Europa – Fortsetzung der alten Geschichte # 90
Die drei göttlichen Brüder laufen Amok
Zeus, Poseidon und Hades haben es heute sehr eilig: sie wollen nicht nur den Krieg von Europas Vater Agenor nachhaltig beeinflussen, nein, sie wollen auch die drei Brüder Europas, Kadmos, Phoinix und Kilix, auf der Insel der Schaumgeborenen in die richtige Spur bringen und auch dem wildwütigen Triumphirat Woltónos, Thortys und Nemetos auf Kreta ordentlich in die Karten spielen – und das alles an einem Tag! Kein Problem für solch olympische Götter wie sie!
Agenor, Europas Vater und König im fernen Phönizien, hat eben den breiten Fluss – so etwas hat er noch nie gesehen – in einer Furt mit seiner Streitmacht durchwatet. Nun stehen sie in der Mittagshitze am anderen Ufer und fühlen sich schon wie Sieger. Da melden sich drei Hirten. Sie wollen dem König helfen, die Assyrer mit ihrem neuen König zu besiegen. Sie kennen Schleichwege.
„Nun, woher soll ich wissen, dass ihr nicht Spione des Gegners seid, ihr drei?“, fragt Agenor, der breitbeinig und geschient unter einem Sonnensegel sitzt. Dabei wirft er einen kurzen Blick zu seinem Reitergeneral Abressonios: kluge Frage oder? Der nickt, obwohl er gar nicht weiß, was dieser Blick des Königs sollte. Die drei Hirten – Poseidon, Hades und Zeus – verneigen sich ehrerbietig bis zum Boden und warten, bis Agenor huldvoll sagt:
„Schon gut, schon gut, erhebt euch wieder und antwortet auf meine Frage!“
„Großer König“, beginnen die drei im Chor, „wir sind Nomaden und huldigen keinem König. Ihr könnt uns also vertrauen.“
Agenor ist mit dieser Antwort sehr zufrieden und dass sie im Chor sprechen, kommt ihm auch nicht komisch vor.
„Gut, gut. Dann legt mal los!“
Die drei verkleideten Hirten lassen sich nicht lange bitten und fahren dann so fort:
„König Ufroras – eben erst auf dem Thron und noch sehr jung – weiß, dass ihr in sein Land eingefallen seid. Er ist gekränkt, weil ihr statt mit eurer Tochter Europa mit einem Heer in sein Land reist. Er will euch bei der Oasenstadt Melweli in einen Hinterhalt locken und vernichten.“
Agenor ist sprachlos. Was hat er nur für ein Glück! Weil er nun weiß, was Ufroras vorhat, wird er dem Hinterhalt einfach zuvorkommen und siegreich in Assur einziehen und mit unermesslichen Schätzen zurückkehren. Er bewirtet und beschenkt die drei Hirten reichlich und bricht sofort mit seinem kleinen Herr auf, um noch vor Einbruch der Dunkelheit Melweli zu erreichen.
Die drei Hirten machen sich aus dem Staub, lachen und lachen und sind schon unterwegs zu ihrem nächsten Eingriff in den Gang der Dinge – alles kluge Pläne, um Europa zu vernichten. Ihr Siegeszug scheint unaufhaltsam. Zeus mit geschwellter Brust:
„Brüder, wenn wir weiter so leichtes Spiel mit den Menschen haben, werden wir spätestens zu diesem ominösen Tanzfest auf Kreta die dickköpfige und stolze Frau zu Fall bringen“.
Seine beiden Brüder schmunzeln nur. Sie freuen sich, dass ihr Bruder endlich wieder besser gelaunt ist. Ihre Zweifel halten sie lieber für sich. Soll er nur mal machen. Sie sind dabei.
„So, und jetzt auf zur Insel der schaumgeborenen Göttin!“.