25 Jan

Europa – Meditation # 249

Der Januskopf der westlichen Welt.

Längst sind wir Europäer es gewohnt, empört über Korruption, Steuerhinterziehung und Betrug im großen Stil unsere Hände in Unschuld zu waschen, angeekelt den Familientrampel totzuschweigen, jetzt, wo er und seine Verwandtschaft in Miami auf ihren Landgütern schmollen müssen und noch gar nicht wissen, wie sie Rache nehmen sollen.

Aus den Augen, aus dem Sinn – als wären die letzten vier Jahre nicht ein wichtiges Lern- und Anschauungsmaterial gewesen, wie die andere Seite des Januskopfes unserer liebgewonnenen Wirklichkeit aussieht.

Wird jetzt kein Fracking mehr veranstaltet,

stoppt die Rüstungsindustrie ihr profitables Programm,

werfen wir üble Finanzprodukte in die Tonne,

verabschieden sich die großen landwirtschaftlichen Player vom Flächenbrand in den tropischen Wäldern, werden die Social-media -Macher etwa zur Kasse gebeten oder gar kontrolliert?

Nein.

Erst als das Getwittere zu weit ging, blockierte man den Kunden. Und sicher nicht wegen der Themen, sondern weil man befürchtete, dass andere Kunden sonst zur Konkurrenz laufen könnten. Eine private Firma übernimmt also den Schutz der Öffentlichkeit vor Falschmeldungen nach Gutsherrenart! Wo ist da die solidarische Haltung aller Nutzer gegen solche Anmaßung?

Neureiche kollaborieren gerne mit den kleinen Leuten und wollen sich gar nicht erst mit akademischem Lametta schmücken. Das gefällt dem Mann auf der Straße ungemein. Und die kleinen Leute lassen sich gerne von denen kaufen als Stimmvieh, als Claqueure, als Abnehmer ihrer billig produzierten Produkte in Übersee.

Altreiche – an der Ost- wie an der Westküste Amerikas zum Beispiel – wenden sich natürlich pikiert ab: Wie kann man nur mit solch schlechten Manieren in die Öffentlichkeit treten? Das macht Kamala doch viel besser. Und Joe sowieso.

Dass aber über 70 Millionen dieses Upper-class-Theater schon vordem satt hatten (Hilary und Obama mit seinen abgehobenen Rhetorik-Übungen gingen denen doch so was am sonst wo vorbei: Die haben doch keine Ahnung, was unsere Probleme sind, die in ihren Kamera-überwachten Ghettos!), wird jetzt höflich klein geredet, damit wieder die Verbindlichkeit Einzug halten kann: Hüllen wir doch alles in wohlgesetzte Rede, schicken wir junge schwarze Frauen vor, die in pathetischem Ton wohlriechende Nebelkerzen werfen dürfen – wie bei der Vereidigung – und betonen wir einfach in Dauerschleife, dass dem neuen Mann und der neuen Frau an der Spitze nur das Allgemeinwohl und nichts als das Gemeinwohl am Herzen liege.

Was für eine Erleichterung europaweit: Endlich wieder „Normallage“, und dass besonders die Armen und deren Kinder global die Verlierer der Pandemie sind, ist wirklich tragisch, wirklich. Die Kinder in unseren breiten können wir ja endlich digital still stellen – in der Freizeit wie in der Schule. Was soll da eigentlich gelernt werden?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert