10 Feb.

Europa – Meditation Nr. 486

Das Klima im Wahlkampf.

Ganz schön missverständliche Überschrift – oder!? Die Medien lassen sich allzu leichtfertig vor die Karren der nach der Macht gierenden Parteien spannen. Denn die Themen, die sie tagaus tagein bedienen, sind iimmer dieselben: Migration, Migration, Migration, Abbau der Bürokratie, Ankurbeln der heimischen Industrien und treu im Bündnis einen langen Atem behalten. Vor lauter Vergleichen mit dem Ende der Weimarer Republik wird nur noch ein Angstszenario nach dem anderen beschworen, um die Wähler nachhaltig zu beeindrucken. Aber sonst?

1. Variante der Klima-Veränderung:

Das Klima im Wahlkampf ändert sich rapide: Nach den unvorhergesehenen Ereignissen im deutschen Bundestag in der letzten Woche ist die Aufregung im Parlament, aber zum Glück auch auf den Straßen enorm gewachsen. Inzwischen muss sogar die Frage erlaubt sein, ob das ganze Theater nicht der „Strauss-Effekt“ ist, nämlich mit bedrohlichen Krisenszenarien, die man selbst mit betreibt, den verunsicherten Wähler in die „richtige“ Richtung zu manövrieren. Das wäre zwar nichts weiter als eine weitere Verrohung der politischen Bühne, böte aber die Möglichkeit, die verbleibenden 40% Unentschlossener doch noch zu mobilisieren.

Dass die Schere nicht nur zwischen den wenigen sehr Reichen und den vielen Existenzbedrohten, sondern auch zwischen den immer länger lebenden Älteren und den immer weniger werdenden Jüngeren immer mehr auseinander geht, scheint eher wie ein Nebenschauplatz, obwohl er doch mitten ins Herz zielt: denn die erhofften dynamischen Wirtschaftsveränderungen im Feld des Digitalen bleiben weiter aus. Nur die großen amerikanischen und chinesischen Plattformen verdienen sich weiter eine platin-goldene Nase, sammeln weiter kostenlose Daten und investieren ihre Gewinne an der Börse. Nichts davon kommt der Gesellschaft zugute, nichts davon kann für das Gesundheitssystem, das Bildungssystem oder gar das Rentensystem genutzt werden.

Und dass all diese ächzenden Volkswirtschaften dringend neue, junge ausgebildete Arbeitskräfte brauchen, ist zwar unausweichlich, aber wie sollen sie denn jetzt so schnell aus dem Boden gestampft werden?

Da wäre eine ganz andere Migrations-Debatte nötig: Wie können wir unseren Standort attraktiv machen für kompetente Ankömmlinge oder wie können wir sie möglichst schnell attraktiv werden lassen – durch gut bezahlte und engagierte „Native-speaker“ zum Beispiel? Wir sollten so ehrlich sein und uns endlich vom Standpunkt des Samariters verabschieden und einsehen, dass diese Fremden die sein werden, die uns beim Aufrechterhalten lieb gewordener Wohlstandsstandards unbedingt von Nöten sind. D.h. auch da müsste das Klima wesentlich verbessert und nicht verteufelt werden!

2. Variante der Klima-Veränderung:

Während im Vordergrund auf der politischen Bühne ein ausrastendes Rumpelstilzchen einen Veitstanz nach dem anderen inszeniert, oder jemand sich hinstellt und steif behauptet: „Hier steh ich, ich kann nicht anders“ , um das dann als politische Geradlinigkeit und Stärke in der Krise aussehen zu lassen, schwelt im Hintergrund von all dem Theater-Lärm die eigentliche Klima-Krise weiter und weiter – mit Folgen, die wir mehr und mehr auch in unserem Alltag werden erdulden müssen. Dass aber gerade diese Krise zur Zeit kaum zentral zur Sprache kommt, fällt entlarvend auf die so Sprechenden zurück: Es sind hilflose Ablenkungsmanöver, die Migrationsfrage ohne die dazu gehörige Klima-Thematik zu skandalisieren. Wem es wirklich um das Wohl des Volkes geht, der darf doch keine Minute vergehen lassen, um gemeinsam mit allen, die guten Willens sind, Maßnahmen zur Eindämmung und zum Gegensteuern zu organisieren. Wie kann man denn im Jahre 2025 dieses

großes Thema so sträflich kleinreden oder gar fast völlig unterschlagen?

Hier als Einstimmung ins Thema ein Zitat von Friederike Otto (Professorin am Imperial College in London, Klimaforscherin)

„Der Klimawandel verstärkt die Ungleichheit: Die, die am wenigsten haben, sind die Ersten, die ihre Lebensgrundlage, die ihr Leben verlieren. Dabei würde es unglaublich viel sparen, wenn wir keine fossilen Brennstoffe mehr verbrennen. Enorme Kosten für unsere Gesundheit entstehen, weil wir in Monsterstädten wohnen, die nur für Autos gebaut sind. Wir müssen so nicht leben! Wir müssten aber unser Wertesystem ändern: Es geht nicht darum, wie hoch das Bruttoinlandsprodukt ist, sondern wie die Gewinne verteilt sind. In unseren westlichen Gesellschaften tun wir so, als würden politische Kompromisse geschlossen, die legitime Anliegen verschiedener Gruppen gegeneinander abwägen. Was aber tatsächlich abgewogen wird, sind finanzielle Interessen einiger weniger gegen die Menschenrechte eines Großteils der Weltbevölkerung.“

06 Feb.

Europa – Meditation Nr. 485

Den Zocker mit seinem eigenen Spiel schlagen!

Medial gesehen ist es zwar eine gute Show, wenn jeden Tag für neue Überraschungen noch und noch gesorgt wird – – von denen die meisten allerdings schon am nächsten Tag wieder in der Versenkungen verschwinden – aber in der analogen Welt zählen eben nur Zahlen, die etwas bringen. Und da muss halt jeden Tag ein neuer Deal auf den Tisch des Hauses geknallt werden.

Übrigens – schon vergessen? – sein einziges Mantra lautet:

mit Geld kann man alles bekommen, was man will. Man muss nur wollen und dann einfach machen, Schlag auf Schlaf. Der beste Bluff ist immer noch: gleich der nächste, damit der Gegner gar nicht erst die Chance hat, sich über den alten zu beschweren oder ihn gar als Bluff zu entlarven.

Und weil Geld und eben deals damit sind Mantra ist, behandelt das goldfarbene Rumpelstilzchen auch internationale Verträge oder völkerrechtliche Verpflichtungen und Rechte wie Spielregeln beim Pokern: macht kann sich dran halten oder – wenn man schlau ist – auch nicht. Tarnen und Täuschen hat schon immer zum Erfolg verholfen. Man muss sich eben zu trauen. Und der Erfolg gibt einem ja auch recht!

Dann schau ich mir an, was die Filetstücke beim nächsten Deal sind und schon biete ich. Biete mehr, blöffe und schon bin ich der Gewinner. Ich bin einfach schneller.

Natürlich ist der kalte Zynismus dieses Zockers schwer zu ertragen. Aber er ist von Wählern mit einer Mehrheit in diese Rolle gewählt worden. Jetzt muss man eben für vier Jahre mit den Folgen leben. Und wenn man nur halbwegs so klug sein will, wie er es gerade täglich vorlebt – eine hektische Ein-Mann-Show – dann hilft nicht nur die transparente Solidarität der Betrogenen in seinen Luftblasen-Deals, die nicht bereit sind, dieses Spiel/Deal zu akzeptieren. Vordergründig und mittelfristig muss man ihm wohl auf seinem Niveau kontern – also auch blöffen und Deals anbieten – wohl wissend, dass es Eintagsfliegen sein werden – langfristig aber bedarf es eines langen Atems, gebührender Gelassenheit und ihm scheinbar Narrenfreiheit gönnen, damit er in seinem narzisstischen Rausch Fehler über Fehler macht, die ihn dann selbst zu Fall bringen werden.

Devise: Schadensbegrenzung, so viel wie möglich, unterhalb der sogenannten Deal-Schwelle am Bestehenden festhalten, abwarten und gute Miene zum bösen Spiel machen, bis sich der große Player selbst aus dem Spiel nimmt, weil er schließlich übertreibt und die Kontrolle über die eigene Deal-Strategie verliert.

Aber sich auch nur einen weiteren Tag über seine Spontan-Welt-Rettungs-Konzepte aufzuregen, ist absolute verschwendete Energie, die viel nötiger für die Schadensbegrenzung sein wird.Übrigens: der goldfarbene Trumpel hat überhaupt keine Visionen: er spielt nur damit wie mit den Chips beim Roulette: „Heute setzt ich auf Rot, morgen auf schwarz und dann alles auf eine Karte!“ Gewinnen werde ich sowie so:

Gaza à la Riviera“

Grönland our next state

Canada heim ins Deal-Land

Panama for the winner. And the winner is…

Europa to hell

I win any war anyway and any game at all

Stimmung, Kamelle, de Prinz kütt!

28 Jan.

Europa – Meditation Nr. 484

Selbstbetrugssaltos im Labyrinth der Sprache.

Am Beispiel der Erinnerung an den Krieg der Nato in Afghanistan.

Ein Lehrstück aus dem Alltag einer repräsentativen Demokratie: Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan: Treu an der Seite des schlimm getroffenen Verbündeten wollte man nicht nur Solidarität zeigen, sondern natürlich auch Kompetenz.

1. Das Parlament billigte in großer emphatischer Debatte den Einsatz. Menschen und Material wurde verschifft und per Luftfracht befördert. Ein großes Unternehmen, das nach innen Stolz und Stärke signalisieren sollte.

2. Ein langer Atem musste immer wieder eingefordert werden. Denn der Feind war ein heimtückischer und widerborstiger, wenn auch technologisch und strategisch weit unterlegen.

3. Wir, die medial jeweils auf dem neuesten Stand kommentierenden kritischen Begleiter des teuren Einsatzes, hatten bald die ersten Toten zu beklagen. Bald kamen auch schon die ersten traumatisierten Soldaten zurück. Aber man wollte keine Schwäche zeigen, man wollte das große Unternehmen nicht in Frage stellen. Schließlich sollte die „Truppe“ aus der Heimat nur positive Stimmen zu hören bekommen. Die Kritik wurde ins Feuilleton verlagert, bei den blasierten Akademikern, die sowieso keine Ahnung vom Alltag vor Ort hätten.

4. Mehr als zwanzig Jahre später legt nun die „Enquete-Kommission“ – bestehend aus zweiundzwanzig Parlamentariern – ihren Bericht vor, in dem die Erfolglosigkeit des Afghanistan-Projekts offen gelegt wird, die in der sensationellen Schlussfolgerung gipfelt: „In Zukunft solle man sich vor Einsatz-Entscheidung ein realistisches politisch-militärisches Lagebild machen und ein realistisches Konfliktverständnis zugrunde legen“. Ein wirklich beeindruckendes Fazit hat da die sicher sehr kompetente „Enquete-Kommission“ vorgelegt. Lange Sitzungen, heftige Debatten, umstrittene Zwischenpapiere und heiße Abstimmungen bilden den selbstverständlichen Hintergrund dieser markanten Expertise.

In einem Zeitungsartikel vom Tage (GA) heißt es dann lapidar: „Im Grunde wurde der Einsatz schon von Anfang an falsch konzipiert.“ Hört, hört!

Dabei ist das Fazit nichts weiter als eine peinliche Banalität, für die man nun wirklich nicht die „man- and-women-power“ wochenlanger Ausschuss-Sitzungen benötigt hätte. Denn dass man vor dem Start eines so schwergewichtigen Unterfangens wie dem Auslandseinsatz der BW sich ein angemessenes Bild von der Lage machen sollte, ist doch solch eine Selbstverständlichkeit, dass man sich als Steuer zahlender Mitbürger fragen muss: An wen haben wir da eigentlich unser Vertrauen delegiert?

Und wieder wird deutlich, wie sehr wir uns mit Hilfe von beeindruckenden Sprachpyramiden mutwillig die eigene Sicht verstellen, verbale potemkinsche Dörfer aufpoppen lassen – home-made, versteht sich – über die wir uns dann hinterher fürchterlich aufregen. Wie ein piepender Hamster im seinem laut quietschenden Laufrad. Much ado about nothing, könnte man in Anlehnung an William Shakespeare sagen. Wenn es nicht so traurig wäre: 66 Tote sind zu beklagen, sie können sich nicht mehr wehren gegen diese Wörterpappkameraden.

„Enquete-Kommission-realistisches politisch-militärisches Lagebild-zwölfköpfiges-Gremium-mehr-als zwanzig-Jahre…“

Haben wir uns denn eigentlich auch ein realistisches politisch-militärisches Lagebild von der Ukraine gemacht?