12 Feb.

Eruopa – Fortsetzung der alten Geschichte # 181

Europa und das Geburtstagsfest des Gottes Zeus. (Teil II)

So hatten sich die Kreter das diesjährige Geburtstagsfest wohl kaum vorgestellt. Keine Feier, keine Musik, kein Tanz! Stattdessen hatte Europa ein Zeltlage auf der Hochebene organisiert. Es gab viele Lagerfeuer, um die man sich nun scharte. Es gab viel zu erzählen, zu mutmaßen, zu orakeln. Denn das Gesträuch am Höhleneingang hatte sich als üble Falle erwiesen. Zum Glück war keiner der alten Ratsherren, dieser vornehmen Männer und Hüter der kretischen Tradition, darin den Tod gefunden. Zum Glück. Für die beiden Thronfolger gab es ein besonders prächtiges Zelt, mit Wächtern davor, bunten Teppichen und großen Fackeln.Europa, Chandaraissa und die Ratsherren hatten sich zu ersten Beratungen etwas im Hintergrund der improvisierten Zeltstadt zurückgezogen.

„Was für ein elender Anschlag auf die Mächtigen der Insel!“ ruft gerade Berberdus empört in die Runde. Seine Kollegen nicken besorgt und zustimmend zugleich.

„Was für eine Heimtücke!“ schickt Gromdas, der bekannt ist für seine Intrigen, hinterher.

Das sagt der Richtige, denkt Chandaraissa und wirft einen vielsagenden Blick hinüber zu Europa. Die ist wirklich nur noch sprachlos. Wer könnte so etwas geplant haben, wen sollte es treffen? Denn ihr ist klar, dass von alters her der Minos und seine Familie die Spitze der Prozession bildeten, wenn Zeus’ Geburtstag zu feiern war. Aber galt dann nicht der perfide Anschlag ihr und ihren Söhnen? Aber wer? Der Rat der Alten? Europa will diesen Gedanken gar nicht zu enden denken. Doch die allzu betulichen und in vorauseilendem Gehorsam buckelnden Ratsherren hier oben auf Berg Ida wirkten so unecht, so wenig erwartbar.

„Wir sollten eine Untersuchung starten, ohne Rücksicht auf Amt und Würden und ich wäre bereit, solch eine Untersuchung zu leiten, wenn ihr wollt!“ holt da Zygmontis, der doch so gerne der nächste Minos geworden wäre, sie aus ihren Gedanken in die Runde zurück. Eine Untersuchung? Ist das die Flucht nach vorne? Europa fleht insgeheim zu ihrer Göttin, sie möge ihr beistehen, damit sie in dieser Situation das Richtige tut – besonders im Sinne ihrer beiden Söhne, Sadamanthys und Parsephon. Sie nickt.

„Chandaraissa, du bist die Hohepriesterin, was meinst du?“ hört sie sich stattdessen sagen.

Die Priesterin ist überrascht, zugleich aber auch erfreut. Denn sie hat ein ungutes Gefühl hier in der runden mit den überfreundlichen alten Männern. Das stinkt, das stinkt gewaltig. Da ist sie sich ziemlich sicher. Sie verneigt sich. Die Blicke der Ratsherren scheinen sie zu durchbohren. Wie schlechte Luft wabert deren Hass zischen ihnen, ihre Mienen geben sich Mühe, nichts davon zu verraten. Aber es gelingt ihnen nur schlecht.

„Ich finde den Vorschlag von Zygmontis der einzig vernünftige. Morgen sollten wir im Palast die Einzelheiten für solch eine Untersuchung aushandeln. Jetzt aber sollten wir dem Volk nicht länger die Freude für ein Fest vorenthalten. Den alten Herrn fallen reihenweise die Steine von den Herzen. Europa stimmt zu. Und wie ein Lauffeuer verbreitet sich in der Zeltstadt die Neuigkeit: es darf doch noch gefeiert. Gleich beginnen sie auf Flöten zu spielen, die Trommeln zu schlagen, zu singen und zu tanzen. Die Ratsherren allerdings entschuldigen sich wegen ihres Alters doch lieber gleich noch heimzukehren. In der Zeltstadt kursieren natürlich auch die unterschiedlichsten Gerüchte: Leute vom Festland seien bestochen worden, um diese Falle zu bauen. Aber von wem? Da gäbe es schon einige, die Europa gerne tot sähen. Wer denn? Vielleicht seien es aber auch Dämonen gewesen, die Zeus das Fest nicht gönnten oder vielleicht waren es sogar Leute aus dem Palast, die den Eindruck erwecken sollten, als wenn der Rat der Alten ein Attentat auf Europa und ihre Söhne vorgehabt hätten.

Europa und Chandaraissa sitzen noch lange zusammen im Zelt, während draußen immer noch weiter getanzt und gesungen wird. Sie wollen morgen nicht nur eine Untersuchung einleiten, sondern gleichzeitig im Tempel der großen Göttin um Erleuchtung beten.

Europa erlebt danach eine unruhige Nacht. Albträume lassen sie immer wieder aufschrecken. Sie glaubt Schritte zu hören, die hinter ihrem Zelt auftauchen, wieder verschwinden. Seltsam.

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