08 Dez

Europa – Fortsetzung der alten Geschichte # 71

Alles hängt mit allem zusammen, murmeln gelassen die Winde.

Chandaraissa hat sich so verändert, findest du nicht auch?“ fragt Thymbolé in die wohltuende Mittagsstille hinein.  Entspannt liegen die vier jungen Priesterinnen in ihrer Mittagspause in ihrem Zimmer auf kühlenden Kissen und erholen sich von anstrengenden Tanzstunden heute vormittag. Europa und Chandaraissa hatten mit ihnen geübt und geübt und geübt.

Ja, das ist mir auch aufgefallen. Komisch, nicht?“ sinniert Lubsósa vor sich hin.

Wieso komisch? Das ist doch ganz einfach, wieso“, wirft kopfschüttelnd Ralitáwa dazwischen.

Jesibána kann nur staunen. Ihre Freundinnen können wie aus dem nichts ein kleines Streitgespräch vom Zaun brechen und sich hinterher wundern, wie das nur wieder passieren konnte.

Ach ja?“ antworte Thymbolé mit leicht erhobener Stimme. Sie will Lobsósa, ihre beste Freundin, in Schutz nehmen. Immer muss sie Streit suchen, Ralitáwa.

Und schon kommt ihre Antwort:

Was hat sich denn verändert? Mh? Unsere Hohepriesterin hat sich verliebt. Das ist doch sonnenklar – oder?“

Alle halten den Atem an. Wenn das jetzt Chandaraissa hören würde!

Und in wen?“ fragt Lubsósa in die Stille hinein.

In wen? In wen? In Europa, in wen denn sonst!“

Jetzt ist es noch stiller als vorher. Dann geht ein leises Gekicher los, das immer lauter wird, bis sie alle loslachen.

Im selben Moment geht die Türe auch, Sarsa ist es. Der Schreck, der den vieren in die Glieder gefahren war, wandelt sich gleich wieder in Gekicher um.

Was ist denn hier los?“ fragt Sarsa mit großen Augen und strahlendem Lächeln. „Hat jemand eine neue Geschichte über Sardonios erzählt?“

Jetzt müssen sie alle noch mehr lachen. Dabei reden sie laut durcheinander, klatschen sich in die Hände, fahren sich durchs offene Haar und ziehen Sarsa zu sich auf die Kissen hinunter. Eine wahre Kicher-Orgie ist im Gange.

Da stieben vor Schreck sogar die vorwitzigen Elstern oben am Dachrand des großen Tempels auseinander und davon.

Chandaraissa hört es auch, das Lachen der jungen Frauen. Es freut sie. Obwohl sie nicht weiß, dass eigentlich sie selbst der Anlass ist für dieses Lachgewitter. Und Europa, die gerade über ihre Träume der letzten Tage nachdenkt, lässt sich auch gerne aus ihren sorgenvollen Überlegungen herausreißen.

Wie hat sich doch ihr Leben geändert, seit sie dem Fremden in der Höhle davongelaufen ist!

Es muss wohl alles mit allem zusammenhängen, denkt sie jetzt zufrieden. Die Freude mit dem Leid, Werden und Vergehen und Neuanfang auch mit Erinnern, Vergessen und Tagträumen. Jederzeit bin ich aufgehoben im Schutz der Göttin, die mich stets begleitet – mit ihrem Lächeln, ihrer Wärme, ihrer Zuversicht und ihrer Liebe.

06 Dez

Europa – Meditation # 122

War da nicht was?

Und wieder nehmen uns die Medien gerne mit in den nächsten Bilderirrwald, wir kommen kaum nach mit Umblättern und Brille putzen.

Gestern:

Die drei Kandidaten wurden gepriesen als neue Repräsentanten gelebter, volksnaher Parteiendemokratie. Scheinbar roch es nach echter Erneuerung. Die Konsumenten der Mediendemokratie konnten endlich wieder genüsslich durchatmen: Wir erwachen gewissermaßen aus einem allzu langen Alptraum der ermüdenden Alternativlosigkeit, innen- wie außenpolitisch. Einfach wunderbar!

Heute:

Sorry – Fehlanzeige. Wir stecken doch immer noch im alten Anzug: Männer möchten Geschichte machen, Frauen sollen endlich aufhören zu meinen, sie könnten es viel besser. Alte Männerrechnungen werden jetzt beglichen, als blühte uns ein lustvolles Morgenrot. Schmierentheater. Ein gewisser Herr Schäuble aalt sich in der Mentoren-Rolle und der Altmaier hält mit Eleganz dagegen. Sturm im Wasserglas. Bitter, bitter.

Dass im Nachbarland gerade landunter herrscht, ist doch nur ein weiteres Indiz dafür, dass endlich Schluss sein muss mit Aussitzen, Abwarten, Austarieren bis zum Geht-Nicht-Mehr. Statt Inhalte weiter bloß Reportagen zu Seilschaften, Abstürzen, Aufstiegen – der Wasserstand im Rhein und in den Talsperren ist dagegen so etwas wie Peanuts. Wer sagte das doch einst mit den peanuts? Schwamm drüber. Auf zu neuen Machtrangeleien, die hohen Pensionen sind ja allemal gut gesichert – gepolstert mit gut platziertem Aktienpaket…

Was wir jetzt brauchen ist Entschlossenheit, Rückgrat, Anstand oder so ähnlich werden dann die Gewinner säuseln.

Morgen:

Wenn dann der auf jung machende Mann, der den Rentnern vorschlägt, parallel zur Rente in Aktien zu machen, endlich aufs Schild gehoben sein wird, was wird sich dann ändern?

Die Medien- und Parteiendemokratie wird sich genüsslich mit der Ohrfeige für die Kanzlerin beschäftigen, ein gewisser Herr Seehofer wird sich als Mediator anbieten und ein längst vergessener Maßen wird ein Bahn brechendes Buch über die Unterwanderung des Rechtsstaats schreiben lassen. Mit anderen Worten: „gute“ Unterhaltung ist weiter sichergestellt! Ablenkungsmanöver pur.

Und wieder waren es nur Worthülsen, leere Versprechungen, alte vergorene Weine in neuen Schläuchen, sonst nichts – nach dem Parteitag der Christdemokraten in Hamburg. Denn die Schere wird weiter auseianderklaffen zwischen denen im oberen Segment und denen im überquillenden Papierkorb unten. Der Zorn der gelben Westen sollte das doch wirklich deutlich werden lassen.

Und Europa?

Europa?

Stimmt. Nach Macron und Merkel ist vor – ja vor was denn? Auch da werden uns die Medien bald wieder einen unterhaltsamen Schlagabtausch vorführen. Diesmal vielleicht zwischen Varoufakis und Barley. Hä? Wer ist das denn?

02 Dez

Europa – Meditation # 121

Europa – small is beautyful

Afrika befahrende Safari-Freizeit-Rentner aus Europa wundern sich: Überall wird gebaut – Straßen, Brücken, Fabriken, Hochhäuser. Mit welchem Geld wird das bewegt?

Südamerika-Liebhaber aus Europa wundern sich, wenn sie die Route # 1 von Alaska nach Chile hinuntercruisen: Ein eindrucksvoller Maschinenpark, eine neue Seilbahn über Slums und Untiefen hinweg, nagelneue Fischerboote, um im Pazifik fündig zu werden. Mit welchen Krediten wird das angeschoben?

China- Reisende aus Europa kommen aus dem Staunen gar nicht mehr raus, wenn sie von ihrem Luxusschiff an Land gehen und Städtetouren dazu gebucht haben: Überall unglaubliche Schnellstraßentrassen und Express-Züge-Verbindungen, die große Entfernungen im Land der aufgehende Sonne angenehm schrumpfen lassen. Wie das?

Und zurück in Europa? Unzufriedene Bürger, marode Brücken, Schulen, Fernstraßen. Von ausfallenden Zügen ganz zu schweigen. Und drunter brodelt eine Wut gegen den für sicher ausgemachten Verusacher all dessen: Die Flüchtlinge. Eine sehr bequeme und eher peinliche Sicht der Dinge. Oder? 

Das alte Machtsystem baut sich neu auf in der Welt, aber ohne Europa. Die Engländer wittern die Ungunst der Stunde und wollen zu neuen Ufern aufbrechen.

Die EU hat all ihren Glanz verloren, verkommt mehr und mehr zu einem Selbstbedienungsladen von Subventionen. Nehmt, was ihr bekommen könnt und geizt, so sehr ihr könnt, mit Beiträgen in die sogenannte Gemeinschaftskasse!

Das könnte ein ganz besonders günstiger Augenblick in der Geschichte Europas werden: Endlich können sich die Europäer wieder auf sich selbst besinnen, müssen nicht mehr die Welt mit fragwürdigen Beglückungskonzepten belügen um Gewinne zu machen, um Einfluss auszubauen, um Macht auszuüben.

Die sozialen Verwerfungen in Europa sind einfach zu offensichtlich.

Es gilt, die Schönheiten der eigenen Landschaften und Möglichkeiten neu zu entdecken – jenseits von Großmannssucht und Ausbeutungsmustern.

Während sich Russland mit Amerika anlegt und China in Indien den Japanern die Aufträge wegschnappen kann, wäre es doch wunderbar, wenn ein ganz neues Konzept von Selbstversorgung, regionaler Verknüpfungen und künstlerischen Vernetzungen – europaweit – aus der Taufe gehoben würde. Die EU schrumpft sich dann – von den Europäern als Bürokratie-Monster durchschaut – zu einem losen Verbund überschaubarer Interessen zusammen. Die großen Player sollen sich den Mond oder den Mars als neue Spielwiese suchen, die Europäer sehen weder in der EU noch in den sogenannten Global Playern ein Vorbild, das nachahmenswert ist für solch einen kleinen Kontinent wie Europa. Unbeschwert von der heillosen Geschichte europäischer Großmächte besinnen sich die Europäer so wieder auf die wohlbedachten Erkenntnisse der Vorväter, statt skrupellosen Machttypen und politischen Anmaßungen Fremden gegenüber zu folgen.

Was für eine Chance, was für ein neues Zeitalter könnte da im Kleinen anbrechen und europaweit für Frieden, Freiheit, Wohlstand und Sinnfülle sorgen – samt der dringend notwendigen Besinnung auf die bescheidene Rolle im Weltall, die wir Menschlein eigentlich sowieso nur haben! SMALL IS BEAUTIFUL