25 Mrz

Frühlingserwachen oder ein Frühlingstraum – europaweit? Europa – Meditation # 88 Heimat-Text Nr. 7

Jetzt geht es ans Eingemachte aus Kindertagen! Oder?

Im letzten Heimat – Text ist die Rede von individueller Einsamkeit und existentieller Entwurzelung gewesen. Jetzt schrillen die Alarmglocken in noch viel schrägerer Tonart, denn: Der Zeitgenosse in Europa hält den Atem an: Ein Katalane, ein Europäer aus Spanien also, wird in Schleswig-Holstein, einem Bundesland der BRD, einem prominenten Mitglied der EU, verhaftet, weil er an Spanien auszuliefern sei. Er habe widerrechtlich die Lösung Kataloniens aus dem spanischen Nationalstaat betrieben. Die Gefühlswellen gehen hoch. Nur zu verständlich.

Denn: Was verstehen die Schleswig-Holsteiner denn schon von dem, was gerade die Katalanen umtreibt? Wenig. Und umgekehrt gilt das doch auch. Oder? Wenn jetzt jemand einwerfen sollte, aber hallo, das sind doch alles Europäer, dann können die Katalanen nicht einmal mehr grinsen, von Lachen ganz zu schweigen.

Und auf juristische Spitzfindigkeiten hat jetzt europaweit sicher keiner Bock .

Die Wortkaskaden in katalanischem Zorn klingen dem Norddeutschen da eher wie lauter Kotzbrocken, die einem ziemlich übel aufstoßen.

Jetzt wird am Tresen südlich der Pyrenäen heftig diskutiert. Am Tresen zwischen Nord- und Ostsee genauso. Und in Bayern auf bayrisch, in Sachsen auf sächsisch, im Rheinland auf rheinisch, in der Bretagne auf bretonisch und und und. Und der Ton dieser Suaden hier wie dort wärmt die Herzen der Sprecher über die Maßen. Jetzt zeigt sich, was mit Europa eigentlich gemeint ist: Eine zu Herzen gehende Sprachenvielfalt, die in den jeweiligen Regionen die Herzen überlaufen lässt, weil es so vertraute Töne aus Kindertagen sind, in denen nun alle intonieren. Laut, mit Inbrunst, heftig und so sicher im Gesagten, weil in so wohltuendem Ton. Und Solidarität schaffend. Einfach so.

Existentielle Entwurzelung scheint da gegen Null zu schrumpfen.

So wird diese unbedachte Verhaftung Gefühle wecken, die all diejenigen, die in Brüssel gelernt haben, sich in englischer Sprache zu treffen und zu verständigen, verstören muss. Damit haben sie beileibe nicht gerechnet.

Die gewählten Europa-Parlamentarier sollten allerdings schleunigst in ihre Regionen aufbrechen, um diesen auch ihnen altbekannten Ton in sich wieder wach zu rufen – hier bricht sich eine Musik Bahn, die direkt ins Herz geht, weil sie in Kindertagen gelernt und geliebt wurde. Das wird wie eine Sturm-und-Drang-Melodie die verloren geglaubte Nähe zu Landschaft und Kindheitserlebnissen wieder hervorzaubern – ein emotionaler Resonanzraum, in dem EU als Tonart gar nicht mehr vorkommt. Ein Wellenbrecher, auf dem sich genüsslich surfen lässt, weil er so lange schlecht geredet oder ausgetrieben wurde als rückwärtsgewandt, unmodern, undemokratisch…

Jetzt geht es ans Eingemachte aus Kindertagen! Oder? Unverhoffter Frühlingstraum?

Dabei entsteht da – ähnlich wie in der Jugendbewegung in der ehemaligen „Neuen Welt“ gerade – ein ganz neues unverbrauchtes und glaubwürdigeres Demokratieverständnis, in einer Sprache, die einem vertraut ist, der man deshalb auch glauben kann. Das tut so gut.

18 Jan

Europa – Es war nur Puderzucker, blendend weißer Puderzucker! Meditation # 26

Die gut bezahlten Beamten der Europäischen Kommission ziehen in diesen Tagen die ganz großen Register ihrer Orgel: Wenn nicht gespart wird, der Gürtel spürbar enger geschnürt wird und wenn einzelne Mitglieder im Club der ernüchterten Staaten Europas ihre Grenzen wieder schließen wollen, dann ist ganz große Gefahr im Verzuge. Auflösung, Krise, Staatsbankrotte, Arbeitslose noch und noch, Radikalisierung von den Rändern her und viel Schlimmes mehr! Das Ende des Euros gar!

So tönen sie in diesen Wochen und Tagen.

Angst sollen diese Szenarien hervorrufen, Angst!

Aber genau das Gegenteil beginnt sich zu bilden: Wie eine Renaissance, eine Wiedergeburt – Freude an der eigenen Sprache, der eigenen Kultur und Geschichte; ein stolzes Sich Besinnen auf die regionalen und nationalen Bindemittel dieser großen Gemeinschaften, die zwar vieles gemeinsam haben – nicht zuletzt die Erinnerung an zwei Weltkriege – die aber auch gerne vieles verschieden tun und denken.

Und die gut bezahlten Beamten der Europäischen Kommission?

Jahrelang hatten sie gebetsmühlenartig das hohe Loblied der Union gesungen; dass man näher rücken solle, dass nur die Einheit Europas im globalen Maßstab wettbewerbsfähig sein könne. Die Vereinigten Staaten von Europa! Und fangen wir doch einfach schon mal mit der einheitlichen Währung an, der Rest kommt dann wie von selbst. Sagte man, dachte man, hoffte man.

De facto wurde es allerdings nur eine Rutschpartie von Norden nach Süden: Vom Norden die Industrie-Produkte, die Technologien, die Kredite, vom Süden die Arbeitskräfte und Abnehmer auf langfristige Raten. Und reisen konnte man auf einmal ganz ohne Schikanen. Das kam richtig gut an.

Die Warner wurden fleißig weiter nieder gesungen durch das hohe Lied der zukünftigen Einheit des vielfältigen Europas.

Nun klingt dieses Lied eher schräg, die Warner fühlen sich bestätigt: Es war eben doch nur Puderzucker und darunter die unerbittliche Konkurrenz derjenigen, die den Markt zu dominieren wussten. So wuchs die Verschuldung. Griechenland ist das beste Beispiel für dieses zum Scheitern verurteilte Euro-Modell. Der IWF will erst einmal sehen, ob die Renteneinschnitte auch wirklich umgesetzt werden. Wie bitte? Und kein Wort über die Steuerflüchtlinge der Sonderklasse? Kein Katasteramt, das die großen Eigentümer endlich zur Kasse bittet?

Es ist nur allzu verständlich, dass die Länder um das Mare Nostrum herum sich wieder auf ihre eigenen Stärken, Traditionen und Besonderheiten besinnen. Die verschiedenen europäischen Währungen belebten die wirtschaftliche Dynamik in Europa, schufen Identifikation mit dem Eigenen. Stolz war man auf das Erreichte! Dahin wollen sie wieder. Der Euro soll zum Teufel gehen – es war von Anfang an eine Augenwischerei, um nicht zu sagen, eine Lügengeschichte; jetzt – im Angesicht der Flüchtlingsfrage – sollen die Zwänge erhöht, die Vereinheitlichungen vermehrt, die Lasten verteilt werden.

Die Botschaft der entzauberten Welt liefert keinen neuen Zauber mehr, auf dem großen Marktplatz Europa scheinen sich nur noch die Mega-Geld-Händler einig zu sein: Keine Grenzen, keine staatlichen Behinderungen, nur noch die Spielregeln der Börse – im Tempo der Algorithmen. Und Kontrolle? Also wirklich, das ist doch alles viel zu komplex, als dass Beamte dieses Spiel kontrollieren könnten. Das Spiel kontrolliert sich selbst. Da ist es wie im Leben: Es gibt Gewinner, aber auch Verlierer.

Wer will solchen Zynikern denn überhaupt noch zuhören?

Die europäischen Staaten haben wahrlich andere Sorgen.

Und überall besinnt man sich wieder auf die großen Fragen: Wo kommen wir her, wer sind wir und wohin gehen wir? Und dieses WIR buchstabiert sich beileibe nicht in dem einen Wort EUROPA. Gerade auch in der Gegenüberstellung mit den vielen Fremden, die plötzlich vor der Tür stehen, befragt sich dieses WIR selbst. Dieses WIR spricht sich aus in vielen verschiedenen Sprachen, Geschichten, Phantasien. Dieses WIR mag eins überhaupt nicht: gegängelt werden. Es will selber tanzen, schreiten, springen, wandern und entscheiden. Je nach dem und nach der eigenen Pfeife. WIR können doch trotzdem weiter gute Nachbarn sein, gute Geschäfte miteinander machen, Kulturaustausch jede Menge. gerne können wir unsere Geschichte miteinander vergleichen: Wo berühren wir uns, wo sind wir völlig anders? Aber bitte nicht weiter all die Euros in die große Tonne ohne Boden werfen. Danke, nein! Lieber essen WIR den eigenen Kuchen auch ohne Puderzucker!

17 Jan

Europa – Jetzt reicht es aber wirklich! Meditation # 25

Kann sich Europa endlich aus den eigenen ökonomischen Fesseln befreien?

Ja, Europa kann das! Denn es rumort ganz schön in diesen Tagen des neuen Jahres im Karton. Sie fühlen sich eingesperrt, die vielen europäischen Nationen, bevormundet, niedergedrückt. Von wem? Von wem, wenn nicht von den Derivate-Haien der internationalen Finanz-Pseudo-Aristokratie. Die schieben einfach ihre Spieleinsätze hin und her, hinter dem Rücken erlesener „Sachargumente“ des IWFs und der scheinbar alternativlosen Sparpolitik eines dominanten europäischen Exportlandes, lenken dabei geschickt von den eigenen Interessen ab und strangulieren fleißig die rechtschaffenen Bürger Portugals, Italiens, Spaniens und Griechenlands.

Und die Medien spielen brav mit, anstatt die Betroffenen aufzuklären, aufzuwecken und auf ihre eigenen Kräfte zu verweisen, schreiben sie sich die Finger wund mit Hilfe von zahllosen Artikeln zur Flüchtlingsfrage. So etwas nennt man in der Wissenschafts-Terminologie „Sozial-Imperialismus“: Die sozialen Probleme im Inland – hohe Jugendarbeitslosigkeit und überstürzte Abwanderung von ausgebildeten Fachkräften (Industrie, Gesundheitswesen) – werden klein geredet, umso lauter wird über die scheinbar drohende Überfremdung durch die maroden und kriegsversehrten Länder jenseits von Europa lamentiert; obwohl gerade das bereits ein Folge der unerbittlichen Globalisierungsstrategien der Industrie-Nationen ist – was natürlich lieber unter ferner liefen kommentiert wird als unter priority number one! Gleichzeitig wird mit dem Zerfall des Euro-Raums gedroht; als wenn das nicht gerade die Lösung des Problems wäre! Die Grenzen in Europa sind wichtige Linien zur Unterscheidung dessen, was eben besonders ist im jeweiligen europäischen Land! Sie trennen nicht, sie schließen nicht aus, nein, sie verdeutlichen nur das jeweils Besonderer der Verwandten.

Warum sollte man es nicht in aller Deutlichkeit sagen: Das Konzept des EURO war von Anfang an ein bloß marktwirtschaftliches Konstrukt, das gar nicht funktionieren konnte, weil die europäischen Nationen so unglaublich verschieden waren – und das nicht nur in ökonomischer Hinsicht! Die Vereinigten Staaten von Amerika eignen sich ganz und gar nicht als Vorbild. Eine Bank, eine Sprache, eine Grenze. Ein Markt mit einer Währung funktioniert nur, wenn er auch ein einheitliches Finanz-Recht hat; das aber hätte bedeutet, dass in den einzelnen europäischen Staaten zentrale Autonomie-Rechte hätten abgegeben werden müssen. Dazu waren die europäischen Nationen nie bereit. Zurecht. Schließlich berührt es die Grundfesten einer Volkswirtschaft. Jetzt, da die fetten Jahre vorüber sind, läuft es allen eiskalt den Rücken herunter, weil eine Bevormundung Hilfe säuselt. Da erwachen die Europäer aus ihrem Wohlstandsträumen und rufen das längst anstehenden „Halt!“ in die Arena.

Endlich besinnen sich europäischen Nationen wieder auf das, was sie ausmacht: Ihre eigene Kultur, Tradition, Geschichte und wirtschaftliche Besonderheit. Sie besinnen sich auf ihren Stolz ihrer Verschiedenheit. Was mit Hilfe von intransparenten Subventionen künstlich aufgeblasen wurde und zu katastrophalen Folgen vor allem in der Landwirtschaft führte, sollte schleunigst beendet werde. Die übernationalen „Töpfe“ auflösen und zurückschicken an die Einzahler! Wieviel Geld würde frei, wenn die Gehaltslisten und Pensionen der Europa-Bürokratie wegfielen! Gerade die Vielfalt der europäischen Nationen wird auf vielfältige Art und entsprechend den nationalen Möglichkeiten die Flüchtlinge zu integrieren versuchen oder ehrlich bekennen: Wir schaffen nur den Teil, den wir schaffen können! Das ist nicht rassistisch, noch fundamentalistisch, noch faschistisch, sondern ehrlich und tatsächlich machbar. Und dazu gäbe es auch eine mehrheitliche Solidarität, ganz sicher.

Überproduktion und Wachstum nur für die Zahlenspiele der Derivate-Priester-Psalmen ist und bleibt nur das, was es ist: Eine hysterische Bereicherungs-Spiel-Anordnung von eitlen Bubies, denen soziale Gerechtigkeit, Mitgefühl und Emanzipation der Benachteiligten nur übel aufstößt. Es sind so wenige, die da ihr Süppchen kochen, es sind so viele, die gerne mitarbeiten würden am Wachsen einer gerechteren Welt in Europa. Das würde dann auch anderen als Beispiel angeboten werden können – und nicht als Zwangsveranstaltung, die alle nationalen Unterschiede einplanieren will, nur um mit Hilfe von Algorithmen nationale Ökonomien zu plündern oder zu knebeln; in jedem Fall aber um sich gnadenlos und uferlos zu bereichern auf Kosten der vielen, sondern als selbstbewusste Solidar-Gemeinschaft unterschiedlichster Gesellschaften, die alle in einer langen und oft schmerzhaften Tradition Europas stehen, an die sie sich endlich wieder gerne erinnern.