12 Mai

Europa – Meditation # 338

Wenn der Tobi mit dem Marke markige Sprüche schnitzt.

Steht doch heute in einer überregionalen Zeitung ein Artikel von den beiden Printmännern Tobi und Marke, die unbedingt auch einen ordentlichen Beitrag zur Steigerung der Auflage abliefern wollten, dass es schon ziemlich peinlich war, wenn „unsere Verteidigungsministerin“ (ach waren das noch gute Zeiten, als ein gestandener Mann dieses Amt innehatte, dem missgünstige Journalisten am Zeug flicken mussten, weil er seine Diss etwas zu elegant aufgepeppt hatte!), wenn also unsere Ministerin für Verteidigung in Mali keine Kampfstiefel anhatte, wenn sie einen wichtigen terminus technikus der Marine falsch rüber brachte und jetzt auch noch ihren Sohn im Hubschrauber mitnahm.

Eine Schande, echt – oder?

Also haben diese Jungmänner wirklich keine anderen Themen angesichts der chaotischen Weltzustände im überhitzten Indien oder im schwitzenden Eismeer – um nur zwei Randthemen (verglichen mit Pumps und Flugregeln und Begriffsfeinheiten) zu nennen – oder im strangulierten Donbass?

Am liebsten möchten sie wahrscheinlich wieder so jemanden wie Angela Merkel: kinderlos, quasi mannlos und damit Tag und Nacht für staatliche Pflichten bis zum Anschlag ausbeutbar? Oder vielleicht wäre es ja auch besser – hier sei kurz noch einmal an Anne Spiegel erinnert (schon vergessen?!), die doch tatsächlich ihre Kinder und ihren Mann ins Spiel brachte, um ihre Pflichten zu relativieren – oder wäre es nicht am besten, wenn in unserer Verfassung (ähnlich wie im Regelwerk des heiligen Bernards von Clairvaux) für die Repräsentanten unserer Interessen das Zölibat eingeführt würde?

Auf jeden Fall Erbsen zählen. Das ist bodenständig, volksnah und auflagengünstig. Dass sich diese Printgrößen dabei verhalten wie die Zuschauer beim Fußballspiel, muss wohl gar nicht erst erwähnt werden: Da wissen nämlich auch alle alles besser als der Schiri und der Libero, der wieder mal nicht den langen Diagonalpass gespielt hat, sondern einfach nur quer rüber. Wahrscheinlich hat der auch zu lange mit seiner Ische in der letzten Nacht rumgemacht und ist einfach noch nicht bei der Sache. Geht gar nicht: Geschlechtsverkehr wird nur noch in den Ferien erlaubt – bei den Gehältern darf man das doch wohl fordern – oder?

Und vielleicht wäre es auf beiden Seiten der Krieg führenden Parteien zum Anbahnen von Friedensgesprächen hilfreich, wenn sich die Frauen hüben wie drüben alle in Lysistratas umtaufen ließen und sich bis auf weiteres jeder Annäherung verweigerten?!

11 Mai

Europa – Meditation # 337

Im Kaleidoskop schön geredeter Wahrheiten.

Lambrecht – wie man aus nichts einen scheinbar kritischen Beitrag strickt.

Baerbock – wie man seine Meinung schön ändern kann, ohne selbst als hohltönend dazustehen

Man reist mit der Bahn und Bus nach Butscha, als wollte man die Tulpenblütenpracht in Holland fotografieren, weltweit kann der Rest das Tatort Besuchen bei Chips und Dosenbier mit verfolgen. Echt spannend, echt unterhaltsam. Auch so ein Kitzel, dass man schön außer Reichweite von unvorhergesehenem Raketenbeschuss alles dennoch scheinbar hautnah mit verfolgen kann. Cool.

Voller unerbittlicher Häme schnappt man sich den Hubschrauber-Schnipsel aus den social media: „Frohe Ostern“ und so – alles prima gleichzeitig, und das Sägen am Ast des Feuerstuhls, auf dem jeder Verteidigungsminister, bzw. seit einiger Zeit selbstverständlich Ministerin, hockt, ist für die Medien einfach Grundkurs im Madig Machen – zumal man ja nicht selbst die Kastanien aus dem Feuer holen muss. Denn die Widersprüche einer Armee in einer Demokratie sind kaum einzuhegen: zu viele wollen gerade da die Grundsätze von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit verwirklicht sehen. Wie unbrüderlich, bzw. -schwesterlich allerdings das bashing auf Teufel komm raus eigentlich wirkt, geht angesichts der Überfülle an Tomaten-Weitwurf-Wettbewerben einfach unter.

Als Intermezzo dann mal kurz wieder ein paar Grundsatzlitaneien: Nichts ist mehr wie vorher (eigentlich auch schon nur noch ein müder Rülpser – hatten wir doch eben erst wegen der Pandemie), denn dieser völlig „unvorhersehbare“(!) Krieg eines Monsters verändert unsere friedliche Welt über Nacht in einen Albtraum. Wie bitte? Friedliche Welt? Nur weil sich die Entfernung zum Ort des blutigen Geschehens etwas verkürzt hat (vom nächsten Kontinent nun zum nächsten Nachbarn), sollten wir nicht so naiv sein und uns die Vergangenheit schön reden.

Überhaupt zeigt sich in diesen Tagen das alte Lied lediglich in neuem Gewande: In – scheinbar in Dauerschleife eingenickt – blitzblanken Talkshows mit glänzendem Mobiliar und unterhaltsamen Filmchen in between kann der ach so kritische und unabhängige Zuschauer sich selbst ein Bildchen machen von den zurecht geschnittenen Bilderschnipseln in der Tagesschau oder ähnlichen Formaten. Natürlich mit ernst besorgter Miene, ausgewogen und emphatisch zugleich zeigen sich die Europäer von ihrer Schokoladenseite; schließlich unterstützt man die Helden am Dnjepr mit Solidaradressen, Fronttourismus und Hardware, gleichzeitig starren die potentiellen Häuslebauer auf die Börsenkurse und die Zinsveränderungen. Schnell noch einen günstigen Kredit an Land ziehen – man ist ja mit allen Wassern gewaschen; genau wie dieser Präsident, der da alleine locker über die Kiewer Avenue schlendert – kein Problem: die paradierenden Bataillone, Fahrzeuge samt Blasmusik können wir uns auch so schön vorstellen.

08 Mai

Europa – Fortsetzung der alten Geschichte # 138

Krisensitzung der Olympier auf Kreta.

Talos, der Riese, der Kreta eigentlich vor Piraten oder anderen feindlichen Kriegsschiffen schützen soll, liegt volltrunken im Gras. Er schnarcht, rülpst, furzt und grunzt abwechselnd vor sich hin. Ein jämmerliches Bild bietet sich den drei olympischen Brüdern. Ihr schöner Plan ist völlig daneben gegangen.

Zeus knurrt wie ein Tier vor sich hin. Seine Brüder schauen peinlich berührt ins Blaue.

„Was für ein Versager aber auch, dieser Mini-Riese!“ grummelt er vor sich hin. „Was für ein Versager!“

Hades geht für einen Augenblick der unschöne Gedanke durch den Kopf, dass eigentlich ein ganz anderer der „Versager“ zu sein hätte, eigentlich, aber blitzschnell verjagt er diesen kränkenden und peinlichen Gedanken aus seinem Kopf und sagt stattdessen:

„Mein lieber Bruder, wir sollten einfach die wichtigen Dinge nicht delegieren. Noch ist das Tanzfest, noch ist diese Europa ja noch nicht erfolgreich gewesen. Es bleibt uns immer noch genügend Zeit, unsere Macht den Frauen gegenüber unmissverständlich vorzuführen.

„Wenn die uns nicht mal vorführen!“

Wie ein Blitz aus der Hand des Bliltzeschleuderers huscht dieses Bild Poseidon durch sein Denken. Aber auch er verbietet sich sofort das Erinnern daran.

„Bruder, wir werden am Tag des Tanzfestes hier auf der Insel einfach als Pilger mit dabei sein und ohne viel Aufhebens Nägel mit Köpfen machen. Punkt.“

Poseidon ist erstaunt, dass er das gerade gesagt haben soll. Aber an der Reaktion seines Bruders sieht er, dass es wohl so wahr.

„Wie Recht ihr habt, ihr beiden. Genauso werden wir es machen.“

Dabei wirft Zeus noch einmal einen verächtlichen Blick auf den ächzenden Riesen, der da voller Krämpfe und Zucken seinen Rausch ausschläft.

„Kommt, verlassen wir diesen traurigen Ort. Wir sollten uns in der Bar auf dem Olymp einen ordentlichen Absacker gönnen. Den haben wir jetzt doch redlich verdient – oder?“

Die drei klatschen sich ab, lachen etwas verklemmt, und Zeus ärgert sich dabei über sich selbst, weil er schon wieder an diese Europa denken muss und die unglaubliche Nacht mit ihr in der Höhle hier oben.