Somythall
will zusammen mit Pippa nach Yrrlanth zurück.
Marcellus
ist längst wieder in der Villa Marcellina. Der König der Franken
hat ihn reich beschenkt ziehen lassen. Wird nun die Zukunft der Römer
rosiger aussehen? Als Marcellus seinem Sohn von den Lehen erzählt,
die nun ihm anvertraut sind, weiß Julianus nicht, ob er sich darüber
freuen soll oder ob dahinter ein schlimmer Plan des Frankenkönigs
steckt und er sogar in großer Gefahr schwebt. Vater und Sohn kommen
insgeheim überein, ihre Villa noch mehr zu befestigen und
gleichzeitig Chlotar gegenüber Loyalität walten zu lassen.
„Mein
Sohn, unser Leben als Römer in Reich der Franken ist alles andere
als sicher. Aber auch das von Chlotar ist umstellt von Unheil und
Verrätern. Wir müssen noch mehr auf der Hut sein als bisher.“
Julianus
entgeht das Zittern in der Stimme des Vaters nicht. Doch er antwortet
in festem Ton:
„Mein
Vater, unsere Götter werden uns auch weiter beistehen, wenn wir
ihnen opfern nach alter Sitte. Der Christengott, an den dieser junge
König zu glauben vorgibt, ist ein weinerlicher Dämon. Und der
Bischof Arnulf ist das beste Beispiel für die Schwäche dieses
Dämons. Wie hätte er sonst so eine Untat zulassen können?“
Marcellus
nickt fast unmerklich.
„Da stimme
ich dir zu. Und deshalb werde ich meine senatorischen Freunde erneut
zu uns in die Villa einladen, um mit ihnen zu beraten, wie wir uns
besser wappnen können gegen neue Anschläge.“
Julianus ist
erleichtert. Sein Vater – ungebrochen und zuversichtlich zugleich –
ist und bleibt sein Vorbild.
„Und
unsere Gäste aus Yrrlanth? Willst du sie noch länger beherbergen?“
Er weiß
selbst nicht, warum er gerade jetzt diese Frage stellt. Sein Vater
schaut ihn ungehalten an.
„Warum
fragst du? Sie werden sicher ihre Pläne haben. Unsere
Gastfreundschaft ist ihnen selbstverständlich weiter sicher.“
Während
sich Vater und Sohn in der Bibliothek der Villa gerade unterhalten,
sprechen auch Somythall und Pippa im Gästehaus miteinander:
„Sobald
Sumila kein Fieber mehr hat, sollten wir aufbrechen – oder was
meinst du, Pippa?“ fragt Somythall ihre neue Freundin. Dabei
schauen sie besorgt auf das fiebernde Kind, das einfach keinen Schlaf
findet.
„Wird der
junge Römer mit uns kommen?“
Pippas Frage
trifft Somythall mitten ins Herz. Sie weiß, dass Julianus nicht
von der
Seite seines Vaters weichen wird. Sie hatten nach ihrer traumhaft
schönen Nacht im Tempel der Diana lange darüber gesprochen. Sie
waren beide den Tränen nahe gewesen; beide wussten, dass sie keine
gemeinsame Zukunft haben könnten. Somythall fühlt sich von ihrer
Göttin aufgefordert, in ihrer Heimat die fast schon vergessene
Botschaft vom Glück zusammen mit ihrer Tochter vorzuleben und
weiterzugeben, und Julianus weiß, dass er als Römer die Villa
Marcellina mit all ihren Menschen verteidigen muss. Für beide
zusammen bietet ihnen ihr Schicksal keine Zukunft an. Das tut sehr
weh. Somythall schüttelt ihren Kopf:
„Nein,
Pippa, der junge Römer sieht hier am Liger seine Aufgabe; er muss
das, was seine Vorfahren ihm anvertrauen, gegen den drohenden Zerfall
schützen.“
Pippa schaut
Somythall lange an. Sie sieht, wie sich Tränen in ihren Augen
bilden.
„Dafür
komme ich mit dir; und ich schwöre dir, ich werde alles tun, dir…“
„Pst! Sag
es nicht! Es soll ein geheimes Band sein und bleiben – zwischen uns
beiden. Es gibt mir schon jetzt große Kraft!“
Dabei nimmt
Somythall Pippa in ihre Arme. So stehen sie lange schwer atmend da.
Die große Göttin hält schützend ihre Hände über sie. Und Sumila
hat endlich Schlaf gefunden.
„Wenn das
Wetter weiter so trocken bleibt, können wir sicher schon bald
aufbrechen. Es ist noch eine weite und nicht ungefährliche Reise“,
flüstert Somythall Pippa ins Ohr.
„Schau,
Sumila schläft!“ Pippa hat endlich zu sich gefunden. Nie hätte
sie gedacht, dass sie an der Seite dieser jungen Frau ihre Heimat
verlassen würde. Jetzt erscheint ihr alles wie vorherbestimmt. Hatte
nicht schon die Alte in Lutetia so etwas geweissagt, als sie mit
Pippin heimlich zu ihr geschlichen war? Sie will es gerne glauben. Es
fühlt sich richtig gut an. All ihre Ängste wie weggeblasen, all
ihre Sorgen lösen sich gerade in nichts auf. Und als sie jetzt
Somythall in die Augen schaut, schwört sie sich, nie mehr von ihrer
Seite zu weichen.
Später geht
Julianus noch einmal zum Tempel der Diana. Er will die Göttin
anflehen, Somythall umzustimmen, zum Bleiben zu bewegen. Oder sollte
er sich nicht besser gleich an Sol Invictus wenden oder vielleicht
sogar an Mithras? Er muss alles versuchen – hatte er nicht neulich
erst geträumt, sie würden am Altar des Mithras ihr Eheversprechen
ablegen? Und hatte er dabei nicht sogar die kleine Sumila im Arm?