Europa – Meditation # 242
Der Neinsager und der Jasager.
Treffen sich zwei unter freiem Himmel – mit Masken, versteht sich, dieser Tage – spielen weder Schach noch Boule, sondern gehen einfach am Wasser auf und ab und jedes mal, wenn sie auf gleicher Höhe sind, fällt ein Satz durch den Äther. Der andere denkt darüber nach und bei der nächsten Begegnung antwortet er dem Vorredner. Und so in einem fort.
R – (Rufer in der Wüste) Ist es nicht wunderbar, endlich einmal inne zu halten, aus dem Hamsterrad auszusteigen und festen Boden unter den Füßen zu haben?
Z – (Zeitgenosse) Nein. Dieser Stillstand nervt doch nur. Möglichst schnell wieder zurück in die Normalität, das muss die Devise sein!
R – Normalität? Wird nicht gerade jetzt klar, dass diese sogenannte Normalität alles andere war als normal?
Z – Was für eine Frage! Ich fühle mich zur Zeit wie in einer kalten und leeren Bahnhofshalle – hier fahren keine Züge ab, steht in großen Lettern auf der Anzeigentafel.
R – Genau. Hier nehmen wir uns nämlich etwas ganz Neues vor. Jenseits der ausgeleierten Glücksversprechungen von Werbespots.
Z – Nämlich?
R – Der unübersehbaren Verunsicherung nicht mit in sich logischen Textgebilden zu antworten, sondern mit einem neuen Weltverständnis sich und die anderen anzunehmen.
Z – Keinen Schimmer, was du meinen könntest.
R – Angst und Unsicherheit halten uns in Bewegung, sie sind unsere engsten Verwandten. Sie zu verleugnen, hat uns in diese Not gebracht, in der wir nun sind.
Z – Ach nein, wir sind also selber schuld, dass wir in diesem Lock-down hocken?
R – Ich denke schon. Und wenn wir zu den alten Mustern zurückkehren, planen wir lediglich die nächste Katastrophe.
Z – Sag mal. Hast du nicht den Schuss gehört? Im Sausewind haben wir einen Impfstoff erfunden, der den Spuk über kurz oder lang beenden wird.
R – Jetzt sei doch mal ehrlich: Hast du in deinem Kämmerlein – wo ja keiner mit bekommt, was du so treibst – nicht vor kurzem wie in einem schlimmen Katergefühl für einen Moment das still stehenden Theaterstück „Weiter, schneller, besser, mehr!“ als üblen Humbug empfunden?
Z – Kann ja sein, für einen Augenblick vielleicht, aber vorbei jetzt, klar.
R – Und was ist mit den Künsten? Fehlen sie dir denn gar nicht?
Z – Schon. Die tun mir wirklich leid.
R – Mitleid hilft überhaupt nicht. Im von der PANDEMIE platt gemachten Beethoven-Jahr ist seine Musik geradezu ein unverzichtbares Lebenselexier.
Z – Seine Sonate Nr. 13 zum Beispiel – echt ein Fest für die Sinne, echt.
R – Na bitte, darauf lässt sich doch aufbauen. (Fortsetzung folgt)