28 Sep

Europa – Meditation # 17

Europa – Meditation # 17                                                                                          28-09-15

Die strauchelnde Europa-Legende /erster Teil

Das Tun der Europäer steht unter strengem Verdacht in diesen Tagen: Nur um immer die Nummer eins in der Welt zu sein, hat man sich seit einiger Zeit (?) scheinbar (?) aufs Tarnen und Täuschen verlegt. Tante Obsoleszenz, die geplante, feiert eine Orgie nach der anderen. Es stinkt über die Maßen an allen Ecken und Kanten. Krisen nennt man das heute; seit Monaten, nein seit Jahren löst die eine die andere ab. Das Schöne daran schien jedoch bisher, dass diese Krisen immer bei den anderen stattfinden, nur Mitteleuropa war krisenresistent: so haben wir es uns – die Kanzlerin und die Bayern inbegriffen – gerne und nachhaltig eingeredet. Dabei sind es gar keine Krisen, es sind die Normallagen, die wir eben einfach Krisen nennen, als gäbe es demgegenüber gleichzeitig so etwas wie eine betrugsfreie nationale und internationale Zone.

Die Glaubwürdigkeit steht auf dem Prüfstand, nicht nur die Abgaswerte. Das ach so hoch geschätzte Zauberwort – schon immer auch beheimatet im innersten Zirkel deutscher Anspruchshaltung – die R E D L I C H K E I T , die Naturwissenschaft führt sie im Munde genauso wie die Morallehre. Nun kommt sie auch als Verpackungskordel von allem, was unter made in Germany firmiert, in den Focus, wie man so schön heute neuhochdeutsch parliert. Wie wäre es mit einem start-up von neuen Puzzlen für Kinder : Wer ist der schlauste Betrüger auf der Welt? Namen sind da zusammenzusetzen. Etwa: Flowtex oder Siemens oder General-Motors oder Takata oder Lehmann oder Mercedes oder Fifa oder Ecclestone oder Hoeneß oder von der Leyen oder Deutsche Bank oder Schneider oder Barschel oder Volkswagen oder Bayer oder wie hießen doch gleich die Schlaumeier in den USA, die ihren Mitarbeiten rieten, ihre Altersversorgung über die eigenen Firmenpapiere, deren Wert an der Börse stieg und stieg, zu sichern und die sich dann schnell aus dem Staube machten, als der Aktienkurs ins Bodenlose stürzte? Vorher hatten sie natürlich noch schnell ihre Anteile gewinnbringend verkauft. Jetzt wohnen diese Betrüger auf kleinen Inseln in der Karibik und genießen ihre Drinks, während die mittellosen Mitarbeiter betteln gehen in Chicago, Detroit oder Omaha. Wäre das nicht ein schönes Puzzle? Sicher käme man gut und gerne auf mehr als tausend Namen. In den Familien wäre für reichlich Unterhaltung gesorgt an so manchem Abend, an dem die Energieversorgung vielleicht zeitweise versagt… Da könnten die Kinder bei Kerzenlicht und beim Puzzlen eine Menge lernen über den globalisierten Betrug und die Zeit verginge ihnen wie im Fluge. Effekt:  Erziehung zur Redlichkeit. Denn auf den Rückseiten der jeweiligen Puzzle-Teile stünden die schlimmen Geschichten, die zu den jeweiligen Namen gehören. Learning by playing.

Aber wir bekommen noch eine zweite Chance, die wir wahrlich nicht verdient haben: Einmal sind es die Flüchtlinge aus so vielen fremden Ländern und zum anderen die Betrüger in der internationalen Autowelt, die uns unerbittlich zu den immer schon entscheidenden Fragen im Leben zwingen: Wer sind wir eigentlich, wo kommen wir her und wo wollen wir hin? Dem Unglück und dem fremden Glauben der Flüchtlinge, der fremden Sprache und den befremdlichen Werten dieser erschöpften und oft traumatisierten Menschen gegenüber sehen wir uns endlich genötigt, inne zu halten, uns selbst zu befragen: einmal – sind wir Europäer redlich ihnen gegenüber? Und was meinen wir damit? Und zum anderen – sind wir wirklich empört über die Unredlichkeit der Auto-Bosse oder betrügen wir da nicht lieber gleich mit? Oder noch einen Schritt weiter fragend: Zwingen uns das Wachstums-Mantra und der anerzogene Egoismus nicht per se dazu, Betrug zu unser aller Geschäftsgrundlage zu machen? Und wer sich dabei an die eingeschleiften Spielregeln hält, kommt ja mit seinem kleinen Betrug durch, Tag für Tag, wer als global player allerdings übertreibt, wird unbarmherzig zurückgepfiffen oder sieht gar die rote Karte. Angesichts dieser beiden Herausforderungen an unseren Geldbeutel wie an unser Gewissen wären wir doch wirklich unverbesserliche Dummköpfe, wenn wir Europäer – die selber Leidgeprüften zweier Weltkriege – nicht die Gunst der Stunde nutzten und einfach entschieden sagen: Genug ist genug. Betrug ist Betrug – wir haben jetzt die Freiheit, eigene Fehler offen einzugestehen und zurückzukehren zu dem einfachen, langsamen, redlichen und friedlichen Leben, was dieser Planet leicht aushalten könnte. Das Gegenteil alldessen allerdings nicht länger mehr! Die Spatzen pfeifen es doch vom Dach, überall gibt es schon kleine Gemeinschaften, die es bereits leben, dieses selbstgenügsame, redliche Leben. Da muss dann niemand mehr fliehen, da muss dann auch niemand mehr im großen Stile betrügen. Es ist genug, jetzt.

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