04 Mai

Leseprobe: Neue Geschichten # 11 von Carlo, dem Hüter der Delfine

Zilla, die Zauberin, gesellt sich unverhofft zu unseren Freunden.

Die Premiere in Hafen von San Franzisco ist ein voller Erfolg. Im Radio, in den Zeitungen, im Fernsehen und im Internet, überall wird groß berichtet, dass ein Schwarm Delfine in der Bucht Kinder, aber auch die großen Leute, völlig begeistert habe. Und dass viele von ihnen mithelfen wollen, Plastik an den Stränden zu sammeln und selber streng darauf zu achten, keinen Plastikmüll mehr in die Flüsse und die Meere zu kippen.

Unsere Freunde sind völlig begeistert. Damit hatten sie nun wirklich nicht gerechnet. Carlo, der Hüter der Delfine, kann vor Glück gar keine Worte finden, um seinen Freunden, der kleinen Fee, Pellemelle und seinen Pelikanen, Delfíbur, Delfíba und Delfíbus und all den verwandten und bekannten Delfinen, die an der großen Show mit teilgenommen hatten, zu danken.

So schleicht er sich – er meint fast zu schweben – alleine zum Strand; über ihm schwebt die große, rote Golden Gate Bridge. Das Spiegelbild davon schwankt unten auf den kleinen Wellenbergen, wie ein Gebilde aus einer anderen Welt.

Wie soll es nun weitergehen? Nach der Show hatte ihn sogar ein Mann vom Film angesprochen:

„Was halten sie davon, wenn wir die Geschichte von Carlo, dem Hüter der Delfine, in einem Film erzählen?“

Carlo war nur sprachlos dagestanden. Ein Film? Über seine Freunde, die kleine Fee, Pellemelle und die Delfine? Und über den Sieg über Plästemäste?

„Was stehst du denn da so traurig am Wasser? Hast du Sorgen?“

Carlo dreht sich erschrocken um. Da steht ein junges Mädchen, lacht ihn an. Komisch, was hat die denn für Sachen an, geht es Carlo als erstes durch den Kopf. Aber diese Augen!

„Äh, was hast du gesagt?“ Carlo würde am liebsten im Erdboden verschwinden, weil er so etwas Blödes als Antwort abgegeben hatte.

Das Mädchen kommt näher und fängt laut und schön zu lachen an.

„Carlo, was ist denn los mit dir? Du bist doch sonst nicht so stumm wir ein Fisch, hast du Kummer?“

Carlo ist nun völlig verwirrt: Woher weiß dieses fremde Mädchen denn meinen Namen? Er atmet tief ein und fragt dann ganz mutig:

„Und du? Wer bist denn du überhaupt?“

„Na also, geht doch. Ich? Ich bin Zilla, die Zauberin von den Moosbergen. Wahrscheinlich kennst du mich nicht – oder?“

„Stimmt. Ich kenne dich nicht. Jetzt weiß ich aber zumindest schon einmal deinen Namen. Trotzdem…“

„Trotzdem was?“ Zilla schaut Carlo forschend an.

„Trotzdem kommst du mir bekannt vor, komisch, nicht?“

„Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Ich bin nämlich zwischen der Sonne und dem Vollmond, zwischen Stier und Skorpion zuhause.“

S e i t e 2

„Ich war hier ans Wasser gegangen um nachzudenken. Vielleicht kannst du mir ja helfen. Ich weiß nämlich gar nicht, wie es nun weiter gehen soll.“

„Gerne, gerne, ich helfe gerne.“

Da kommt von weitem die kleine Fee angerannt.

„Carlo, Carlo, wo steckst du denn? Wir suchen dich alle gerade!“

Ganz außer Atem kommt sie angeflitzt.

„Oh, und wer ist das?“

Carlo ist ganz verlegen, so grummelt er nur rum, rümpft die Nase, juckt sich am Arm, bekommt aber keinen vernünftigen Satz raus.

„Ich bin Zilla und du bist sicher die kleine Fee, stimmt‘s?“

Die kleine Fee staunt nur und nickt.

„Carlo hat mich gerade um Hilfe gebeten und ich habe natürlich gleich gesagt, dass ich ihm gerne helfen werde. Natürlich auch dir, kleine Fee, und den fünf Freunde von euch und Pellemelle und…“

„Moment, Moment! Woher kennst du uns denn überhaupt?“

„Ach, das erzähle ich euch ein andermal. Jetzt ist, glaube ich, wichtiger, dass ihr einen guten Plan macht, damit die Sache mit dem Plastikmüll auf der ganzen Welt endlich ein Ende findet. Oder?“

Carlo und die kleine Fee schauen sich nur stumm an und ziehen unsicher die Schultern hoch.

„Schon, schon“, kriegen sie wenigstens gesagt.

„Tja, dann gehen wir am besten zurück zu eurem Lagerplatz, damit wir gemeinsam beraten, was als nächstes zu tun ist.“

Und als sie dann im Lager ankommen, stehen schon ihre Freunde Timbress, Brane, Mucky, Largis und Kipper und natürlich Pellemelle erwartungsvoll da.

„Hei, ihr zwei, wen habt ihr denn da mitgebracht?“ fragt Brane lachend.

Aber Carlo und die kleine Fee wissen nicht so recht, wie sie das junge Mädchen vorstellen sollen.

„Am besten stellst du dich selber vor“, flüstert die kleine Fee Zilla ins Ohr.

„Hallo! Also ich bin Zilla, die Zauberin aus den Moosbergen, und ich würde euch gerne helfen, die Anti-Plastik-Weltreise nach dem erfolgreichen Beginn hier in San Francisco mit zu planen, zu organisieren und durchzuführen!“

Für einen langen Augenblick stehen unsere Freunde wortlos da, doch dann beginnen sie ein lautes Freudengeheul, bilden tanzend einen Kreis um Zilla, Carlo und die kleine Fee und lachen, singen, springen, tanzen:

„Plastik: weg damit, Schluss damit, wir wollen kein Plastik mehr im Meer, wir wollen schöne, saubere Meere, glückliche Delfine und kein Plastik drin, nein, nein, nein, kein Plastik mehr und kein Plästemäste mehr….!“

24 Jan

YRRLANTH – ROMAN – Leseprobe Blatt 88

                      Pippa und Pippin wolllen es wissen

Während der Bischof sich von seinen zwei Nymphen weiter verwöhnen lässt, treffen sich Pippa und Pippin völlig verfroren und durchnässt ganz in der Nähe am ehemaligen Eingang zum Amphitheater. Pippin will ihr heute alles gestehen, will sie aber auch besitzen. Wie soll er das nur anstellen? Als sie im Dunkeln nun wortlos voreinander stehen, möchte er sie gleich umarmen, sie küssen. Sie aber nimmt kurz entschlossen seinen Arm und läuft los, als könnte sie es gar nicht erwarten, seine Körperwärme endlich wieder zu spüren. Wo läuft sie denn hin, fragt sich Pippin enttäuscht.

Hey, wir müssen da den Gang lang, den kenn ich genau“, flüstert er ihr zu. Sie schüttelt nur den Kopf und läuft wild entschlossen weiter. Das verblüfft ihn noch mehr. Woher kennt sie dieses Gewirr von unterirdischen Gängen? Und warum grinst sie so? Was hat sie vor? Er hat sich doch für heute hier die Nische ausgesucht, wo sie sich lustvoll vergnügen können – ungestört und von den warmen Dämpfen des warmen Wassers verwöhnt. Er kann kaum Schritt halten, so forsch läuft sie durch die düsteren Gänge und Gewölbe. Manchmal sehen sie in der Ferne ein Licht flackern, hören von weit her ein Lachen, aber Pippa stürmt weiter. Dann bleibt sie abrupt stehen. Ihr Atem geht schnell. Mit einer Hand gibt sie Pippin zu verstehen, still zu sein. Jetzt wird ihm auch klar, was sich verändert hat: Ein starker Kräuterduft liegt in der Luft. Wo führt sie ihn denn nur hin? Langsam macht sie die nächsten Schritte, Pippin stolpert völlig verwirrt hinter ihr her. Wo wird das enden?

Da öffnet sich vor ihnen der niedrige Gang in einen kleinen Kuppelraum. Lichter, kleine Öllämpchen vielleicht, scheinen in Vertiefungen im Mauerwerk zu glimmen, irgendein Ton schwirrt durch den leeren Raum. Fledermäuse huschen oben im Gewölbe hin und her. Pippa verneigt sich leicht, aber vor wem? Pippin beugt sich vorsichtig vor, um an ihrer Schulter vorbei zu schauen. Dann sieht er sie auch. Schmutzige Strähnen hängen ihr ins Gesicht, der uralten Frau, die aus kleinen Augen ihnen entgegen starrt. Mit einem Finger der linken Hand winkt sie den beiden näher zu kommen. Irgendetwas scheint sie zu summen. Dabei wiegt sie sich mit ihrem Körper langsam vor und zurück.

Sie ist die Tochter eines Druiden, der schon lange vor ihr Hilfesuchende hier beraten hat“, sagt Pippa leise. „Sie ist sehr bekannt im Königreich und auch darüber hinaus. Wusstest du das nicht?“

Pippin schüttelt nur den Kopf. Was sollen sie denn bei so einer jetzt? Er wüsste die Zeit wirklich lustiger zu verbringen, als sich weise Sprüche anzuhören, denkt er trotzig. Das ganze gefällt ihm nicht. Er wollte bestimmen, was sie im Amphitheater machen. Jetzt soll er einer uralten Frau zuhören. Wut kocht in ihm hoch. Bilder vom Gemetzel im Mithras-Keller kommen ihm dazwischen, höhnisches Gelächter des Bischofs mischt sich darunter. Am liebsten würde er einfach nur davon laufen. Stattdessen geht er jetzt wie Pippa vor ihm in die Knie, verneigt sich sogar vor der Alten und staunt über das, was diese hässliche, fremde Alte nun zu ihnen spricht.

21 Jan

Fabel – # 6 aus Jonathanien (Leseprobe)

Fabeln aus dem wohlig warmen Urwald von Jonathanien # 6

Aus dem Blätterwirrwarr stürmt ein riesiges Nashorn. Wildepu und Thói sind ganz blass vor Angst und Schrecken. Im nächsten Augenblick wird dieser riesige Fleisch- und Panzerberg samt Horn auf sie los stürmen und ihr letztes Stündchen hat geschlagen.

Brururururu – kommt es aus seinem Maul, mit einem Vorderbein scharrt es im Urwaldboden. Dann fängt das Riesentier zu reden an:

Was guckt ihr so blöd? Habt ihr noch nie ein Nashorn gesehen?“

Sie schütteln beide den Kopf und denken, vielleicht wird es ja doch nicht so schlimm wie befürchtet.

Warum knurrst du denn so böse?“ fragt Wildepu vorsichtig.

Böse? Ich knurre böse? Soll ich mal böse knurren?“ dabei scharrt es noch lauter mit seinen Vorderhufen.

Nein, nein – wir dachten nur, dass du…“ „So, so, ihr dachtet nur. Da kann ich ja nur lachen. Außerdem habe ich überhaupt keine Zeit, mit euch hier rumzuquasseln. Ich suche diese Piratenbande, die haben nämlich…“

Wildepu und Thói können es gar nicht fassen. Sie wollen ja auch gerade zu der Piratenbande.

Ach so“, sagt Wildepu nun echt erleichtert. „Wir wollten auch gerade losgehen, die Piratenbande zu finden. Thói nickt eifrig hinterher. „Stimmt!“ fügt Thói noch schüchtern an.

Das Riesentier ist völlig verblüfft. „Echt? Ihr wollt auch da hin? Warum gehen wir dann nicht zusammen?“

Thói fasst all seinen Mut zusammen und fragt schließlich ganz freundlich:

Könntest du uns vielleicht auf deinem breiten Rücken mitnehmen?“

Klar. Wenn es weiter nichts ist, steigt nur auf. Wir sollten keine Zeit verlieren, wenn ihr mich fragt.“

Wildepu und Thói haben das Gefühl, dass sie gerade träumen. Eben erst glaubten sie, ihr letztes Stündchen habe geschlagen und jetzt bekommen sie sogar noch eine kostenlose Mitfahrgelegenheit. Da geht der Riese mit seinen beiden Vorderbeine auch schon in die Knie, damit Wildepu leichter aufsteigen kann. Vorsichtig hat sie sich Thoi, die Eidechse auf die rechte Schulter gesetzt und klettert furchtlos an dem grauen Riesen hoch. „Und wie heißt du denn eigentlich?“ fragt Thói leise.