Europa – Meditation # 214
Europa – Bilder und deren Schatten.
Wie gerne wir Europäer doch unsere Verwicklungen vergessen, wenn es ungemütlich werden könnte!
Wer erinnert sich denn noch an den Korea-Krieg?
Damals waren die Medien in der BRD, dem einen der beiden Rest-Staaten Deutschlands, im Zitter-Modus. Schließlich war damals, also 1950, der große, neue Freund aus Übersee in einen „unseligen Krieg“ im Fernen Osten verwickelt. Titel-Seiten waberten in „neuer Weltkriegsgefahr“, der gerade beginnende Wiederbelebungsprozess in den ehemaligen Westzonen (Trizonesien!) hatte ja gerade erst zaghaft begonnen. Man wollte jetzt unbedingt alles richtig machen, dem ehemaligen Feind ein verlässlicher Freund sein – gerade in unsicheren Zeiten. China war Verbündeter der USA im Krieg gegen Japan gewesen, jetzt war es der Klassenfeind, genau wie es Russland gewesen war, der große Verbündete im Krieg gegen den Faschismus, damals. Jetzt, seitdem der sogenannte Eiserne Vorhang herunter gefallen war (was für ein einprägsames Bild hatte Churchill da für Jahrzehnte der westlichen Welt geschenkt!) Und dass die Japaner, die in China (Harbin) ein Lager für Experimente mit Giften unterhalten hatten, dem viele chinesische und koreanische Zivilisten als Versuchskaninchen zum Opfer fielen – von den sowjetischen, amerikanischen und britischen Kriegsgefangenen ganz zu schweigen – ihre Versuchsergebnisse an die Amerikaner einfach so und ungestraft weiter geben durften, war natürlich keine Thema für die Medien in Europa: Amerika war ja der Erlöser und Mister Saubermann sowieso! Und wir heutigen Europäer haben es längst vergessen, wenn es je Thema am Rande gewesen sein sollte.
Der Antikommunismus ist nach wie vor ein Dauerbrenner – in Wahlkämpfen in Großbritannien genauso wie in den USA: Das Feindbild, das da gepflegt wird, wirkt weiter Wunder. Die Angst lässt den Wähler dann das Kreuz unbedingt an der richtigen Stelle machen. So gewann Cameron in England seine zweite Wahl, so gewinnt Trump zur Zeit wieder Wählerstimmen. Und wir Europäer schütteln zwar befremdet mit unseren Köpfen, doch bleiben auch hier die alten Bilder wirkmächtig. Denn jede Kapitalismus-Kritik kann so werbewirksam unter den Tisch gekehrt und lächerlich gemacht werden: Die ewig Gestrigen haben eben einfach immer noch nicht den Schuss gehört!
So können die großen Sieger weiter den Planeten nach Gutsherrenart ausbeuten, jeder Kritiker daran gerät sofort in Verdacht, verfehlte Gesellschaftsmodelle zu favorisieren. Und das Gedächtnis, das gerne bereit scheint, Problemfelder auszublenden und zu vergessen, hilft uns Europäern gnädig dabei, die eigentlich anstehenden politischen und ökonomischen Korrekturen geflissentlich zu übersehen.
Derweil werden die Schatten der „Gewinner-Konzepte“ länger und länger.
Aber wer möchte schon gerne schlechte Nachrichten durchdenken?