich im Kreise drehend – wie die Kontrahenten – und keinerlei Erkenntniszuwachs.

Bespiegeln sich auf der politischen Bühnen also alle nur noch selber?

Dieser Eiindruck scheint sich zu verfestigen – mit all seinen Folgen für das Urteil des Volkes über seine Vertreter: Unwürdig, kleinkariert, und kein bisschen mehr am Allgemeinwohl orientiert. Die Rechnung wird ganz sicher auf dem Fuße folgen: Das Parteien-Modell hat ausgedient.

Summa:

Nicht nur der Widespruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit im Fußball hat den Betrachter auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, nein, auch im politischen Spiel fühlt sich der Souverän verraten und verkauft.

Ende der Durchsage.

Nun bricht eine gute Zeit an.

Denn der Zeitgenosse muss sich nichts mehr vorbeten lassen, muss keine alten Muster bedienen, er kann sich endlich wieder auf sich und seinesgleichen beschränken, die Dinge selbst in die Hand nehmen, gesellig Probleme auf den Tisch des Hauses legen, gemeinsam darüber streiten – ohne die Parteien-Blasen-Filter-Sprache – um sich dann verbindlich die Hand zu geben: Es gilt, was wir vereinbart haben. Punkt.

Fangen wir an.

Wir arbeiten viel, wir haben viel erwirtschaftet, wir können viel teilen. Wir können es selber machen. Und Vielfalt der Stimmen kann nur dazu beitragen, die Zustimmung der meisten zu sichern.

Es geht los mit den Kindertagesstätten und endet mit den Pflegeheimen.

Die Politiker können derweil ja einen längeren Kurs in Achtsamkeit und Empathie belegen. Ist ja wohl sehr nötig.

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