Europa – Meditation Nr. 486

Das Klima im Wahlkampf.
Ganz schön missverständliche Überschrift – oder!? Die Medien lassen sich allzu leichtfertig vor die Karren der nach der Macht gierenden Parteien spannen. Denn die Themen, die sie tagaus tagein bedienen, sind iimmer dieselben: Migration, Migration, Migration, Abbau der Bürokratie, Ankurbeln der heimischen Industrien und treu im Bündnis einen langen Atem behalten. Vor lauter Vergleichen mit dem Ende der Weimarer Republik wird nur noch ein Angstszenario nach dem anderen beschworen, um die Wähler nachhaltig zu beeindrucken. Aber sonst?
1. Variante der Klima-Veränderung:
Das Klima im Wahlkampf ändert sich rapide: Nach den unvorhergesehenen Ereignissen im deutschen Bundestag in der letzten Woche ist die Aufregung im Parlament, aber zum Glück auch auf den Straßen enorm gewachsen. Inzwischen muss sogar die Frage erlaubt sein, ob das ganze Theater nicht der „Strauss-Effekt“ ist, nämlich mit bedrohlichen Krisenszenarien, die man selbst mit betreibt, den verunsicherten Wähler in die „richtige“ Richtung zu manövrieren. Das wäre zwar nichts weiter als eine weitere Verrohung der politischen Bühne, böte aber die Möglichkeit, die verbleibenden 40% Unentschlossener doch noch zu mobilisieren.
Dass die Schere nicht nur zwischen den wenigen sehr Reichen und den vielen Existenzbedrohten, sondern auch zwischen den immer länger lebenden Älteren und den immer weniger werdenden Jüngeren immer mehr auseinander geht, scheint eher wie ein Nebenschauplatz, obwohl er doch mitten ins Herz zielt: denn die erhofften dynamischen Wirtschaftsveränderungen im Feld des Digitalen bleiben weiter aus. Nur die großen amerikanischen und chinesischen Plattformen verdienen sich weiter eine platin-goldene Nase, sammeln weiter kostenlose Daten und investieren ihre Gewinne an der Börse. Nichts davon kommt der Gesellschaft zugute, nichts davon kann für das Gesundheitssystem, das Bildungssystem oder gar das Rentensystem genutzt werden.
Und dass all diese ächzenden Volkswirtschaften dringend neue, junge ausgebildete Arbeitskräfte brauchen, ist zwar unausweichlich, aber wie sollen sie denn jetzt so schnell aus dem Boden gestampft werden?
Da wäre eine ganz andere Migrations-Debatte nötig: Wie können wir unseren Standort attraktiv machen für kompetente Ankömmlinge oder wie können wir sie möglichst schnell attraktiv werden lassen – durch gut bezahlte und engagierte „Native-speaker“ zum Beispiel? Wir sollten so ehrlich sein und uns endlich vom Standpunkt des Samariters verabschieden und einsehen, dass diese Fremden die sein werden, die uns beim Aufrechterhalten lieb gewordener Wohlstandsstandards unbedingt von Nöten sind. D.h. auch da müsste das Klima wesentlich verbessert und nicht verteufelt werden!
2. Variante der Klima-Veränderung:
Während im Vordergrund auf der politischen Bühne ein ausrastendes Rumpelstilzchen einen Veitstanz nach dem anderen inszeniert, oder jemand sich hinstellt und steif behauptet: „Hier steh ich, ich kann nicht anders“ , um das dann als politische Geradlinigkeit und Stärke in der Krise aussehen zu lassen, schwelt im Hintergrund von all dem Theater-Lärm die eigentliche Klima-Krise weiter und weiter – mit Folgen, die wir mehr und mehr auch in unserem Alltag werden erdulden müssen. Dass aber gerade diese Krise zur Zeit kaum zentral zur Sprache kommt, fällt entlarvend auf die so Sprechenden zurück: Es sind hilflose Ablenkungsmanöver, die Migrationsfrage ohne die dazu gehörige Klima-Thematik zu skandalisieren. Wem es wirklich um das Wohl des Volkes geht, der darf doch keine Minute vergehen lassen, um gemeinsam mit allen, die guten Willens sind, Maßnahmen zur Eindämmung und zum Gegensteuern zu organisieren. Wie kann man denn im Jahre 2025 dieses
großes Thema so sträflich kleinreden oder gar fast völlig unterschlagen?
Hier als Einstimmung ins Thema ein Zitat von Friederike Otto (Professorin am Imperial College in London, Klimaforscherin)
„Der Klimawandel verstärkt die Ungleichheit: Die, die am wenigsten haben, sind die Ersten, die ihre Lebensgrundlage, die ihr Leben verlieren. Dabei würde es unglaublich viel sparen, wenn wir keine fossilen Brennstoffe mehr verbrennen. Enorme Kosten für unsere Gesundheit entstehen, weil wir in Monsterstädten wohnen, die nur für Autos gebaut sind. Wir müssen so nicht leben! Wir müssten aber unser Wertesystem ändern: Es geht nicht darum, wie hoch das Bruttoinlandsprodukt ist, sondern wie die Gewinne verteilt sind. In unseren westlichen Gesellschaften tun wir so, als würden politische Kompromisse geschlossen, die legitime Anliegen verschiedener Gruppen gegeneinander abwägen. Was aber tatsächlich abgewogen wird, sind finanzielle Interessen einiger weniger gegen die Menschenrechte eines Großteils der Weltbevölkerung.“