18 Okt

Europa – Meditation # 114 Wendezeit – Wie schön!

Träge hängt das Denken in der Hängematte…

Und dümpelt vor sich hin. Euro oder EU, als wären es gottgegebene Selbstverständlichkeiten – obwohl sie doch gerade erst erfunden wurden, damit der Waren- und Geldfluss leichter vorankommen konnten. Das dabei beschworene Einheitsgefühl will sich aber einfach nicht so richtig einstellen. Woran das wohl liegen könnte?

Vielleicht will der Europäer ja gar nicht vereinheitlicht werden.

Vielleicht findet er ja gerade die Unterschiede besonders attraktiv.

Vielleicht sind die Verwandten aus der Distanz eher zu ertragen.

Wer weiß.

Zur Zeit ist viel von Volksparteien die Rede, die sich Europa als Kerngedanken ausgesucht haben. Aber die besten Tage der großen Parteien dürften wohl ein für allemal vorüber sein: Überall bröckelt es heftig vor sich hin und für einen Moment machen sich das völkische Bewegungen zunutze, als wenn sie den Staffelstab der Volksparteien übernehmen könnten. Dabei sind die Populisten doch nichts weiter als das Sammelbecken der enttäuschten Volksparteiwähler, das nur die Verneinung des bis dahin Gewählten eint.

Das Internet macht es endlich möglich: Verwandte Geister können sich ad hoc und eben nur vorübergehend finden, zusammen tun, wählen und dann wieder auseinander gehen – problembezogene Allianzen auf Zeit.

Wer bietet machbare Lösungen für eine gesunde Mobilität in den Städten und auf dem Land an?

Wer bietet realistische Lösungen für bezahlbaren Wohnraum, Kinder- und Alten- betreuung an?

Wer bietet praktikable Lösungen für das Einbeziehen der Fremden in die eigene Lebens- und Arbeitswelt an?

Das sind Themen, die die Europäer bewegen, im Netz werden sie frank und frei besprochen. Parteitage muten dagegen wie Dinosaurier an.

Das hat große Vorteile: Einmal wird der aufgeblähte Parteiapparat überflüssig, dann wird mehr Gegenwartsbezug sicher gestellt und zuletzt fühlt sich der Wähler auch wirklich als Demokrat ernst genommen – es herrscht das Volk und nicht mehr das unsichtbare Netz von Seilschaften der Parteibonzen samt verschworenem Anhang.

Da wird auch der Bildungsauftrag recht einfach: Der zukünftige Europäer sollte kenntnisreich und selbstbewusst im Netz und im Alltag unterwegs sein können.

Aber die großen Volksparteien liegen noch immer in der Hängematte und halten den Schwindel, der sie gerade in der Magengegend befällt, für vorübergehend – mögen sie weiter nur zetern, schimpfen und beschwören: Europa wird gut auch ohne sie auskommen. Nein, sogar besser. Denn ohne sie fühlt sich der europäische Zeitgenosse endlich wieder als das, was er ist: eigenverantwortlich für das, was in Europa dringend ansteht.

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