Europa – Meditation # 383
Die Tage des Westens sind gezählt
oder
Endlich im Windschatten der Überwältiger.
Die inzwischen schon oft beschworene sogenannte „Zeitenwende“ könnte man in noch viel größerem Maßstab ausrufen:
Waren Antike, Mittelalter und Neuzeit den Europäern nur als europäische Zeitalter geläufig und erinnert – die Kulturen der restlichen Welt kamen danach ja nur aus einer Sicht der zivilisatorischen Überlegenheit in den Blick – so geriet die Moderne doch über den Ost-West-Konflikt zunehmend in eine amerikanische Perspektive; anfangs als Retter des guten, alten Europas, dann als Vorbild – wirtschaftlich, kulturell und militärisch – immer in der Tradition des „manifest destiny“ von 1845 – und immer als Hegemon.
Und als dann sogar die Vision vom „Ende der Geschichte“ – mit seinem Promotor Francis Fukuyama 1989 – die Runde machte, fühlte sich der Westen (mit den Europäern in der Westentasche) als Weltbeglückungs-Unternehmen. Die Kosten ließen sich längst in den katastrophalen Zahlen der Klimakrise ablesen. Aber immerhin schien ein erneuter Weltkrieg – dank des Overkill-Drohszenarios – obsolet zu sein.
Da hatten aber die gut bezahlten Think-Tanks der großen social-media-player ihre Rechnungen ohne den Wirt gemacht: Anstatt den Ausstieg aus dem Wachstumswahn-Konzept konzeptionell, ökonomisch wie politisch gemeinsam anzugehen, wurden alte Hegemonial-Phantasien global massiv neu befeuert: Alte Feindbilder reaktiviert, alte Allianzen mobilisiert. Mit der Folge, dass tatsächlich eine Zeitenwende vor der Tür zu stehen scheint: Mit dem glücklichen Zufall, dass Europa dabei keine Rolle mehr spielen wird.
So könnten die europäischen Völker erstmals nachhaltig Abschied nehmen von ihren eigenen ideologischen Machtphantasien und klug im Windschatten der globalen Hegemon-Konkurrenten Bergen, Tälern, Flüssen und Seen Europas – von der Luft und den Meeren ganz zu schweigen – die bewahrende Aufmerksamkeit und Sorge schenken, die sie so dringend nötig haben.
Dazu bedarf es keiner internationalen Allianzen, in denen man sowie so nur die zweite oder dritte Geige zu spielen hätte, dazu bedarf er lediglich der Solidarität der Nachbarn landauf, landab, europaweit. Der Regionalismus würde dann der Zukunft seine wohltuende Handschrift verleihen – zum Wohle der Natur, deren Teil die Menschen waren, sind und sein werden.