Europa – Meditation # 265
Zum Beispiel Palästina –
ein Land mit einer langen, langen und sehr wechselhaften Geschichte. Verkürzt auf den sogenannten Nah-Ost-Konflikt wird daraus ein Katz-und Mausspiel, das am Fernseher kopfschüttelnd visuell zur Netzhaut gelangt. Im Kopf aber haben schon längst die bekannten Verdächtigen dafür gesorgt, dass wir Europäer emotional gerne auf Seiten der Palästinenser stehen möchten, rational aber das Machtspiel gerne in vertrauten Gewässern von Disput und Kompromiss ausgetragen sehen wollen – wie Betrachter vor der Glaswand einer Unterwasserwelt, die fremd und faszinierend zugleich zum Glück eben durch eine Glaswand genügend weit weg vom eigenen Leben vor sich hin dümpelt und darwint: der Stärkere setzt sich „eben“ letztendlich doch immer durch…
Kommentatorinnen und Kenner der Szene werden dabei nicht müde, beide Seiten auf ihre Interessen, Widersprüche und Komparsen abzuklopfen, damit wir hier im pandemie-belästigten Europa eben aus gehöriger Distanz und ausgewogen zu einem kritischen Urteil kommen, dem wir gerne folgen möchten.
Vor lauter Bilder und Texten stehen bald schon Kopfschmerzen ins Haus: Können die bitte mal Schluss machen mit ihrem Hass und Machtanspruch? Alte Wunden brechen wieder auf – sie waren nie verheilt. So oder so ähnlich moderieren behutsam sprechende Betrachter von außen – am Abend vor einem lang ersehnten Feiertag (mit unchristlichem Namen „Vatertag“ getauft, mit katholischem Hintergrund schon länger als „Christi Himmelfahrt“ gebucht – und weg ist er!) – ins Off; als wäre das Abschießen von Raketen ein Computerspiel, dem man – wie damals beim Krieg gegen den Irak – aus seinem bequemen Sessel halbwegs aufmerksam zuschaut. Und am nächsten Abend dann endlich mal wieder ein hoffentlich spannendes Fußballspiel. So rieseln die Bilder in alt vertrauter Weise auf die Europäer nieder.
Aber was steckt dahinter?
Die Sender starren auf die Quoten.
Die Menschen warten auf die Rückkehr ihrer Spielräume.
Und Politiker auf ihre Chance.
Eine davon schien zuletzt zu zerrinnen. Ein Mann, der schon durch viele Krisen gestürmt ist wie durch Konfetti-Regen, weil er am Ende immer als Gewinner dastand, stand nun plötzlich vor der Tür, hinter der andere eine Koalition aushandeln wollten – ohne ihn!
Nein, das darf einfach nicht sein! Hat der wohl gedacht, und da kamen die Spannungen, Konflikte und Steine auf dem Tempelberg nur recht. Warum nicht die Ordnungsorgane etwas härter vorgehen lassen, warum nicht auf Eskalation setzen? Dann wird man ihn schon wieder holen. Bestimmt!
Ist das ein abwegiges Szenario?
Die Aufmerksamkeit der Menschen auf äußere Feinde zu lenken, war schon immer ein taugliches Mittel, um im Innern als Retter aufs Schild gehoben zu werden!
Wie naiv ( oder besser gesagt: borniert) sind wir Europäer eigentlich noch?