04 Mrz

Europa – Meditation # 381

Deutschland muss endlich zu sich selber finden.

In Krisen ist immer auch eine gute Zeit für das Überdenken der eigenen Grundhaltungen.

Wie 1919

Wie 1945

Wie 1989

und

wie 1849

Natürlich ist das, was wir Deutsche „unsere Geschichte“ nennen durch die Zeit von 1933 – 1945 nachhaltig verdüstert, aber es wäre zu bequem, sich einfach bei den Siegern (USA/BRD und Russland/DDR) unter zu stellen und den braven Musterknaben zu mimen, der fleißig umlernt und noch fleißiger nachahmt, was der Stärkere vorgibt.

Dabei haben sich die beiden „Stärkeren“ ebenfalls in Mythen eingesperrt, die ihnen wie heilige Kühe nur den Blick in e i n e Richtung ermöglicht:

Russland

in die glorreiche Vergangenheit, die unbedingt wiederhergestellt werden soll (der Mythos lässt sich spielend bis ins Mittelalter zurück verfolgen! Moskau, das Dritte Rom)

und die

Vereinigten Staaten von Amerika

in den Fußstapfen ihres „manifest destiny“ (1845), das in jeder Schulfibel vorführt, dass – fast wie in der Bibel der Satz „Macht euch die Erde untertan!“ – die USA zum Führer der Welt vorherbestimmt seien. Und die Verträge (wenn überhaupt Verträge nötig waren) wurden immer nur geschlossen, um sie gegebenenfalls wieder zu brechen. Wounded Knee und Trump mögen als zwei Stichwörter hier reichen. Die Expansionsgeschichte war eben immer auch eine finanzielle Erfolgsgeschichte der WASPs – der white anglo-saxon protestants – Deutschland spielt darin derzeit eine wirklich nur sekundäre Rolle. Wir geben uns ja auch alle Mühe, ordentlich als Mitläufer keine Faxen zu machen.

Und jetzt ist wieder einmal Krise angesagt, in der vertraute Muster zurecht neu überdacht werden sollten.

Warum dem wankelmütigen großen Bruder so unwidersprochen folgen? Sein Blick hat sich doch längst von Europa dem Pazifik zugewandt. Nato und EU sind brave Statthalter, die dem großen Bruder seinen neuen Schwerpunkt erleichtern sollen. Natürlich wird verbal versichert, dass man gemeinsam am großen Freiheitsrad der Demokratie dreht, natürlich.

Aber wäre diese Krise nicht ein günstiger Moment, wenn Europa eigenständiger als ein Bündnis von Gleichen unter Gleichen die Verteidigung der Demokratie diplomatisch wie verteidigungspolitisch in die Hand nähme? Und sich Deutschland – an den Verfassungsentwurf von 1849 erinnernd, in dem erstmals ohne Einwirkung von außen Grundrechte festgeschrieben wurden – mit den anderen europäischen Völkern darüber verständigt, wie man ohne weiteres Eskalieren die streitenden Parteien zu einem Waffenstillstand nötigen könnte?

Weil so sonst die Rüstungsspirale nur noch heißer und heißer läuft – mit den weithin bekannten Profiteuren diesseits und jenseits des Atlantiks.

Entscheidend bei solchen Überlegungen ist allerdings, dass man mutig aus der Korsage der Schwarz-Weiß-Malerei aussteigt: Nur an der Seite der USA ist man auf der richtigen Seite – alles andere wäre Verrat und Schwäche, die nur der Gegenseite zuarbeiten würden.

Alle in dieser Krise sind von ihrem eigenen Interesse geleitet. Diese verschiedenen Interessen sine ira et studio kritisch abzuwägen, ist weder kleinkariert noch illoyal. Das gilt für die USA genauso wie für Luxemburg. Und das wieder vereinigte Deutschland sollte nicht im Dankbarkeitsmodus erstarren, sondern endlich Mitteleuropa zu dem machen, was es schon immer sein wollte: eine friedliche, begehbare Brücke zwischen dem Westen und dem Osten Europas.

Jedes Land schreibt ununterbrochen an seinem eigenen Mythos, um die vielen, die am Boden liegen, mit Luftschlössern zu verwöhnen, an denen sie sich satt sehen dürfen (netflix lässt grüßen), denn: satt essen, ist nicht auf solch Mythen umwehter Agenda vorgesehen!

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