19 Jun

Europa – Meditation # 97 Heimat-Text Nr. 14

Jeder Begriff entsteht durch das Gleichsetzen des Nichtgleichen (Nietzsche)  – Fall-Beispiel Nr. 1

Schon immer beherrscht unsere Phantasie unser Denken, Sprechen und Schlussfolgern. Schon immer. Aber unsere Phantasie ist ein Tollhaus an Farben, Formen und Vergleichen. Dieses Chaos – das damit auch dem großen Chaos verwandt bleibt – gilt es zu bändigen.

Das schafft der Mensch mit Hilfe von Begriffen und deren Verknüpfungen. Schon immer. Wir nennen es dann wirkliche Wirklichkeiten, Wahrheiten, Sicherheiten für uns und die Welt. Wobei Welt schon so ein großer Begriff wäre, der brav etwas unterstellt, das so gar nicht existiert – außer in unserer Vorstellung: Die Welt als Wille und Vorstellung. Alle drei Begriffe dieses griffigen Slogans aus der Philosophie des 19. Jahrhunderts sind aber nur Versprechungen, die sie nicht halten können, weil sie immer etwas gleichsetzen, was dem eben nicht gleich ist; also eine mutwilliger Ineinssetzung, damit uns das Chaos scheinbar als durchschaubar, erklärbar, beherrschbar erscheint.

Angewandt – probehalber – auf die Gegenwart (was ist eigentlich Gegenwart?), die anhand von fünf Beispielpaaren beleuchtet werden soll, könnte das dann so aussehen: aus dem Repertoire der kleinen Giganten

1. Beispiel: die politische Bühne

(man beachte das praktische Bild, das die Wörter in unserer Phantasie dazu gleich herbeischleppen! GIGANTEN!) die ersten beiden kleinen Giganten nennen wir einmal Angela und Horst, einfach so. Die Medien, die ja wegen dem Trumpeltheater eigentlich bei einem anderen Stück zuschauen müsssten (da ist wohl gerade die Pause?), sind abgelenkt mit Ball-Spielereien im großen Russland und können deshalb nicht so genau hinschauen, was gerade der Horst und die Angela für ein Stückchen spielen. Aber en passent bestücken sie dennoch deren Spiel mit probatem Futter: Die Flüchtlinge liegen den beiden gnadenlos am Herzen, sagen sie, so an der Oberfläche der Wortspiele nicht zu übersehen. Doch subkutan – oder als Subtext – sollen dem Leser/Zuschauer natürlich ganz andere Bilder in der Phantasie entstehen. Bilder von Machtkampf, von Engstirnigkeit, von Mann-Frau-Gefecht im Gender-Krieg, von Buhlen um die Gunst der Wählerschaft (was für ein Berg an Begriffen, die alle wieder etwas gleichsetzen, was nicht gleich ist, aber so scheinen soll, damit wir halbwegs als homo sapiens (was für ein schönes Begriffswunschbild!) nicht die Übersicht verlieren. Übersicht? Was für ein Hochmut! Aber die Medien schwelgen weiter in diesem Begriffswald, als wäre es ein Forst, der nach den Mustern der Pflanzer genauso wächst, wie sie es wollen! (Fortsetzung in Kürze!)