Europa – Meditation # 146
Wenden-Welle-wohl-möglich
Bevor an diesem denkwürdigen Abend die Stimmen derer, die in der EU wählen gegangen sind, weil sie etwas mit verändern wollen, ausgezählt sind, wäre ein kurzes Innehalten vielleicht ganz schön:
„Natürlich“ werden über die Medien gleich wieder die Deutungswellen schwappen, „natürlich“ haben es die kritischen Geister auch schon vorher gewusst: Der Wählerwille neigt mehr und mehr zu launischen Kapriolen oder verweigert sich sogar einem Votum – was für eine ernüchternde Wahlbeteiligung! Und gleich wird wieder analysiert werden.
So stolpern wir Europäer von einem Moment zum anderen, ohne wirklich inne zu halten, nach-zu-denken und zu überlegen:
Warum wenden wir uns nicht freiwillig einem völlig neuen Europa zu, das den Rahmen der EU einfach sprengt, weil wir uns gerne
digital europaweit vernetzen
lassen, aber gleichzeitig auch unbedingt
regional europaweit nachhaltig verankert
sein wollen.
Beides ist doch heute schon Realität. Nur haben wir Europäer noch gar nicht bemerkt, dass es so ist, weil immer von den Chancen und Problemen der EU die Rede ist und nicht von uns Europäern.
Was wäre da jetzt alles möglich, wenn wir endlich die europaweite Dimension in den Blick nähmen?
Erstmals könnte Europa nachhaltig aus der
Rolle des globalen Räubers
aussteigen und einsteigen in die völlig neue
Rolle des Moderators, Retters
zwischen den kriegerischen Großmächten, die vor lauter nationalistischem Furor nicht mehr die tatsächlichen Probleme sehen können: Wie blind folgen sie einem Gefühlswildbach, der sie unkontrolliert stürzen lässt – von Klippe zu Klippe. Für die Beulen und Wunden sind dabei „natürlich“ immer die anderen schuld. Klar.
Wir hier in Europa haben doch zum Glück die Epochen unseliger Kriege und Machtposen hinter uns gelassen. Frieden seit mehr als siebzig Jahren! Unglaublich eigentlich und leider nur noch wie selbstverständlich konsumiert. Wie fast alles.
Nur Heimat lässt sich nicht konsumieren. Die lebt man. Und jeder in Europa beansprucht da ein eigenes, unverwechselbares Gefühl für sich, an dem er ein Leben lang strickt und poliert. Und jede Erzählung hat da ihr eigenes Recht, ihre eigene Berechtigung. Bürokratietürme oder Börsennotierungen kommen darin einfach nicht vor.
Warum sehen wir die historische Chance des brökelnden Augenblicks nicht?