22 Nov.

Europa – Meditation # 426

DER KRÄNKUNGSBUMERANG IM ANFLUG

Den Argumenten von Albrecht von Lucke von diesem Mittwoch in der SZ (S. 9) „Verbieten bringt nichts“ ist in vollem Umfang zuzustimmen. Nur reichen seine Thesen nicht weit genug.

Denn ein Verbot der AfD wäre nicht nur ein „Offenbarungseid“, sondern auch ein unangemessenes Mittel gegen einen Prozess, der viel tiefer geht: Denn die „Ignoranz vor den Boten“ der kränkenden Botschaften macht die Medien und damit die Öffentlichkeit nur blind für die dahinter durch schimmernde Botschaft:

Die Kränkungen, die nach 1989 im Sausewind und großer Beistandsgeste im Namen der Treuhand (was für ein pharisäischer Ausdruck für unnachsichtige Vernichtung von Arbeitsplätzen und Chancenzuweisung an aalglatte Karrieregeier!)vollzogen wurden, wirken seitdem weiter und weiter – subkutan sozusagen – und kommen nun als Bumerang und anwachsender Bocksgesang an die ehemaligen Kränkungsexperten zurück.

Das sogenannte „Parteienestablishment“ spricht sich selbstverständlich von jeder Lobby-Arbeit frei: es gehe ihr nur um das „Wohl der Volkes“. Das aber ist nicht nur in den neuen Bundesländern reinster Hohn für die damals freigestellten Menschen (vom Erdrutsch in den Familien von damals ganz zu schweigen) , sondern inzwischen auch für viele in den alten Bundesländern.

Auch deren Verdrossenheit wird nach wie vor klein geredet als überzogen oder verfehlt, obwohl die abnehmenden Parteimitgliedschaften in Sachen repräsentative Demokratie doch eine klare Sprache sprechen.

„…ein Verbot der AfD … wäre… speziell im Osten auch Ausdruck des Scheiterns der vor bald 35 Jahren dorthin übertragenen, aber noch immer nicht recht angekommenen Volksparteien-Demokratie“.

Ganz schön verschwurbelt dieses „noch immer nicht recht angekommen“ zu sein.

Die Pharisäer von einst und heute müssen aber endlich der Wahrheit ins Gesicht sehen: Nicht nur hat sich die Parteiendemokratie in sich selbst verselbstständigt (Pöstchen, Lobby, Seilschaften), sondern auch ihre Slogans sind völlig ausgehöhlt – wie flachste Werbebotschaften – sodass sich die kritischen Wähler angeekelt abwenden: Ihre Zukunftsängste, ihre allzu kleinen Renten, ihre Altersvorsorge – nichts von alledem sehen sie ernsthaft aufgegriffen, geschweige denn umgesetzt in wirkungsvolle Konzepte einer nachhaltigen Politik für den Bürger.

So ist es also nicht nur die Kränkung an einem nicht gewürdigten, lebenslangen, anstrengenden Arbeiten, sondern auch die Kränkung an einer Lebensgeschichte, die scheinbar umsonst war, für die man sich besser höchstens schämen sollte. Was für eine Arroganz und Ignoranz ist das denn?

Und so schwirrt drohend eine Bumerang über allen Bundesländern, der alte und neue Kränkungen geladen hat, mit denen die Menschen alte und neue Rechnungen begleichen wollen, weil sie sich hintergangen, übergangen und übersehen fühlen.

Die AfD tut nichts anderes als mit den Mitteln der repräsentativen Demokratie – also mit Wahlergebniszahlen – zu punkten, während die Medien und die Öffentlichkeit einfach nicht verstehen wollen, dass dem weder mit einem Verbot, noch mit Kränken beizukommen ist, sondern nur mit dem Abarbeiten längst überfälligen alten Rechnungen, die im Osten weiter vor sich hin dümpeln und im Westen allmählich mit neuen unbezahlten vermehrt werden.

Die Angst geht um. Sie war schon immer ein schlechter Berater. Aber sie ist immer ein starker Indikator für sofortigen Handlungsbedarf.

18 Nov.

Europa – Meditation # 425

Palästina – UN – Israel 2047

Genug Opfer, genug Hass, genug Anmaßung, genug Ansprüche, genug Missachtung!

Hundert Jahre sollten wirklich reichen, um allen klarzumachen, dass das Bestehen auf eigenen Ansprüchen nur zu weiteren Gewalttaten führen wird.

Und nach hundert Jahren sollte es wirklich an der Zeit sein, ein Ausbalancieren der Wünsche nach Frieden, Sicherheit, Wohlstand und guter Nachbarschaft auf Augenhöhe zu einem akzeptablen Abschluss und Vertrag zu bringen.

Eine Utopie?

Nein.

Diesseits jeder Utopie sollte es mittels eine Mediatur möglich sein, statt weitere Tote beweinen zu müssen und weiter in Hass Lebensenergie sinnlos zu verbrennen – rechthaberisch – , besser zu verhandeln, um den eigenen Kindern und Enkelkindern dort eine Welt im Nahen Osten zu ermöglichen, die von Perspektiven lebt, Zukunftsprojekte zu planen und realistisch umzusetzen.

Die Europäer wie die ehemaligen Europäer aus Übersee sollten dabei keine wichtige Rolle spielen. Sie sollten sich einfach zurückhalten, keine der Parteien einseitig stark zu machen, um „besser“ verhandeln zu können. Stattdessen sollte die UN ein internationales Forum einberufen, das am runden Tisch Palästinenser wie Israeli gleichermaßen vertritt. Die beiden betroffenen Parteien sitzen gleichberechtigt mit am Tisch.

Ziel der Verhandlungen sollte sein, einen internationalen Vertrag zu beschließen, der anders als der von 1947 das Selbstbestimmungsrecht der Völker als unantastbare Größe in den Mittelpunkt stellt – jenseits von alten „Rechnungen“ oder neuen „Ansprüchen“.

Und wenn Jerusalem für die großen abrahamitischen Religionen das Zentrum ihrer eigenen Geschichten zu sein hat, dann wäre es im globalen Kontext sicher nur naheliegend, der UN diese Stadt als Statthalterin anzuvertrauen, die darüber wacht, dass alle gleichermaßen Zugang zu ihren Ursprüngen haben – ohne Angst und ohne Unterschiede.

Naheliegend könnte für das Forum vielleicht sein, Grenzen im traditionell nationalen Verständnis der Vergangenheit nur noch als formale Kategorie zu betrachten,

(auch da eine bis dahin nur als Utopie vorstellbare Größe pragmatisch auf unaufgeregt als Muster einer eher bloß geographischen Orientierung auszuweisen) innerhalb derer die beiden alten Volksgruppen ihre Wohn- Lebens- und Wirtschaftsbereiche frei wählen und gestalten können – zum Wohle der gesamten diversen Einwohnerschaft.

13 Jahre sollten reichen, ein solch nur dem Wohlergehen der Völker verpflichtendes Vertragswerk zustande zu bringen – es würde die Wirren der Gegenwart relativieren helfen und die Wunden aus der Vergangenheit zum Heilen bringen können – und so ein unvergleichlicher Leuchtturm menschlicher Klugheit und Besonnenheit werden.

18 Nov.

Europa – Meditation # 424

Im Spiegelkabinett der europäischen Denkgirlanden.

Wenn der Wind des Zeitgeists heftiger weht, so wie in diesen Tagen zwischen Jordan und Dnjepr, entblößt er auch die unter Wortgebirgen eingesperrten Grundsätze abendländischer Denkmuster. (Fortsetzung steht unmittelbar bevor)

Wie im Kinderspiel mit Plastikklötzchen stapeln die europäischen Durchblicker Argument auf Argument – in altbewährten logischen Klickklacks – und kommen so zu den Schlussfolgerungen, die ihnen selbstverständlich und unmissverständlich Recht zu geben scheinen: der Terror ist mal wieder völlig willkürlich vom Himmel gefallen und die aufrechten Händler solider Währungen und Waren sehen demgegenüber aus wie harmlose Weltenbummler, die nur von A nach B reisen, um Menschen zu bedienen mit soliden Produkten. Die Gewalt des Geldes und die des Eigentums wie immer nur im Gewand der anständigen und fairen Kaufverträge. Arbeitslosigkeit, Armut, gesellschaftlicher Abstieg und ruinöse Zockerei – von den Umweltschäden ganz zu schweigen – wirken demgegenüber wie fast natürliche Nebeneffekte, die man im wahrsten Sinne des Wortes in Kauf nimmt.

Und wen das doch zum Nachdenken bringen sollte, dem wird dann eine radikale Kur in dialektischem Denken verordnet:

Die Unterdrückung der Menschen in der Industrialisierung, bzw. in der Kolonisationszeit, ist zwar die eine, bedauernswerte Seite, aber dem steht auf der anderen ein bis dahin noch nie dagewesener Reichtum im Abendland gegenüber, an dem zwar immer noch viel zu wenige profitieren, doch Profit an sich hat sich doch als Quintessenz im Kampf der Gegensätze – These, Antithese, Synthese – durchgesetzt und ist inzwischen aufgehoben in unserem Denken als der Gipfel menschlicher Intelligenz.

Nun muss in einer neuen Dreier-Konstellation ein neues Kapitel von Gewinnern und Verlierern aufgeschlagen werden, das dann hoffentlich erneut in einer jetzt noch gar nicht vorstellbaren neuen Synthese die species des homo sapiens über sein bisheriges Vorstellungsvermögen erneut hinausführen wird. Terror ist in solch einem schlüssigen Denkgebäude selbstverständlich als marodes Auslaufmodell wegrationalisiert, bzw. dialektisch ausgebremst.

Undsoweiter…

Dass es sich bei diesen Denkfiguren allemal um Akrobatik in einem Spiegelkabinett handelt, kann den Akteuren „natürlich“ nicht bewusst werden, da diese Selbstbespiegelungen notwendig sind für ein in sich stimmiges Gesamtbild. Entscheidende Werkzeuge bei diesen Denkfiguren mit Hilfe der selbst erfundenen Sprache sind die Philosophie und die Psychologie. Portalfiguren des Kabinetts sozusagen.