24 Nov

Europa – Die Kraft der Regionen (Meditation # 20)

Nur die eigene Region kann der Schlüssel zu einer eigenen Zukunft auf unserem Kontinent in Frieden und Freiheit sein! Die Fremden helfen uns dabei, uns endlich zu besinnen.

Also: Besinnen wir uns auf die eigene Herkunft, auf die eigene Sprache, auf die eigene Kultur und Geschichte als die vielen Verschiedenen, die wir sind auf diesem kleinen Kontinent – dann kann Europa in vielen Geschichten auftauchen, in vielen Sprachen erzählt und in vielen Varianten erinnert werden.

Der Druck, eine große Einheit – „wir Europäer“ – sein zu sollen (weil Menge und Größe scheinbar mehr Sicherheit garantieren – man versuche doch nur einmal, an einem einzigen Tag die Häufigkeit des Wortes Europa und alle seine Wortzusammensetzungen, Zeit- und Eigenschaftswörter bloß zu zählen! Inflationär, sinnentleerend!!), um den Unwägbarkeiten der Gegenwart stark begegnen zu können, erzeugt zwei Strömungen: Der eine Fluss ist der zum seichten Strom in dem alle strampeln und japsen und so viele untergehen; der andere Fluss ist der zu den eigenen Quellen, Sagen und Bildern, in dem wir uns beheimatet und erfrischt fühlen können und in dem wir genüsslich baden und uns aalen können.

Das Fremde, das uns im anderen und in uns selbst begegnet, können wir nur im vertrauten Erinnern des Eigenen ertragen.

Aber wer oder was ist denn das Eigene? So ist es gut, dem Fremden gegenüber zu stehen, seine Fremdheit anzuschauen und mit dem Selbst zu vergleichen, so wie wir in uns das Bekannte mit dem Befremdlichen vergleichen sollten. Und um Kurzschlüsse zu vermeiden, erst einmal vorsichtig darüber nachzudenken, es sacken zu lassen, mit den eigenen Leuten immer wieder zu besprechen, bevor wir urteilen – über uns genauso wie über das Fremde.

Und da Angst bei solchem Nachdenken eher zu Abseitigkeiten führen dürfte, sollten wir besser das Fremde – in uns wie uns gegenüber – zulassen, anschauen und neugierig als die Gelegenheit nehmen, endlich mal wieder unsausweichlich lang eingemottete Fragen und Antworten hervorzuholen, neu zu überprüfen und gerne weiter zu entwickeln, um auch das eigene Leben völlig neu zu erleben, gewissermaßen neu geboren zu werden…

Und da wir – ganz gleich nun, ob wir uns Afrikaner, Asiaten, Amerikaner oder Europäer nennen – alle endlich sind und auch unsere Antworten vorläufig und neu befragbar bleiben sollten, ist natürlich auch das Bild, das wir uns von uns und den Fremden gemacht haben, nicht nur endlich, sondern zu einfarbig, oft zu schwarz auf weißem Grund.

Und diesen Fluss zu den eigenen Quellen, den können wir nur überschauen, wenn wir in der eigenen Region bleiben, wenn wir zu schwimmen verstehen – das, um im Bild zu bleiben, doch nur bedeuten kann, vertraut zu sein mit dem Wasser, den Untiefen vor der eigenen Haustür, den Stromschnellen hinter der nächsten Biegung und dem Aussteigen aus den Fluten vor dem Wasserfall – wenn wir das eigene Wasser zu schätzen wissen, es gerne trinken, nutzen, betrachten und besingen. Das heißt natürlich nicht, dass es auch gut sein kann, weit ins Fremde zu reisen, um es vor Ort zu erleben und mit dem Eigenen zu vergleichen!

Aber diese Endlichkeit betrifft eben nicht nur die kleine Dauer unser Daseins in einem halbwegs überschaubaren Lebens- und Erfahrungsbereich, sondern diese Endlichkeit betrifft auch die Beschränktheit unseres Denkapparates, der alles, was ihm zu fern liegt und wofür er in seinen Archiven keine Entsprechungen oder zumindest Ähnlichkeiten zu finden vermag, an sich abtropfen lässt wie Wasser auf einer Fetthaut; oder wir zwingen ihn einfach, das Fremde nicht als fremd zu betrachten, es zu planieren, so dass wir darauf herumtrampeln können, als wäre es der eigene Acker. Das ist der Plan B : wir schaffen die sichtbaren Grenzen ab, etablieren den einheitlichen Zahlungsverkehr und behaupten kühn – jetzt sind wir  e i n e große Gemeinschaft, die die eigene Identifikation im Euro finden wird; der wird alle Unterschiede klein machen, wir können überall Geld abheben, wir können überall investieren, wir können uns überall Geld leihen. Unsere Währung beschwört ja schon im Namen das gemeinsame Erbe, raunt beschwörend die EZB.

Aber wie werden in England, in Spanien, in Irland, in Griechenland – um nur einige zu nennen – die jungen Leute von solchem Raunen überzeugt, wenn ihnen jeder Halt schon in der eigenen Umgebung fehlt, perspektivlos wie sie sind – ohne eigenes Verschulden?

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