Europa -Meditation # 132
Lügen-Messe – So ein Theater – dritter Gesang
Unser Gehirn hilft uns gnädig über die Runden: Wie soll man noch das Wahrhaftige vom Lügenhaften unterscheiden können? In diesen Tagen? Oder war das schon immer so und wir haben uns nur gerne etwas in die Tasche gelogen? Gerade die markanten Stellen in unserer sinnlichen Wahrnehmung – die „ewige Stadt Rom“ oder „Das weiße Haus“ oder der „Big Ben“, um nur drei geläufige Stellen zu nennen – zerbröseln schon beim bloßen Hingucken. Was ist nicht alles an Halbwahrheiten oder üblen Verfälschungen im Vorfeld des Referendums zum Brexit in die Welt gesetzt worden – mit was für peinlichen Folgen? Und was hat der „heilige Vater“ seinen Schäfchen nicht alles versprochen: Der böse Wolf soll unnachgiebig aus der Welt geschafft werden. Und was kam am letzten Sonntag – urbi et orbi – heraus: Rom ist am Ende mit seinem Latein (eine gelungene Head-line einer Zeitung!) oder hier noch einmal für unverbesserliche Lateiner:
Parturiúnt montés – nascétur ridiculús mús
Es kreißen die Berge – geboren wird eine lächerliche Maus
(Horaz – ars poetica)
Also nichts Neues unter der Sonne – und jede Epoche möchte von sich natürlich sagen können: Wir haben es ja umso vieles weiter gebracht als unsere Altvorderen! Da gerade Karnevalszeit ist, dürfen natürlich der Tusch und das Augen zwinkernde Ablachen nicht fehlen! Es ist ein ‚Witz!
Und was hatte ich nicht im zweiten Gesang über das Narren-Treffen in Hanoi gemutmaßt? Freundliche Lügen würden da hin und her gereicht werden. Was für ein understatement war das! Ich komme nicht umhin, noch einmal wörtlich (so man der Berichterstattung trauen kann) zu zitieren:
„Ich habe es viele Male gesagt, ich sage es der Presse, ich sage
es jedem der zuhören will: Ihr Land hat gewaltiges Potenzial,
unglaublich, unbegrenzt.“
Das sollte wohl wie ein erstes Kompliment klingen, wo doch jeder weiß, dass der Wolf nur Kreide frisst, um sein Opfer umso besser täuschen zu können. Die Sprache dieses rotblonden Narren (Till Eulenspiegel ist ein Hänfling dagegen) erinnert ganz schön auch an die Bibelsprache. Das schafft zusätzliche Pluspunkte beim verwirrten Publikum. Aber er wollte sich noch steigern, er legte noch einen drauf:
„Ich denke, sie werden eine großartige Zukunft haben.“
Großartig ist für diesen Narren sowieso fast alles, was er hat oder noch haben will. Dieses „großartig“ kann er in einem Satz spielend drei oder viermal wiederholen, ohne müde zu werden. Und seine Zuhörer?
Doch das dritte Kompliment machte dann wohl alle Berichterstatter und Zuhörer und Zuschauer gänzlich sprachlos – vor Begeisterung oder vor Abscheu:
„Sie sind ein großartiger Anführer!“
Was für eine Schmeichelei eines gnadenlosen Lügenboldes! Großartig!