Europa – Der gekränkte Kontinent quält sich lieber selbst – Meditation # 81
Der gekränkte Kontinent Europa quält sich lieber selbst
Die geographische Mitte ächzt und stöhnt dieser Tage unter den eigenen Bildern, die man selbst erzeugte: Die große Koalition hat stark an Strahlkraft verloren (wenn sie sie je überhaupt hatte), und die derzeit um eine gemeinsame Verhandlungsbasis streiten, tun sich schwer an den möglichen Erfolg ihres Tuns zu glauben. Die Mitte Europas beschäftigt sich aber auch auf anderen Ebenen mit den Geistern, die man selber rief: „Ich auch!“ so klingt es inzwischen auf beiden Seiten des großen Teichs und keiner möchte da auf der falschen Seite erwischt werden. Und nachdem nun in Manchester ein Gemälde und die dazu gehörigen Postkarten im Museumskeller gelandet sind, fragen sich die großen und kleinen Geister verstört, wie das nur alles so kommen konnte und wo das denn nun noch hinführen möchte.
Blenden wir spaßeshalber einmal kurz zurück in die Anfänge der Erfolgsgeschichte – so jedenfalls wurde sie bisher in unseren Schulbüchern beschrieben – als so um 1500 herum die Portugiesen zusammen mit den Spaniern das katholische Christentum in die Welt hinaus trugen, und jeden erschlugen, der nicht bereit war sich taufen zu lassen. Schließlich war es doch eine biblische Mission, die der Papst den Königen zugewiesen hatte: Macht sie euch und unserem Glauben zum Wohlgefallen unseres Gottes alle untertan! Die stolzen und kräftigen Männer machten sich hurtig ans gewalttätige Werk und erfüllten so den Auftrag des Stellvertreters Christi auf Erden nachhaltig.
Gut 500 Jahre später ist dann aber die Luft raus aus dem gewaltigen Projekt: Nicht nur Europa und sein christliches Missionswerk stagniert, auch das Selbstverständnis der stolzen Männer bricht wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Auf der Weltbühne haben längst andere die Regie übernommen – die Reflexe aus Übersee sind nur ein narzissstisches Spiegelbild dieses Szenenwechsels: Rette sich, wer kann, so tönt es, jeder ist sich da der nächste, klar! Und die vollmundigen Töne der Männer verkommen mehr und mehr zu einem eher peinlichen Gebrabbel verunsicherter Pimmelinskis, die am liebsten Schutz suchen würden bei Muttern, weil alle wohl nur missverstehen wollen, was man als Mann doch nun mal machen muss, um Mann zu sein.
Europas „Weltherrschaft“ – auch das eher eine maßlose Übertreibung – ein bloßes Missverständnis einer Horde von mittleren Nationen auf dem europäischen Kontinent und seinem Ableger auf der anderen Seite des Atlantiks, die lange meinen konnten, die ganze Welt mit ihrem Konkurrenzprinzip beglücken zu müssen, diese Europäer und ihre Nachkommen aus Übersee werden nicht umhin kommen, ihre eigene „Erfolgsgeschichte“ gründlich revidieren zu müssen – samt Mannbild, das ja nicht unmaßgeblich zu dieser Entwicklung beigetragen hat.
Selbstmitleid verrät dabei nur die mangelnde Tragfähigkeit des Geglaubten und Vollbrachten.