Europa – Meditation # 373
Wenn Männer über Männlichkeit in Europa reden.
Am Montag konnte man im Deutschlandfunk „Lebenszeit“ eine Gesprächsrunde mitverfolgen, die sich mit dem Thema „Vom Kriegsverbrechen bis zum Sexualdelikt – Warum sind Männer meist die Täter?“ beschäftigte. Drei gestandene Männer reden sich um Kopf und Kragen, weil sie vor lauter Bäumen anscheinend nicht mehr den Wald erkennen. Wie sie es auch drehen und wenden, sie kommen der fatalen Janusköpfigkeit der Männerrolle – Beschützer sein zu wollen und gleichzeitig aber immer auch Gewalt auszuüben – nicht auf die Schliche.
Obwohl überall in Europa endlich die Offenlegung des Missbrauchs und der häuslichen Gewalt die Medien in Atem hält, bleiben die Antworten doch alle im Vorhof der wesentliche Frage stecken: „Wo sind denn die Ursachen und die Anfänge für dieses Selbstbild des Mannes zu suchen, wenn es keine Naturbefindlichkeit ist? Denn natürlich ist den drei bemühten Männern in der Radio-Sendung klar, dass eine grundlegende Änderung der nach wie vor „toxischen Männlichkeit“ nur wirklich stattfinden kann, wenn die kulturelle Evolution der männlichen und weiblichen Geschlechterrollen in ihrer „subkutanen Langzeit-Wirkung“ durchschaut ist und als großer Irrtum begriffen werden kann, dem eben nicht nur die Frauen und Kinder, sondern auch die Männer selbst zum Opfer fallen.
Denn dass inzwischen darüber in aller Offenheit debattiert wird – wie eben auch in dieser Männerrunde – (die einzige Frau kommt leider nur kurz und auch zu marginal zu Wort!) – wird zwar gerne als Fortschritt angesehen, doch müssen alle eingestehen, dass sich deswegen weder häusliche Gewalt noch der Kindesmissbrauch verflüchtigt haben. Im Gegenteil. Der Umgang mit dem Thema beispielsweise unter den Klerikern des Vatikans ist nach wie vor nicht nur peinlich, sondern auch höchst ärgerlich – und in allen europäischen Ländern – von den beiden Amerikas und Asien soll hier gar nicht erst die Rede sein – tun die Männer in den verantwortlichen Institutionen alles, um von sich und den notwendigen Konsequenzen abzulenken.
Es bleibt nur zu hoffen, dass der Sender diesen Männerbeitrag nur als Einstieg sieht in eine Debatte, an der Vertreter aus ganz Europa teilnehmen und an der vor allem Frauen gleichermaßen zu Wort kommen. Die vielen Hörerbeiträge, die aus Zeitgründen nicht mehr eingespielt werden konnten, zeigen doch allzu deutlich, wie wichtig und wie wenig befriedigend dieses Thema in seiner Bearbeitung immer noch ist.