Europa – Meditation # 325
Europa – im Wechselbad der Gefühle.
Wut, Entsetzen, Zorn, Angst besuchen uns Europäer in diesen Tagen pausenlos. Gleichzeitig zerscheppern lieb gewonnene Gewissheiten über politische „Wahrheiten“ wie wertvolles Porzellan beim Stolpern auf einer Kirschbaumholztreppe. Und wenn dann auch noch der Geldbeutel anfängt wie schwindsüchtig zu hecheln, ist der Traum vom Wohlstandsparadies endgültig ausgeträumt.
Doch dann steigt aus diesem Dampfbad – wie Phönix aus der Asche – der bis dahin für unmöglich geglaubte Gedanke auf: Wir könnten mit viel weniger immer noch wunderbar das kurze Leben genießen, könnten zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen. Das wäre ja dann gewissermaßen sogar der für unmöglich geglaubte Einstieg in den Ausstieg der auf brutaler Konkurrenz aufgebauten Konsumhysterie. Und gleichzeitig schwächen wir den gefühlskalten Kriegsherrn und sein Gefolge nachhaltig in seinen eigenen Mitteln von Geld, Waffen und Ideologie.
Dann meldet sich aber wieder die Angst zu Wort: Redet euch doch nicht mit solch einem von Wunschdenken gespeisten Stärketrank in eine Euphorie hinein, die gerne vergessen möchte, wie sehr Macht die scheinbar Mächtigen zu blenden vermag. Hier wie da, übrigens.
Was, wenn daraus ein nicht mehr zu kontrollierender Weltkrieg wird, wenn plötzlich die Militärs ihre Stunde wittern, dass Frieden nur möglich sei, wenn der Gegner in Angst und Schrecken versetzt wird – mit allem, was an modernen Waffen so möglich ist?
Dann stehen da plötzlich diese Flüchtlinge am Bahnhof – Hunderte, Tausende. Voller Scham müssen sich die Westeuropäer heimlich eingestehen, dass die Osteuropäer ihnen verdammt ähnlich sehen – in allem: Kleidung, schnurlosem Telefon, Gehabe…aber diese Angst in den Augen der Ankömmlinge, diese Angst! Übersprungshandlung. Schon euphorisieren sich die West-Eu-Päs mit einer schier maßlosen Hilfsbereitschaft – weil im Hinterkopf vielleicht der kleine „Memeto-Mori-Beißer“ hockt und beinhart sein Sprüchchen in Dauerschleife uns ins Ohr träufelt? Inzidenzen? Ja, ja!
Die Verwirrung nimmt im Gefühlshaushalt der Europäer rapide zu: gewissermaßen katapultiert der mörderische Krieg in der Ukraine die Europäer in eine atemberaubende Verwirrung (was natürlich ordentlich Angst macht):
Der Konsument als autonomer Entscheider zwischen zahllosen Warenangeboten erlebt sich – ohne Vorwarnung, scheinbar – im Handumdrehen als nackt; des Kaisers neue Kleider entpuppen sich doch wirklich als Kaugummiblasen, die gerade schlaff in sich zusammensacken. Was ist der Sinn des Lebens? Helfen, zusammen handeln, den Planeten retten; endlich ist der richtige Zeitpunkt dafür da. Die bisherigen Prioritäten erweisen sich angesichts der Gewalt und des Todes als banal.