Europa – Meditation # 154
Wie die Europäer ihre regionalen Reichtümer schlecht reden Teil I
Wie selbstverständlich sprechen wir die Dinge aus, als wären sie in Stein gehauen: Ost-West-Konflikt, BRD, DDR, Der Westen, Der Klassenfeind…um nur ein paar inzwischen aus der Mode gekommene oder bereits vergessene Begriffe zu nennen.
Denn schon kam die nächste Welle strahlender oder Furcht erregender Begriffe: Eine Welt, Sieg des Neoliberalismus weltweit, Globalisierung, Digitalisierung, Terrorismus, Taliban, Gelbwesten, Populismus, Nord-Süd-Gefälle usw.
So erledigen wir Europäer auch auf nationaler Ebene in scheinbar trennscharfen Begriffen das Thema Strukturgefälle, in dem wir mit den passenden Begriffen ein schlichtes Zwei-Farben-Bild malen:
Hier die scheinbar endlos boomenden Großstadtgebilde, wo das pralle Leben Tag und Nacht sich selber feiert, glitzernd und wild pochend vor Lebensfreude und
dort die scheinbar schwachen und schwächelnden Landzonen, wo selbst einsame Wölfe kaum auf ihre Kosten kommen und deshalb abwandern. Öde und lahmend auf allen denkbaren Ebenen sei das flache Land.
In ganz Europa sind diese Begriffe anzutreffen: überall hat das flache Land ein Image-Problem und scheinen die Städt auf Karriere-Glück gepolt zu sein. Scheinbar. Dabei sind die Geschichten und Schätze der Regionen Europas wahre Zufluchtsorte gelingender Lebensentwürfe. Nach wie vor. Der Lärm und das grelle Licht der Metropolen aber spannen über diesen Reichtum der Regionen ein irrlichterndes Netz falscher Versprechen.
Und immer schwingen mit den jeweiligen Begriffen auch gleich die entsprechenden positiven oder negativen Bauchgefühle mit:
Die „urbanen Zentren“ seien eben so attraktiv, dass „selbstverständlich“ das „flache Land“ wie magisch davon angezogen werde. Klar. Dabei sind es nur die Arbeitsplätze, die blind machen für die Folgekosten einer zunehmenden Konzentration in Ballungszentren. Mit den entsprechenden Unwuchten: Tag und Nacht Lärm gratis, Staus, BURN-OUT, Menschenmengen, dicke Luft, Anonymität, Mobilität in Schockstarre morgens und abends verlässlich zu besichtigen usw.
Nun wollen die jungen Leute wieder weg von diesen übervollen, wenig Menschen freundlichen Verhältnissen in den Zentren und suchen erneut Zuflucht im leeren Land. Also statt Landflucht in die Großstädte nun Zuflucht in die überschaubaren Lebensverhältnisse auf dem Land?
Das lässt hoffen: Vielleicht können auf diese Weise in beiden Welten (Stadt und Land) wieder lebenswertere Verhältnisse entstehen, in denen weder die eine auf Kosten der anderen schön geredet, noch die andere schlecht gemacht wird.
Summa: Wenn wir etwas behutsamer und sensibler mit unseren schnellen Wertungen umgingen, hätten wir auch eine Chance, die selbstgebastelten Vor-Urteile abzubauen und den Kopf frei zu bekommen für die wirklichen Wirklichkeiten.