Europa – Meditation # 464
Wie kann das sein? Diese Gleichzeitigkeiten!
In Osteuropa Flutwellen, zerstörte Häuser, ertrunkene Menschen, verzweifelte Familien, leere Kassen, im Nahen Osten explodierende Mordinstrumente, die heimtückisch Menschen aus dem Leben reißen oder zu Invaliden machen, in Übersee ein Tumbethor und Trampel, der über alle Medien seine kleinen verqueren Geschichtchen ausposaunen kann und gute Chancen hat, bald wieder auch am Knopf eines atomaren Armageddon spielen zu dürfen, als ginge es um Klickern kleiner Jungen, die kichernd kurz mal die Welt aus den Angeln heben wollen, nur kurz und einfach so. Spaß muss sein!
Und im Libanon, wo Millionen geflüchteter Syrer und Palästinenser in ihrer Angst, Wut und Zorn nicht mehr wissen, ob sie am nächsten Tag noch leben werden oder von Drohnen ausgelöscht sind. Und in den wohlstandsverwöhnten Breiten Mitteleuropas nichts als besserwisserische Pharisäer, die sich wegen Wärmepumpen echauffieren und ihre Mitverantwortung im Gemeinschaftsprojekt Demokratie gerne anderen überlassen, denn das Ringen um Lösungen finden sie natürlich öde, unter ihrer Würde, wissen sie doch immer schon, was richtig wäre, nur die da oben streiten sich, als lägen die notwendigen Veränderungsprojekte nicht längst in den Schubladen – wie 1932/33, als man auch die notwendigen Investitionen nicht tätigte – der Staat hätte investieren müssen, Schulden machen müssen, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, stattdessen sparte man sich kaputt, sodass ein Schreihals – wie der Rattenfänger von Hameln – leichtes Spiel mit den arbeitslosen Menschen hatte. In Scharen rannten sie nun auch schreiend hinter ihm her, der „Schuldige“ war natürlich auch gleich gefunden und die Straße in den fürchterlichen Untergang geebnet.
Das Mittelmeer um 9° zu warm, die Feuchtigkeit regnet sich wie aus einem Schwamm gewrungen bräsigst über den Alpen und drum herum langsam und genüsslich ab und die betroffenen Menschen tun so, als wäre es Gottes Strafe oder Zufall oder Routine, ist es doch einfach nur e i n e von vielen Möglichkeiten, wie die Natur mit dem CO² – Ballast umgeht. Sie lässt sich nicht betrügen, vertrösten oder bestechen. Sie ist immer bei sich selbst. Zwar kann der Mensch mit seinen Wissenschaften vieles in Zahlen darstellen und erklären, aber die notwendigen, radikalen Kehrtwenden kann er sich seiner Bequemlichkeit und seiner Verwöhnung und Dienstleistungsmentalitiät einfach nicht abringen.
Also sollte er nicht so tun, als durchschaue er den Lügner in Übersee, sei ein Durchblicker sondergleichen, wo er sich doch mit gleicher Münze einen in die Tasche lügt, wenn es um die anstehenden Ausstiegsszenarien geht, um zumindest das Tempo der Erderwärmung abzubremsen. Statt dessen stellt sich ein stattliches Mannsbild stolz vor die Kamera und verkündet lautstark: „Selbstverständlich werden wir den Verbrenner-Motor weiter favorisieren, selbstverständlich!“ Und die Medien schicken die Botschaft brav wie jede andere auch in den Äther, als ginge es bloß um eine Stefan-Raab-Show!
Das Zeitalter der Aufklärung steht den Europäern wohl erst bevor.