Europa – Meditation # 191
Europa – Alter Mythos vs Neuer Mythos – Teil II
Nur weil wir Europäer nun schon so lange die alte Geschichte Europas erzählen, muss sie doch nicht weiter so in die Zukunft wiederholt werden. Unsere Phantasie liebt Grenzen nicht. Sie will stets aufbrechen zu neuen Ufern.
Könnte es sein, dass zufällig – wegen einer unvorhergesehenen Pause im globalen Arbeitsrhythmus – jetzt der richtige Zeitpunkt eingetroffen ist, tatsächlich erst denkend, dann handelnd zu neuen Ufern aufzubrechen?
Bei einer Überfahrt ist man ja nie allein. Nicht nur fahren andere auch in die gleiche Richtung, nein, auch die alten Bilder und Gedankenlabyrinthe sind dabei, kommen mit. Nur gelten am neuen Ufer nicht mehr ihre Wahrheiten. Sie haben einfach ausgedient. Im Altersheim können wir sie gerne noch oft besuchen und dann gemeinsam schmunzeln, was man doch nicht alles für dummes Zeug für wahr gehalten hat.
Schauen wir aber jetzt auf die Akteure in der Not, dann sind im Berufsfeld wie im Heim die Frauen und Mädchen die entscheidenden Macher. Sie waren es zwar auch schon davor, aber da konnten die Männer mit ihrem Kraft-Mythos noch so tun, als seien sie der einzig zentrale Motor in der Gesellschaft. Frauen durften gerne das Modell kopieren, nicht aber in Frage stellen. Klar.
Zum bisherigen Zauberkasten – gebetsmühlenartig wurden die Zauberformel wiederholt: Wachstum, Wachstum, Wachstum, Konkurrenz, Konsum, Konsum, Konsum, mehr, schneller, öfter, jetzt auch global inszeniert und sehr wenige sehr reich machend – kamen zuletzt das Bild von der schwarzen Null, Null-Zinsen und gezinkte Wetten auf fallende Kurse hinzu. Alles Konzepte, die das Bestehende zu stabilisieren hatten, die Reichtum weiter eindrucksvoll explodieren lassen und die Nörgler mundtot machen sollten.
Und plötzlich ist die schwarze Null vom Tisch, ist das Wachstum eingefroren, sind Schulden zinslos der neue Renner, sind Börsenstürze und -aufschwünge Nebenschauplätze, keine Dividenden keine Todsünde mehr und jetzt – ganz anders als sonst, als jedesmal, wenn Greta sich auf wissenschaftliche Daten berief und nur ein mitleidiges Lächeln über die Gesichter der Männer huschte – sind plötzlich die wissenschaftlichen Daten, Tabellen, Statistiken und Hochrechnungen so was von en vogue, als wäre es bloß eine neue Lesart der Zehn Gebote, dass all zu leicht vergessen wird, dass neue Daten, neue Annahmen wieder zu neuen Ergebnissen führen werden, die unser Handeln lenken.
Ein neues Zeitalter, in dem die Unterdrückung welcher Gruppe auch immer ein gesellschaftliches Tabu sein wird, in dem Frauen endlich für ihre grundlegende Arbeit in der Familie genauso wie in ihren Berufen neben den Männern gleichwertig entlohnt werden, und in dem Missgunst, Häme zu hässlichen Auslaufmodellen schrumpfen, und Empathie alle trägt und hebt.