23 Aug

Europa – Meditation # 284

Europa sagt uns ungeschminkt die Wahrheit.

Was habt ihr Europäer doch für ein atemberaubendes Selbstbewusstsein! „Macht euch die Erde untertan!“ – das war das Motto der letzten zweitausend Jahre. Notfalls mit Gewalt, immer aber mit Köpfchen! Männerbündisch. Dabei benutzt ihr die Erzählungen des alten und neuen Testaments, das vor langer Zeit in Palästina von alten Männern aus Quellen des Zweistromlands zusammengeschrieben worden war, um mit Hilfe einer monotheistischen Herrschaftsreligion und einer reichen Institution, geleitet von Männern, die schon immer ein großes Problem mit Frauen hatten, alle Alternativen, die ihr beim Untertan-Machen antraft, als Kinderkram zu verbrennen und stattdessen kirchliche Statthalter einzusetzen, die die Herrschaft europäischer Krieger zu festigen hatten. Ebenso die Herrschaft über Frauen.

Ist euch eigentlich klar, dass all diese Bilder, Narrative und Gesetze aus dem Osten in den Westen importiert wurden und völlig dem kulturellen Erbe Europas wesensfremd waren?

Nein?

Wie auch.

Seit so lange schon beherrschen die Europäer und nach ihnen die ausgewanderten Europäer mit ihrem patriarchalischen Programm in Übersee als ihre „genialen Vollstrecker“ andere Kulturen. Die sogenannten Indianer und die Zwangsarbeiter aus Afrika können bis heute ein traurig Lied davon singen. Bis das Fass zum Überlaufen kam. Dann flog wie ein Bumerang das Leid, die Entfremdung und die Gewalt von überall her nach Europa zurück. Nun würdet ihr am liebsten hohe Zäune und Mauern errichten, um Europa abzuriegeln. Ein Flüchtlings-Tsunami scheint anzurollen. ( Straft jetzt – wie im alten Testament – der strenge Gott sein „Volk“ mit tausend Plagen, mit Feuer und Schwert? )

Aber nicht nur das. Habt ihr nicht mit eurem gewalttätigem Weltbild eure eigenen sozialen Beziehungen untereinander nach und nach demontiert und geglaubt, an deren Stelle materiellen Belohnung installieren zu können, in dem jeder immer mehr und immer mehr Wohlstand haben sollte? Jede Wohnung vollgestopft mit Sachen, Werten, Dingen? Und habt ihr nicht mit diesem materiellen Reichtum eine soziale Armut heraufbeschworen, die nun alle niederdrückt? Denn der Ersatz – die flimmernde Figurenwelt der digitalen 1/0 – Formate – erweist sich als üble Leer-Droge: Jeder braucht jederzeit und überall immer mehr davon, bis selbst der Schlaf zum Feind wird. Einsamer Wolf, heulend jede Nacht.

Und habt ihr dabei nicht gänzlich vergessen, dass die Menschen schon immer eine radikal soziale Natur haben, die durch nichts zu ersetzen ist?

Und fürchtet ihr Europäer euch inzwischen nicht mehr vor der Einsamkeit als vor dem Tod, könnt und dürft es aber nicht zugeben?

Und müssen wirklich erst solch schlimmen Erschütterungen – wie Brände, Fluten, Hitzewellen – den Planeten beuteln, damit auch dem letzten klugen Kopf im stolzen Europa klar wird, dass wir alle auf alle angewiesen sind und das Horten von Dingen nur in mörderischen Sackgassen endet?

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