31 Dez

Autobiographisches – Leseprobe zum Anfang seines Lebens

D e z e m b e r 2022 / J a n u a r 2023

In der lebendigen Sanduhr lautlosem Fließen

– fast vorzeitig ertrunken

I

Halbhoher Holzzaun schnürt den Garten ein, zwei Kirschbäume kümmert

es wenig, dass im Sand zu ihren Füßen ein kleiner Wicht sich wichtig tut.

Sind wohl erste Übungen im Mienenspiel, die er da probiert, noch ungelenk.

Ein Zitteraal wäre dagegen sicher ein König im kleinen Schauspielhaus des

hageren Papiertigers, der sich selbst beim Gesang der wohlwollenden Amsel

nicht wohl zu fühlen wagt. Dass seine kleinen Füßchen Schutz im warmen

weichen Sand zu finden suchen, merkt er nicht einmal, der stumme

Träumer, er. Für nichts weiß er die Namen, für nichts ist ihm das

blendende Flimmern gut, wenn doch nur die Stunden schneller gingen!

So hockt er – wie ein Zwerg-Indianer – grummelnd da und tut so,

als wäre all das so einfach und ganz klar. Man muss ihm nichts erklären,

er hört sowie so nicht zu. Auch wenn auf der Straße nebenan manchmal

Kinder lachen, macht er weiter sein gespieltes, ernstes Gesicht. Die Angst

hält ihn bei Laune und Angst haben tun alle andern sicher nicht.

28 Dez

Europa – Meditation # 370

Bewegter Stillstand – europaweit erneut beschworen: nein, danke!

Nach dem Ersten Weltkrieg blühten aus der noch glimmenden Kriegsglut kühne Ideen -besonders in den Künsten. Überall schien über Nacht ein nie für möglich gehaltener Morgen denkbar, gestaltbar, sagbar, lebbar. Aber die meisten Europäer leckten währenddessen nur ihre Wunden, schmückten sich mit ihren Kränkungen und wollten möglichst in einem gewaltigen Wir Zuflucht finden, ein Wir, das schroff gegen das der anderen sich vor dem eigenen Spiegel eitel selbst gefiel; bis alles erneut in Scherben ging. Die Wunden – die alten wie die neuen – machten die meisten stumm; denn kaum jemand wollte etwas von Mitschuld hören.

So lag der größte Teil Europas in Schutt und Asche, junge Männer waren Mangelware, zwei große Brüder boten gar nicht selbstlos an zu „helfen“ – zwei Welten liefen gegen einander los – und eine „Zauberformel“ sorgte für eine Angst gesättigte Pause der Gewaltspiralen: O V E R K I L L ! Der homo sapiens vermeldete stolz: „Wir können uns gleich mehrfach gegenseitig auslöschen, wenn wir wollen!“

Wie absurd war das denn?

Dann kam die scheinbare Auflösung des Ost-West-Konflktes. Von einem Extrem torkelte man weltweit gleich ins nächste: ONE WORLD. Wow!

Doch inzwischen überschlagen sich die Wahrnehmungen einer friedlichen, bzw. einer gewalttätigen Welt. Und zum Jahreswechsel dürfen wieder Utopien aus der Mottenkiste des 20. Jh.s hervor gekramt werden:

Wir können zusammen die Klimakrise doch noch meistern. Jetzt! Wir müssen nur die Rüstungskosten um ein Vielfaches in die Höhe treiben, damit die Klimawende nicht durch mutwillige Kriege gestört und behindert werden kann.

Was ist das denn für ein rückwärts gewandtes Szenario der Zukunftsplanung?

Die Europäer könnten zu Pionieren einer friedlicheren Welt werden, wenn sie sie sich ihre Ressourcen und Rücklagen nicht am Rüstungstisch der Amerikaner verpulvern lassen. Fragen wir doch einfach die Europäer selbst, ob sie lieber das eine oder das andere mit befördern wollen! Nach der Pandemie, während des Krieges im Osten, und vor den Chancen für ein noch nie dagewesenes Entschleunigungsprogramm werden alle kreativen Kräfte Europas gebündelt genutzt, der Gesundheit des Planeten wie der Menschen d i e große Chance zu gewähren, die einzig und allein Erfolg versprechend sein kann. Volks-Parteien sind längst Schnee von gestern.

22 Dez

Europa – Meditation # 369

Globales Wetterfahnen-Wetter.

Die Feier anlässlich der Geburt des Sonnengottes Ende Dezember in der Antike, die zweitausend Jahre später in anderer Form und mit anderen Vorzeichen immer noch aus dem Karton geholt wird, kann Zeugnis dafür ablegen, wie flexibel das Erinnerungsvermögen mit sogenannten eigenen „Wahrheiten“ und „Glaubenssätzen“ umzugehen weiß. Isis mit Kind gesellt sich schnell auch noch dazu – von da zu Maria mit Kind und dem Weihnachtsfest Ende Dezember – neue Namen, alte Muster – ist es nur wie ein kurzes Augenzwinkern.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel plötzlich der Ost-West-Konflikt vom Himmel und mit der Muttermilch bekamen die neugeborenen Europäer ein Weltbild eingeprägt, das das Potential von unendlicher Dauer zu haben schien: Sauber konnten die Kleinen dann schon die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen füllen. Ganz einfach auch.

Dann brach es unvorhergesehen in sich zusammen und hatte seine Gültigkeit verloren. Da wehte auch schon der Wind aus neuer Richtung.

Plötzlich basteln die Denkfabriken an einem neuen Bild: es gibt nur e i n e Welt – unter Führung der von Gott eingesetzten Missionare aus Übersee. Äh, pardon, Fehlanzeige. Weil sich die Esel und Elefanten so schlecht vertragen, taugen sie nicht als Vorbild. Das war nur ein Probelauf – aber jetzt haben wir ein viel besseres Bild anzubieten (neuer Wind in alten Schläuchen sozusagen):

Wider die Fundamentalisten im Nahen Osten – die einen sind die bösen, die anderen die guten – bleiben die besten Freunde treu beieinander in der Spur. Immer geht es ihnen um das Humanum, um das Gute, um das Ausgleichende, um den Frieden. Die anderen haben für sich die Position der Gewalt, des Krieges, der Kompromisslosigkeit gewählt, drum sind es „unsere“ Feinde. Sie zwingen uns zum Aufrüsten, zur Selbstverteidigung, vielleicht sogar zum Präventiv-Schlag – und global gesehen teilt sich die Welt wieder in die ganz böse Macht im Osten und in die ganz gute Macht im Westen. Pardon, hatten wir das nicht schon einmal als peinlichen Irrläufer?

Könnte es nicht sogar so sein, dass die jeweilige Glaubenssätze – wie elegante Anzüge – je nach dem so lauten, wie sie voraussichtlicher Gewinnmaximierung am ehesten nützlich sein werden?

Und wäre es da nicht besser, statt wie in Angststarre nach der Wetterfahne zu schielen, das nächste Beste in Angriff zu nehmen: Bekämpfung von Hunger, Armut, Wassernot? Solidarisch?