Europa – Meditation # 307
Europa – Babylonische Sprachverwirrung? (Teil 2)
Überall in Europa wird es laut und schräg begrüßt, das Neue Jahr. Vorher schon im Osten, später dann auch im Westen. Ein Fürst im Vatikan hatte einst die Macht, Zahlen vorzugeben, nach denen wir Tag und Nacht in seiner Folge ordnen sollten – bis heute. In anderen Kulturen gibt es andere Zahlenspiele. Was soll‘s. Den Rhythmus des Lebens lebt die Natur uns auch ohne Zahlen vor, gewiss. Und der Zufall – Lukrez lässt grüßen – tut das Seine dazu. Wir aber, die Sprach-Jongleure auf diesem kleinen Planeten meinen doch tatsächlich, wir könnten dieses All mit einem Sinn erfüllen, der auch die letzten Zweifel beseitigen würde. Wir blenden einfach die östlichen Interpretationsangebote aus, bestätigen der europäischen Aufklärungszeit Allgemeingültigkeit und sehen uns als deren gelehrigen Schüler, die einfach alles so lange betrachten und ausmessen, bis es sinnvolle Zahlengebilde ergeben, die das bestätigen, was wir als Hypothese an den Anfang gestellt haben. Ein beinhartes Verfahren, das keine Gnade kennt, da kann sich die Natur noch so quer stellen, wir zeigen ihr letztlich doch, wie sie tickt.
Nehmen wir kurz zur Veranschaulichung dieses eindrucksvollen Denk- und Sprech-Verfahrens ein kleines Zitat aus den Sozialwissenschaften dieser Tage. Das sagt jemand den schwer wiegenden Satz – als Motto für das Neue Jahr – „Wir brauchen ein besseres Bewusstsein und Verständnis für gesellschaftliche Probleme“. Was für ein Satz!
Wer ist gemeint mit WIR?
Was ist schlechteres Bewusstsein?
Was Bewusstsein?
Welches Verständnis soll sich einstellen?
Welche gesellschaftlichen Probleme sind denn überhaupt Probleme und was bedeutet gesellschaftlich eigentlich?
Lauter Fragen, die in einem kurzen Menschenleben kaum zu beantworten sind – wenn wir ehrlich wären – die aber auch gar nicht gestellt werden, denn der Satz steht ja gar nicht in Frage, er kommt daher, als wäre er eine Floskel wie „Schönes Wetter heute!“ (obwohl man selbst da fragen könnte, was heißt hier schön, was heißt hier Wetter?)
So schleicht sich unversehens Ratlosigkeit ins europäische Sprachgesumm, aber der Retter aus der Not winkt schon hoffnungsfroh: Bald, schon ganz bald gibt es doch Metaverse, da kann jeder sich seine eigene Welt basteln, die tatsächliche wird demgegenüber absolut nebensächlich, wo doch sowieso die meisten mit der Wissenschaftssprache rettungslos überfordert sind! Lasst das mal nur die Sorge von ein paar Spezialisten sein, Nerds sicher. Die anderen sollen stattdessen intensiv meinen können, sie lebten in einer Welt, die sie selbst erfunden haben und die den Gesetzen gehorcht, die sich der User selbst ausgedacht hat. Das pralle Leben eben.
Wo ist denn da dann das Problem?
The metaverse is the next evolution of social connection