19 Jan

Europa – Verraten und verkauft? (Meditation # 56)

Die Trompete tönt laut. Was können wir Europäer damit anfangen? Eine ganze Menge!

Lieb gewonnene Gewohnheiten gibt es nicht nur beim Tee Trinken oder Tennis Spielen. Nein, sie gibt es auch im politischen Spiel: Alle vier Jahre wählt man den einen oder die andere, um sie im Parlament die nächsten vier Jahre das repräsentative Spiel der Parteien spielen zu lassen. Jedes Jahr lässt man von irgendjemandem die Steuererklärung machen, immer wieder zahlt man brav seine Beiträge zur Krankenversicherung, schaut nach Schnäppchen für den günstigsten Flug in den Urlaub, nutzt jeden verkaufsoffenen Sonntag, die vollen Regale zuhause noch etwas voller werden zu lassen. Kanzler oder Kanzlerinnen können einem Misstrauensvotum anheimfallen, Bischöfe können mit Hilfe der Aufklärungsarbeit der Medien bei unlauterem Tun ordentlich Schiffbruch erleiden. Und jeden Abend schaut man sich die Tagesschau an, um wieder eine Übungsstunde im politischen und wirtschaftlichen Vokabular mitzumachen: Das Schengen-Abkommen erhalten, die Vorteile der EU nicht leichtfertig über Bord gehen zu lassen, dem russischen Bären weiterhin treu zu misstrauen, und die besten Freunde, die Amerikaner nicht zu vergraulen. Gebetsmühlenartig wiederholt sich diese nachhaltig wirkende Unterrichtsstunde im TV jahrein, jahraus – von der Wirkung der großen Buchstaben und Bilder billiger Blätter ganz zu schweigen. So ist im Zeitgenossen ein scheinbar stabiles Denkgebäude entstanden, in das er wie selbstverständlich und gut versichert ein und aus geht: Geld regiert die Welt.

Wenn nun aber einer daherkommt und lauthals viele dieser liebgewonnenen Einschätzungen einfach demontiert, als wären es Lügengeschichten, Pappkameraden, Phrasen; dann horcht man auf, fühlt sich verunsichert und möchte so schnell wie möglich wieder auf der richtigen Seite des Denkens und Argumentierens stehen.

Oder sollte man nicht besser die unvorhergesehene Gelegenheit nutzen und selber einfach neu nachdenken?

  1. Was wäre denn so schlimm daran, wenn sich die sogenannte „Nachkriegs-Ordnung“ als überlebt herausstellen sollte? Könnte das nicht den Blick frei machen in eine neue europäische Gesamtschau?

  2. Was wäre denn so schlimm daran, wenn die Nato ebenfalls ein Auslaufmodell wäre, das überdacht werden dürfte? Könnte das nicht zu einer neuen Sicht der Dinge führen – vielleicht sogar kostengünstiger und europäischer?

  3. Was wäre denn so schlimm daran, wenn die EU endlich als das beschrieben würde, was sie in den letzten Jahrzehnten war: Eine üble finanzielle Schieflage zugunsten der Nordstaaten?

  4. Was wäre denn so schlimm daran, wenn sich die selbstbewussten Europäer endlich für so erwachsen erklärten, dass sie auf völlig neuer Vertragsbasis – eng vernetzt – ihre gemeinsamen und unterschiedlichen Interessen neu und fair definierten?

  5. Was wäre denn so schlimm daran, wenn 2017 in Europa ein Jahr der neuen Optionen würde, in dem gerne dem „America strong again“ ein „Europe – strong and total new“ entgegengesetzt würde?

  6. Was wäre denn so schlimm daran, wenn sich der neue Präsident der USA als ungewollter Wegbereiter einer neuen Ära herausstellte, die nachhaltig und den Planeten schonend endlich das lostritt, was tatsächlich ansteht: Ein Ende des blindwütigen Konsumierens, der Armut, des Hungers und der Ausbeutung der Erde?

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