23 Aug

Europa – Meditation # 460

„Nur wer hoch steht, kann auch tief fallen.“

Es beginnt mit einem großen Fest einer illustren Gesellschaft. Man feiert einen großen Sieg in einem großen Prozess – dabei ging es um sehr viel Geld. Nun soll dem Gott Pluto gehuldigt werden, denn der stand wohl auf ihrer Seite – mit Wein, Weib und Gesang. So machen das die scheinbar Großen dieses kleinen Planeten schon eh und je. Möglichst ohne Zaungäste – also am besten dann wohl vor der Küste auf See vor Anker, in einem Juwel von Segelschiff.

Und dann sinken alle in den weichen Armen von Morpheus, dem Gott der Träume, in einen erlösenden Schlaf. Kopf und Bauch arbeiten währenddessen weiter an den Altlasten des ausschweifenden Gastmahls an Bord. Drumherum zunehmend schwere See vor Morgengrauen. Als wäre es ein mythisches Bild zeitloser Hybris der Sterblichen, die sich bei solchen Gelegenheit schier unsterblich wähnen.

Aber die Natur, die Herrin im Haus der Menschen, ist eine strenge Lehrmeisterin. Während die schlecht Schlafenden auf ihrer Prachtyacht auch noch schlecht träumen und sich in ihren Kojen hin und her wälzen, sind auch die Wachposten oben an Deck nicht auf dem Laufenden. Sie haben keine Lust auf Dienst – zumal die Bezahlung äußerst mäßig ist – sollen die doch ihren Mist selber machen. Und schon hat auch sie der schmunzelnden Morpheus in seinen Armen.

Poseidon aber, der zornige Meeresgott, der nicht nur den listenreichen Odysseus zehn Jahre vor sich her trieb, hat es längst satt, die Verschmutzung seiner heiligen Gewässer länger tatenlos mitansehen zu müssen – Öl, Plastik, riesige Netze, Wracks mit gefährlicher Ladung an Bord, die Abfälle dieser grotesk großen Vergnügungsluxusliner, die Liste könnte er noch lange verlängern – er hat sich mit längst mit Vulcanus verabredet: beide wollen dafür sorgen, dass die Menschen wieder in ihre Grenzen gewiesen werden: Tsunamis, Überschwemmungen, Wirbelstürme, Erdbeben und Vulkanausbrüche wollen sie als Mittel einsetzen, die übermütigen Naturzerstörer in ihre Schranken zu weisen.

So könnten sie, wenn sie ihren Verstand sinnvoll einsetzten, an diesem Unglück, das sich da vor der Küste von Palermo nachts ereignete, ablesen, wer sie sind und was sie dürfen und eben auch, was sie alles nicht können, diese dummen alles besser Wisser, die sie sind!

Erschrocken könnten sie an diesem Beispiel nicht nur sehen, dass der, der hoch steht, auch tief fallen kann, sondern dass jeder zu jedem Zeitpunkt vor der Natur ein hilfloser Zwerg ist, der nur im Bewusstsein seiner eigenen Hinfälligkeit achtsam und vorsichtig mit sich und seiner Umgebung umgehen sollte, damit er den achtlosen Zufällen mit Würde und Einverständnis begegnen kann.

Also keine Häme, kein Hohn, keine Schadenfreude – wo auch immer wir stehen, wir sind und bleiben uns so unendlich ähnlich in unseren Ängsten, Sehnsüchten und Träumen. Und jeder Augenblick kann für jeden der letzte sein – oben, unten oder in der Mitte; das spielt absolut keine Rolle. Sind es doch alles nichts anderes als Rollen in einem Theaterstück, dessen Skript nicht in unseren Hand liegt und dessen Ausgang ebenso nicht. Solch ein Unglück sollte jeden von uns daran erinnern, dass es immer eine Katastrophe ist, wem auch immer es geschieht. Und auch sollten wir keine Gaffer sein, die ihre Sensationsgier an solch einem Ereignis kühlen wollen. Vielmehr sollten wir immer glücklich sein, wenn uns andere spontan in unserer Not zu Hilfe eilen

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