27 Feb

Europa – Meditation # 321

Krieg und Frieden und sonstige Flausen.

Wir haben uns getäuscht, wir haben uns täuschen lassen, wir wurden belogen. So oder so ähnlich äußern sich derzeit manche Meinungsmacher europaweit kleinlaut. Natürlich bleibt der schwarze Peter bei der Gegenseite. Es scheint, wir kommen über das schlichte Muster von richtig und falsch und schwarz und weiß nicht hinaus. Und zwischen diesen beiden „Größen“ hüpft dann die Angst hin und her. Denn die bestimmt unser Handeln maßgeblich. Gerne machen wir den „Gegner“ groß, um der Angst ordentlich Futter zu geben, und gerne machen wir unsere eigene Angst klein, damit wir beeindruckend stark aussehen.

So auch im aktuellen Geschehen, das unsere liebgewonnenen Denkschablonen über Nacht in Scherben gehen ließ: Niemand konnte uns daran hindern zu reisen, wohin wir wollten, niemand konnte uns hindern zu denken, was wir wollten, wir schienen frei und unabhängig – bis auf die kleine Hürde Geld. Aber daran arbeiteten wir Tag und Nacht. Fast hatte es etwas von Zauberei an sich, in wie kurzer Zeit – auch schon von ganz jungen Hüpfern – bereits große Geldberge mit Hilfe der Wolke erzeugt werden konnten. Alles schien möglich, selbst im Weltraum sind wir dabei, die Grenzen weiter und weiter ins schwarze Loch vor zu schieben.

Doch jetzt sollen wieder markante Grenzen gezogen werden: im Flugverkehr, im Geldverkehr. Was für eine ärgerliche Begrenzung unserer Freiheit!

Nun kommen zu den sowieso viel zu vielen Flüchtlingen aus dem Süden der Halbkugel weitere aus Kriegsgebieten hinzu: Nach Irakern, Afghanen, Somaliern, Jemeniten nun auch noch Ukrainer. Aber wir schaffen das, wir aufgeklärten Europäer. Denn das Funktionieren unserer heiklen Infrastruktur braucht – peinlich, peinlich – auch weiter viele Menschen, die für richtig wenig Geld Arbeiten verrichten, die unseren hohen Lebensstandard nachhaltig am Leben erhalten.

Die Zauberformel für unser auch weiter Angst gesteuertes Denken lautet ja: es muss schon eine Win-Win-Situation sein, wenn wir Veränderungen mitmachen.

Im Kleinen wie im Großen diktiert also die Angst – sei es vor der Pandemie, vor der nächsten Bankenkrise, sei es vor lokalen Kriegen oder globalen Klimakatastrophen, sei es vor dem Tod oder auch vor dem Erfolg des Konkurrenten – unserem Denken und danach unserem Handeln die Rahmenbedingungen, die dann wortreich – aber vor allem euphemistisch – eingekleidet werden in ansehnliche und immer auch bessere Varianten des einzig „Richtigen“. Bis der nächste größere Unfall uns wieder dazu zwingt, zuzugeben, dass wir uns mal wieder getäuscht haben, dass wir uns haben täuschen lassen, dass wir mal wieder belogen wurden.

22 Feb

Europa – Meditation # 320

Vokabular und Bilder von Gestern.

Als würde jemals jemand ohne eigene Interessen in der Politik aufschlagen! Das müsste dann schon ein Buddha sein – und das weisen alle interessierten Politiker natürlich weit von sich. Mit solch einem Image könnte man doch keine Wahlen gewinnen.

Also: natürlich verfolgen die Europäer eigene Interessen, natürlich auch die Russen, die Balten und die Amerikaner. Nur bei den Chinesen sind sich derzeit alle einig, dass sie ganz, ganz massive Interessen verfolgen. Im eigenen Land genauso wie in Afrika oder Europa und und und.

Die Medien laufen heiß: Schon werden Tabellen mit Rubriken für Landstreitkräfte, Seestreitkräfte, Raketen, Drohnen und Fußvolk einander gegenüber gestellt. Regierungsmitglieder dürfen sich mit ernster Miene äußern, sie dürfen warnen, mutmaßen, vergleichen, Hypothesen ausbreiten.

„Einflusssphären“, „Bündnisse“, „Hoheitsgewässer“ und andere hehre Begriffe werden in kunstvollen Sprachbildern miteinander verknüpft. Statt vom Dreibund oder Zweibund ist nun von Allianzen, der NATO und anderen multilateralen Verträgen die Rede. Und vor allem hat eine besonders herausgeputzte Galionsfigur Konjunktur: Die Lüge. A l l e beteuern unentwegt, dass sie die Wahrheit sagen – während hinter den jeweiligen Kulissen fleißig das Hauen und Stechen stattfindet.

Solange wir Europäer in diesem bescheidenen Schwarz-Weiß-Muster genüsslich baden: WIR SIND DIE GUTEN und DIE SIND DIE BÖSEN stricken wir nur weiter an dem Lügenmuster, dass wie ein träger Nebel über Europa liegt und unseren Blick für die wirklichen Interessen beider Seiten verstellt.

Und die Angst war schon oft ein schlechter Berater.

Dabei ist die Angst Triebfeder bei unseren Einschätzungen und unserem Aktionismus: Wir wollen uns doch nur schützen, deshalb müssen wir uns verteidigen. Und die andere Seite? Gibt es da nicht die gleiche Angst und die gleiche Leier?

Wir sind doch gar nicht so verschieden, wie wir gerade in diesen Tagen in den Medien gebetsmühlenartig dargestellt werden.

Wir – und damit meine ich eben nicht nur die Europäer – brauchen alle Kräfte, allen guten Willen und alle Ideen für die Rettung des blauen Planeten, der von uns allen bisher so unerbittlich massakriert wurde.

Wir könnten es schaffen.

Aber nur, wenn wir aufhören zu lamentieren: Was kann ich denn schon verändern – oder – warum fangen die denn nicht an – oder – ist doch sowieso zu spät – oder – man kann ja eh niemandem trauen…

Krieg jedenfalls ist keine Option, die dazu beiträgt, diesen Planeten zu retten. Auf keinen Fall. Warum ihn dann überhaupt erst führen wollen?