28 Nov.

Europa – Fortsetzung der alten Geschichte # 178

Wie der gekränkte Liebhaber, Zeus, doch noch Rache nehmen will.

Der Obergott liegt auf seinem weichen Diwan – Hera, seine Gattin, liest nebenan mal wieder seiner Tochter Athena die Leviten – und weidet sich an seiner schlechten Laune: Die stolze Prinzessin aus Phönizien! Sie hat ihn sitzen lassen! Dabei hatte der Trick mit dem Stier doch gut geklappt. Jetzt spielt sie in Kreta mit ihren Söhne die Regentin. Unerträglich. Und seine Brüder? Kein Verlass auf deren Hilfe.

„Wenn ich jetzt nicht selbst handle, ist sicher die letzte Gelegenheit vertan!“ sinniert Zeus vor sich hin. Wütend starrt er in seinen Pokal. Er hat keinen Durst mehr. Ihm ist übel.

„Vater, was sagst du denn dazu?“ ruft Athena empört, als sie plötzlich herein stürmt. Hera hatte ihr gerade erklärt, es sei unschicklich, jungen Männern in Athen Beistand zu versprechen: Der zu zahlende Tribut an Kreta sei nun mal zu zahlen. Punkt.

„Ich? Äh, also, ich, äh…“ Zeus weiß nicht, was er Kluges seiner Tochter antworten könnte. Dann beginnt er aber einfach zu sprechen und wundert sich selbst, was dabei aus ihm heraus sprudelt:

„Och, ich wollte sowie so demnächst mal wieder nach Kreta fliegen, da könnte ich ja versuchen, beim Rat der Alten ein paar Ideen in dieser Tribut-Geschichte vorzuschlagen.“

„Wirklich? Das würdest du tun?“ Athena umarmt ihren Vater überschwänglich und küsst ihn auf seine uralten Lederwangen.

„Danke, danke, danke!“

„Schon gut, schon gut!“ erwidert Zeus geschmeichelt Athena. Jetzt hat er sogar einen triftigen Grund, nach Kreta zu reisen. Hera kann also keinen Verdacht schöpfen.

Hera wundert sich zwar, wieso er gleich heute noch los will, aber was soll’s? Im Grunde ist sie froh, wenn ihr Mann mal wieder frische Luft schnuppern geht. Nur hier im Olymp herum hängen, tut ihm gar nicht gut. Nur schlechte Laune tagein tagaus.

Und schon macht er sich auf den Weg. Athena und Hera winken noch hinter ihm her.

Was ist denn da los? Zeus wundert sich, dass im Hafen von Heraklion so viele Kreter herum laufen, sogar der Rat der Alten ist vor Ort. Was geht da vor? Dann hält er erschrocken die Luft an: Da ist sie ja, diese arrogante Frau. Europa. Wie sie lächelt, wie sie ihre Söhne anstrahlt! Ekelhaft. Sicher alles nur Theater, denkt Zeus. Aber er will die Gelegenheit gleich beim Schopfe fassen. Federleicht mischt er sich unter die Leute und schon steht er neben Berberdus, dem Ratsvorsitzenden.

„Was gibt es denn da zu jubeln? Die Fremde bringt doch nur Unglück über die Insel.“ zischt Zeus dem Alten ins Ohr. Berberdus dreht sich verdutzt um, starrt den Mann einen Augenblick misstrauisch an.

„Ganz meine Meinung, Mann! Aber da ist wohl nichts zu machen.“ Hasserfüllt schaut er dabei Europa, Chandaraissa, Cathuro und den beiden Zwillingskindern hinterher. Die genießen den freundlichen Empfang sehr. Damit hatten sie gar nicht gerechnet.

Das läuft ja hervorragend, geht es Zeus durch den Kopf. Mit feinem Grinsen erwidert er Berberdus bedeutungsvoll orakelnd:

„So? Geht in den Köpfen der Kreter nicht ein ganz anderer Gedanke um? Soll die Regentin nicht krank sein, kurz vor dem Ende…?“

Berberdus gibt völlig überrascht dem orakelnden Fremden ein Zeichen ihm zu folgen. Ihm kommt es so vor, als träume er: ein Ende, kurz bevor stehend?

„Die Ratsherren treffen sich noch in meinem Haus nachher. Wollt ihr nicht mitkommen?“

„Aber ja doch, gerne!“ zwitschert Zeus zuckersüß.

Und während Europa und die anderen Ankömmlinge unter dem Beifall der Kreter zum Palast hinauf gehen, werden im Innenhof von Berberdus prächtigem Haus die Fackeln angezündet. Es gibt reichlich Brot und Wein, Käse und in einer würzigen Tunke saftige Oliven.

Der Gast – er nennt sich Suezzos – fühlt sich sehr wohl in dieser Runde und auch die Ratsherren haben ein gutes Gefühl mit ihm: er scheint wie sie nicht viel von Europa zu halten. Gut. Sehr gut.

22 Nov.

Europa – Meditation Nr. 471

Warum denn in die Ferne schweifen?

Nein, wir müssen nicht in Utopien ausweichen.

Nein, wir müssen nicht nach Amerika blicken.

Wir können einfach vor Ort, Schritt für Schritt, gemeinsam an einem Neubeginn mitmachen.

Wie das?

Die Staatsform D e m o k r a t i e gerät mehr und mehr ins Gerede. Die Wahlergebnisse in den USA gäben doch ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sie längst medial und mit Geldmittel ausgehöhlt werde, so dass Ergebnisse erzeugt werden können, die immer mehr die eigene Abschaffung mit beinhalten können.

Und auch in Europa seien ähnliche Trends zu beklagen, weil immer mehr Gruppierungen mit in die Parlamente gespült werden, die doch bloß noch das Mittel der freien Wahl benutzen wollen, um das Modell als Ganzes abzuwickeln.

So oder so ähnlich tönen die Kassandrarufe der Pessimisten und akademischen Klugmenschen, die im gleichen Atemzug auch gerne Weltuntergangsszenarien ausmalen, um ordentlich Angst zu machen und/oder auch Schuldgefühle rüber zu reichen.

Damit schafft man aber keine Bereitschaft, gemeinsam ein optimistisches Zukunftsbild glaubhaft auszumalen und auch gemeinsam zu beginnen, es gemeinsam zu gestalten. Nein. So nicht.

Wem also die Utopien zu utopisch sind, die düsteren Orakelsprüche zu düster, dann sollte man vielleicht bescheiden da anfangen, wo man (Frau wie Mann) selbst mit anfangen kann: Vor Ort.

Was bewegt denn hierzulande die Menschen?

Das Thema Gewalt – gar nicht mal Ukraine oder Gaza im Kopf dabei, sondern die eigene Erfahrungswelt draußen vor der Tür:

Keine Verbindlichkeit mehr im Alltag – wenn man auf den Bus wartet oder an der Supermarktkasse,

Keine Hilfsbereitschaft mehr im Alltag – wenn man ratlos nach dem Weg sucht oder jemand an die Wand gedrückt wird,

Keine Solidarität mehr im Alltag – wenn Frauen mies angemacht oder sogar bedroht werden.

Was tun?

Wie wäre es, wenn man den „Wahlkämpfern“ die Pistole auf die Brust setzte und sagen würde: „Wenn du meine Stimme haben möchtest, dann nur dann, wenn du dich vehement für die schnelle Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes einsetzen wirst, wenn du ohne wenn und aber die Neuregelung von & 218 mittragen wirst und wenn du die Mittel für Bildung auf 5.5% des Sozialprodukts hochfährst, damit wir zumindest mal über dem OECD-Durchschnitt (!) liegen – aber zum Beispiel von Norwegen noch meilenweit entfernt sind? „

Das wären doch mal drei ziemlich konkrete und nachvollziehbare Forderungen, die auch unserem Nachbarn zugute kommen würden, nicht nur uns und überhaupt nicht utopisch, sondern bloß bisher nicht von unseren Parlamentariern umgesetzt!

„Und nur wenn du dich zu diesen drei Basics verpflichtest, werde ich dich wählen. Und nicht nur ich, sondern auch Millionen andere.“

Das wäre doch mal eine Ansage!

Und was für gute Stimmung würde das schaffen! Jetzt schon bei den Wahlveranstaltungen und natürlich auch hinterher, wenn es an die konkrete Umsetzung gehen wird!

Jeden Tag geht das Wahlvolk zu den Wählständen und stellt diese drei Forderungen als conditio sine qua non! Únd in den social media werden jeden Tag die Frauen (Männer natürlich gerne auch) darüber untereinander palavern und nicht locker lassen, sich solidarisieren und jeden Tag wiederholen, worin die drei Bedingungen bestehen, um vom Wahlvolk auch gewählt zu werden.

Wäre das nicht ein überwältigendes Beispiel dafür, dass das Volk, das ja herrschen soll und bloß aus organisatorischen Gründen die Abwicklung der eigenen Pläne an Vertreter delegiert, weiß, was es will und darauf besteht, dass es auch geschieht?

21 Nov.

Europa – Meditation # 470

Die Spirale der Gewalt: home made by the patrix

Gestern Abend – beste Sendezeit – ein Film zum Thema Vergewaltigung aus Sicht der Frau, die nicht länger Opfer sein will, die die ganze Wahrheit will: „Bis zur Wahrheit“ mit Maria Furtwängler. Und hinterher sogar noch eine Diskussion bei Maischberger, die es auf den Punkt brachte: Wo sind die Männer, die Täter? Und passend dazu gab es bereits in den Abendnachrichten die neuesten Zahlen zum Thema „Gewalt gegen Frauen“: Trend? Zunehmend! Häusliche Gewalt, Femizide, Vergewaltigungen.

Ist das wirklich verwunderlich?

Es fällt zwar in allen Debatten auch immer wieder der Begriff des Patriarchats, aber die Zusammenhänge und Zwänge kommen einfach nicht in den Fokus. Warum wohl? Könnte es daran liegen, dass die Medien ebenfalls immer noch von Männern dominiert werden, die ungern an der Demontage ihrer Machtgespinste selber mithelfen wollen?

Und dann die Kriegsberichterstattung!

Ganz gleich, ob es nun Palästina, den Sudan, Äthiopien, die Ukraine oder den Jemen betrifft, überall töten sich junge Männer gegenseitig und nehmen dabei Frauen, Kinder und Alte als Kollateralschäden mit in Kauf. Den Außenstehenden scheint es abstrus, unerklärlich, unmenschlich und masochistisch zugleich, aber dass all das seine Ursprünge und Triebfeder im patriarchalischen Weltbild hat, das nun schon seit 10000 Jahren für so viel Leid sorgt, das will „Mann“ wohl einfach nicht sehen. Denn dann wäre Schluss mit seiner Dominanz und Privilegierung, er müsste teilen, Partner sein, nicht Angst schürender Patriarch, der seine eigene Bedürftigkeit mit Macht und Gewalt so lange schon zu kaschieren weiß.

Immer wieder kann man da nur auf das Theaterstück von Aristophanes verweisen: L Y S I S T R A T A.

Scheinbar bloß eine K o m ö d i e aus dem Jahre 411 vor unserer Zeitrechnung – auch damals war Krieg das bestimmende Thema der Menschen: der Peloponnesische Krieg. Aber Lysistrata weiß um die Schwäche der Männer und weiß sie zu nutzen: Sie überzeugt die Frauen, sich so lange den Männern zu verweigern, bis sie endlich vom Töten ablassen.

Was würde geschehen, wenn heute – übers internet – sich alle Frauen verbündeten und sich so lange verweigerten, bis sie einem gewaltfreien Geschlechtervertrag zustimmten? Eine Utopie? Wieso? Nur so lange, wie Frauen meinen, das war doch immer schon so, was soll man da machen?

Nein, es bleibt nur so lange so, wie Frauen an diesem ausgeleierten Satz hängen bleiben wollen. So einfach ist das und so nahe die nicht nur denkbare Wendung. Man kann also im internet nicht nur via Paket-Dienst materielle Güter bestellen, nein, Frauen und natürlich auch die Männer, die den Unsinn und das Erfundene am Patriarchat zuzugeben bereit sind, können sich global ganz lustvoll verständigen: Wir schaffen es ab. Basta. Es reicht. Wir sind sogar die Mehrheit!

Dann hätten Frauen und Männer nicht nur die Möglichkeit, angstfreie Beziehungen miteinander zu führen, nein, sie hätten auch die Kraft und den Willen, gemeinsam den geschundenen Planeten (auch eine üble Machenschaft des Patriarchats!) zu heilen und damit zu retten.

Vor vier Jahren und in diesem November erneut hat ein Trampel von Mann mit seinen Lügen Millionen von Menschen überzeugen können, dass er der richtige für sie ist. Die meisten hier in Europa hielten das für ausgeschlossen. Aber sie wurden durch die rüde Wirklichkeit eines Besseren belehrt. Warum sollten nicht starke Frauen mit der offensichtlichen Wahrheit über das Patriarchat nicht auch Millionen Menschen überzeugen können, dass sie nicht nur Recht haben, sondern dass es richtig und überlebenswichtig ist, ihrer Botschaft zu folgen?