24 Nov

Europa – Meditation # 365

Pharisäer unter Pharisäern.

„Wir wollen doch nur spielen!“

„Sport ist das harmlosteste social project ever!“

„Wenn Menschen gegen Menschen sportlich im Wettkampf streiten, dann ist das völlig unpolitisch und vollkommen fair-play. Harmlos, aufregend und friedlich zugleich.“

Aber.

Der Sport ist längst nicht mehr nur die schönste Freizeitbeschäftigung der Welt, sondern – gerade weil sie das ist – auch zugleich eine unheilige Kuh, die jeder melken möchte. Und da kommt dann hinter dem sportlichen Ehrgeiz die Geldgier hervor, die unter dem Mantel des sportlichen Wettstreits zusammen mit der Welt der Werbung soviel Geld generiert, dass einem schwindlig wird. Mbappé lässt grüßen.

Sie stehen im Rampenlicht. Die Medien sorgen für permanente Präsens. Die Zuschauer wollen unterhalten werden. Sie geben Urteile ab. Natürlich muss fair-play auf dem Platz und null-randale auf den Rängen knallhart abgeliefert werden, sonst…

Ja, was denn sonst?

Was jetzt medial und individuell Tag für Tag so läuft, ist demgegenüber recht bescheiden.

Der Zuschauer hat gut reden, er ist Zaungast.

Nein, ist er nicht. Er ist ebenso Player, nur in einer anderen Rolle.

Also sollte er auch diese WM boykottieren, weil sie – vom Veranstalter wie vom Betreiber – nach Spielregeln abläuft, die mit der Fairness im Sport nicht kompatibel sind?

Der Zuschauer hat – weil er Konsument ist und damit zentraler Faktor im TV-Business – eine machtvolle Position, die längst deutlich ist, weil die Einschaltquoten entweder Geld bedeutet oder eben Flop und damit kein Geld.

Was wäre denn, wenn die Medien-Arbeiter genauso wie die Medien-Nutzer aufhören würden, lästernd über die Großverdiener im Sport-business herzuziehen und stattdessen selbst massiv auf die Bremse träten und laut zu verstehen gäben: Bis hierhin und nicht weiter!

In der Pandemie wirkten die leeren Stadien für die Spieler wie peinliche Echoräume von Trainern und Ersatzspielern, doch da die Medien weiter 100% lieferten, war der Zuschauer weiter dabei.

Was wäre denn, wenn die Stadien weiter mit bezahlten Claqueuren voll blieben, die Einschaltquoten aber gegen null gingen?

24 Nov

Leseprobe: YRRLANTH – Historischer Roman – Blatt 159

Der wankelmütige König schmeichelt Marcellus.

Noch ganz unter dem Einfluss des harten Richterspruchs des Königs stehen die Männer in der niedrigen Aula benommen da. Wie das böse Zischen giftiger Schlangen klingt das aufgebrachte Geflüster durch den Raum. Auch Marcellus und Philippus fühlen sich unwohl. Gerade werden der Hofmeister und der Truchseß des Königs von vier Soldaten ebenfalls unsanft hinaus geschubst – in den Beginn ihrer Verbannung.

Da öffnet sich erneut die Doppeltür, durch die gerade erst der König verschwunden war. Drei seiner engsten Vertrauten treten vor, die Männer im Saal brechen irritiert ihr Geflüster ab.

„Was hat das zu bedeuten?“ fragt Marcellus seinen treuen Begleiter. Doch bevor der zu einer Antwort anheben kann, räuspert sich Egilo, ein Neffe des Königs und näselt seine Sätze in die plötzliche Stille:

„Da unser Herr König seine Treuen belohnen will, lässt er hiermit sagen, dass die Güter von Bischof Arnulf als Lehen an den Sohn des Römers Marcellus fallen. Arnulf hatte sie Pippin überlassen. Der aber ist beim Überfalls auf die römische Villa gefallen. Der König wird unverzüglich die Urkunde dazu schreiben und unterzeichnen lassen.“

Marcellus weiß nicht, ob er sich über diese Gunsterweisung freuen soll oder ob er sich Sorgen um seinen Sohn Julianus machen muss. Da tritt aber auch schon der zweite Gefolgsmann des Königs neben Egilo, Audomar, der sogar lesen und schreiben können soll:

„Da unser Herr König“, beginnt er laut und herrisch zu sprechen, „erfahren hat, dass Bischof Arnulf den Tempel der Diana in der Villa Marcellina niederreißen lassen wollte, wird er dem Römer Weihrauch und Myrrhe schenken, um ihre Göttin wieder zu versöhnen.“

Hektische Blicke gehen hin und her. Will der König etwa die alten Götter – Mithras und Baubo etwa – wieder aus dem Sack lassen? Viele starren dabei nun Marcellus unfreundlich an: Will dieser Römer sich bei unserem König einschmeicheln? Hat er ihn bestochen? Da tritt aber auch schon der dritte Gefolgsmann, Bodebert, Chlotars zukünftiger Schwiegersohn, nach vorne, hebt eine Hand, um dem Gemurre ein Ende zu machen, und sagt dann:

„Unserem Herrn König ist außerdem berichtet worden, dass der Bischof die Villa zu seinem Landsitz machen wollte, um über die dortigen Steuereinnahmen seine Schulden zu tilgen.“

Da wird die Unruhe im Saal aber richtig laut: Was sollen diese nachträglichen Beschuldigungen, was bezweckt ihr König damit?