Europa – Meditation # 333
Der Begriff der Moderne – bloßes Blendwerk.
Was für ein strahlender Begriff! Moderne!
These: Wie auf einem steil nach oben weisenden Vektor jubelten sich die Erdlinge in eine euphorische Fortschrittsideologie, deren Atemlosigkeit und Blindheit wahrlich ohnegleichen war. Und sie hält unvermindert an.
Nach einer Phase der eitlen und selbstsicheren Selbstbespiegelung – der sogenannte friedlichen globalen Vernetzung und „Einen-Welt-Gewissheit“ – folgt nun ohne jeden Übergang – wie Phönix aus der Asche – das schrille Kriegsgeschrei:Verteidigen wir endlich streitbar unsere hehren Werte, jetzt!
Dabei vernebelte von Anfang an der Begriff der Moderne den beginnenden Absturz in eine auf materielle Verfügbarkeit setzende Arbeitswut. Die zunehmende Versklavung der Species – das brutale Zeitalter der Kolonialisten – brachte Sieger wie Besiegte in eine sich immer schneller drehende Spirale von materiellen Zwängen, die auch vor der Ausbeutung der Natur nicht halt machen wollte und konnte. Dabei wurden alle Veränderungen als zukunftsweisende Zuwächse an Verfügbarkeit der Welt verkauft. Und in der endlosen Wiederholungsschleife solcher Jubel-Gesänge wird längst dieses Hauen und Stechen als Friedenszeit verkauft, weil die zu beklagenden Opfer als solche nicht mehr erkenn- und erklärbar scheinen (höchstens als Kollateralschäden unterwegs zum Zenit der Menschheitsgeschichte): Die Demontage der Innensichten der zahllosen Protagonisten und der äußeren Natur gehen inzwischen Hand in Hand als Peak der Moderne.
Demzufolge ist die Wende von der sogenannten friedlichen Epoche zur neuen Epoche kriegerischen Gebarens nur wieder die andere Seite derselben Medaille: Die Moderne schillert eben – und blendet so – mal so und mal so, sie ist als solche aber einfach unschlagbar, denken die Erdlinge und berauschen sich wie Süchtige am eigenen Denkmodell Moderne. Alternativlos. Schon so oft das Totschlagargument der jeweils maßgeblichen Akteure und Aktionäre.
Dass auf den Monitoren zwei Jahre lang die Pandemie-Tabellen das Sagen hatten und wir konsterniert das Auf und Ab auf unserer Couch ertragen mussten – von den nachhaltigen, psychischen Schäden wollen wir hier gar nicht erst reden – , ist nun endlich ersetzt worden durch Karten, auf denen bunt gekennzeichnete Aufmarsch- und Einschlag-Szenarien in aller Ruhe vom Betrachter bewertet werden können, fast so wie der Wetterbericht.
Die Einsamkeit und Ängste der Menschen allerdings wabern unterdessen weiter wie unverdaute Rohkost und führen zu Blähungen, Krämpfen und Schmerzen, vor denen sie nicht weglaufen können.