19 Jan.

Europa – Meditation Nr. 482

Die Stunde der Wahrheit für Europa.

Wenn das Rumpelstilzchen (ein mutwilliges Diminutiv für ein monströses Machtmännchen, dem Instrumente demokratischer Institutionen recht wohlfeil sind für narzisstische Eskapaden) morgen grinsend und schadenfroh die Insignien der Macht in Händen halten wird, schlägt für Europa unerbittlich die Stunde der Wahrheit:

Seit dem Kriegseintritt der USA im Dezember 1941 lief die amerikanische Rüstungsindustrie heiß. Es war gleichzeitig die Umstellung von Friedens- auf Kriegsproduktion, die nach Kriegsende mühsam wieder zurückgedreht werden musste. Das aber gelang über die Maßen erfolgreich nicht nur durch den Marshallplan von 1947, sondern auch durch die wachsenden Exporte im darniederliegenden Europa. Gekoppelt waren diese ökonomischen Prioritäten mit ideologischen und sprachlichen Überformungen: nicht nur wurden in „Trizonesien“ die auf Länderebene vorgelegten Verfassungsentwürfe schmallippig kassiert, auch der traditionellen Sparsamkeit der Mitteleuropäer musste endlich Beine gemacht werden – schön flankiert von Mustern der Werbebranche, die schon der clevere Propagandaminister in den 30er Jahren gerne importiert hatte, um sein Parteiblättchen und die Partei selbst tsunami-gleich nach vorne zu katapultieren.

Nun begann auch für die Westzonen-Deutsche das Nachsitzen vor dem Fernseher – möglichst die gesamte Familie vor familientauglichen Formaten: So lag seitdem in der zur Gewohnheit werdenden Wiederholung das Erfolgsrezept des „american way of life“: Konsumiere stets mehr als du eigentlich brauchst („gönn’ dir doch mal was!“), statt blühender Landschaften krakenhaft wachsende Autobahnarme, statt Pflege der eigenen Traditionen und Geschichten beflissenes und kotau-gleiches Andienen von fast blinder Gefolgschaft – die sogenannte Nibelungentreue lässt grüßen – wie mit der Abrissbirne konnten so die amerikanischen Prioritäten ein Börsenfest nach dem anderen feiern, während hierzulande die nachwachsenden Generationen zunehmend den Anschluss an Geflogenheiten der Großeltern und Eltern verlieren: Musik, Mode, Lebensmittel, Freizeitaktivitäten und Vorbilder holen sie sich stattdessen aus Filmen und TV-Serien Hollywoods. Man wechselt die Lieblingsband wie den coolsten drink schneller als die Unterwäsche. Die „Ansagen“ aus Übersee sind inzwischen ein MUSS, was sich in den social media unausweichlich verdichtet: Wenn du da nicht präsent bist, bist die so was von weg vom Fenster, so schnell kannst du gar nicht gucken…

Wachstum war und ist die Droge, die das System am Laufen hält – auf Teufel komm raus. Und der wird morgen verkleidet als Rumpelstilzchen seinen Tanz aufführen. Die Europäer hätten spätestens (!) nach dem knallharten Bericht des CLUB OF ROME von 1972 sich von dieser Dollar-Maschine abnabeln müssen. Doch die akademischen Kreise – ähnlich denen an der Ost- und Westküste in den USA – bespiegelten sich lieber selbst in feinsinnigen Kritiken dieses Berichts, statt sich auf eigene Stärken der Diversität zu besinnen und im Gegensteuern neue Produkte und bedarfsdeckende Strukturen im Denken und Tun zu installieren.

Nun kommt morgen – am 20.Januar 2025 – die Stunde der Wahrheit: der ehemaliger Helfer in der Not entpuppt sich als reißender Wolf, der gnadenlos ein Opfer nach dem anderen sich einverleiben wird. Nun – mit dem Rücken zur Wand – müssen die Europäer sich besinnen und den Wolf Wolf sein lassen und sich endlich emanzipieren. Die acht Jahrzehnte amerikanischer Bevormundung werden nun sichtbar als das, was sie immer waren: eine Bereicherungsmmaschine sondergleichen – verkleidet als Glitzer-Glamour- und Konsumselbstbedienungsladen, der herz- und bodenlos dem Götzen Mamon dient. Die sogenannte „Schere“ zwischen Arm und Reich – dort wie hier – führt es anschaulich vor Augen. Da ist kein Zusammengehörigkeitsgefühl mehr, kein Traditionsbewusstsein, kein Mitgefühl – früher selbstverständliche Eckdaten europäischer Völker.

Es muss wohl zu dieser Stunde der Wahrheit kommen, bis die Bereitschaft zur Einsicht in die eigene Selbstbetrugsgeschichte Europas zugelassen werden kann, aus der nur eine europäische Unabhängigkeit in seiner ganzen opulenten Vielfalt heraus helfen kann. Endlich! Danke dir, Rumpelstilzchen, danke!

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