Europa – Meditation # 374
Das Ansehen Mitteleuropas in der Welt.
Ein Überschrift zum Davonlaufen. Gleich drei Nomen hintereinander, die es so richtig in sich haben:
1. Das A n s e h e n. Was ist das denn und woher kommen denn die sicheren Wertungen? Auf welche Quellen stützt sich da Herr Merz? Die Dauer für eine solide Recherche ist in unserer schnelllebigen Zeit „natürlich“ viel zu lang, also dann doch lieber einfach mal ein paar Vermutungen, Mutmaßungen vorneweg – den Rest liefern wir dann nach.
2. M i t t e l e u r o p a. Was ist das denn und wer liefert hier die angemessenen Einschätzungen? Ein schlafender Riese, ein Papier-Popanz, ein eitler Besserwisser, ein lächerlicher Gernegroß? Wie schnell haben wir da die ‚passende‘ Charakterisierung zur Hand – home made und mit heißer Nadel gestrickt.
3. Die W e l t. Die schon immer chaotische Gemengelage weltweiter Meinungstrends ist ein solch schwer zu fassende Chamäleon, dass es – vorsichtig formuliert – schon recht verwegen scheint, darüber eine zutreffende Aussage machen zu können. Hat die ehemalige Volkspartei der Mitte da ihre besten Leute ausgeschickt, die Tag und Nacht medial hellwach weltweit unterwegs sind, um Meinungsbilder einzufangen, zu filtern und als Resümee dem Parteivorsitzenden aufs Handy zu laden? Immer unter der Fragestellung: Was denkt die Welt von uns? Hat unser Kanzler das mühsam aufgebaute positive Image leichtfertig verscherbelt? Wie kann man Zaudern überhaupt nur gut finden? In diesen schlimmen Zeiten? Weltweit?
Doch könnte da ein Althistoriker in Kalifornien peinlicherweise auf den großen Cunctator/Zauderer zu sprechen kommen, der mit dieser Haltung erfolgreich römische Geschichte geschrieben hat. Doch lassen wir die Bildungshengste ruhig mal im Stall. Es reicht festzuhalten: Weder das Ansehen, noch Mitteleuropa, noch die Welt lassen sich – da mag der Redner im Bundestag noch so sorgenvoll schauen und pathetisch tönen – unter dem Stichwort „Ansehen verspielt“ in ein brauchbares Argument zusammenpressen. Es ist einfach nur Kochlöffelgeklapper, mehr nicht. Immer mit dem Seitenblick: Steigen die Umfragewerte? Wenn ja, dann weiter drauf!
In der Sache aber – Krieg und Waffen sollten immer zaudernd in den Blick genommen werden – wächst angesichts der Gewalt und des Leids in der Ukraine hoffentlich das Ansehen derer, die Frieden und das Ende jeglicher
Gewalt auf ihr Panier schreiben. Dazu bedarf es auch keinerlei Verweise auf die restliche Welt. Und das Ansehen steigt dann sogar ohne jede mediale Akrobatik.
Und die fehlenden Belege? Dafür bleibt einfach keine Zeit. Das nächste Stichwort will bereits gefüttert werden. Da bleibt auch keine Zeit, aus den falschen Prognosen und vorschnellen Verurteilungen der Akteure während der Pandemie zu lernen. Jede Woche wusste es irgendein Wissenschaftler oder Politiker wieder besser und jede weitere Woche waren die Positionen längstens überholt. Da aber die Medien auf das nächste Rededuell mit neuen Hypothesen warteten, blieb keine Zeit aus den Fehlern und falschen Einschätzungen der Vorwoche zu lernen. Von Bedachtsamkeit keine Spur.
Jetzt ist das Geschwätz vom Vortage längst im Papierkorb, entsorgt, die Lehren aus den fehlerhaften Schnellschüssen werden nicht gezogen und wieder jagen die Medien die Akteure vor sich her. Als wären es Hellseher, die schon das Kriegsende zu skizzieren wüssten. Und von den Profiteuren gestern, heute und morgen, schweigt des Sängers Höflichkeit.
Gestern Pandemie, heute Krieg in der Ukraine, morgen – bitte nicht schon wieder – Klimakatastrophe.