10 Aug

Europa – Der Beginn einer neuen Geschichte – Meditation # 69

Europa – Meditation # 69 – Der Beginn einer neuen Geschichte, erzählt von Europäern

Wir Europäer leben seit Jahren in einer sogenannten Mediendemokratie, in der das Mantra lautet: Nach 1945 hätten die Europäer endlich verstanden, dass Krieg keine Option mehr ist, dass Frieden und Zusammenarbeit viel heilsamer seien. Und mit Hilfe der Freunde aus Übersee gelang dann auch ein Neubeginn, wie ihn Europa und die Welt noch nie gesehen hatten. Jetzt sei diese Entwicklung in eine bedenkliche Krise geraten – nicht nur ökonomisch, nein auch politisch, moralisch und kulturell – deshalb gölte es nun, sich zu besinnen, das begonnene EU-Modell zu reformieren. Und die Medien und das Internet werden nicht müde, dieses Mantra zu singen und zu sagen.

Währenddessen sind aber auch die Folgen dieser Nachkriegsentwicklung unübersehbar geworden: Klimaerwärmung, Menschen auf der Flucht, Bankenkrisen, Immobilienkrisen, Jugendarbeitslosigkeit, Rodung von Urwäldern für Tierfutterpflanzen, Kriege im Nahen und Fernen Osten, Treulosigkeit, Lügen, dass die Balken sich biegen – in den Konzernen genauso wie bei den Banken – und zu all dem noch eine Zunahme an Sinnverlust in Arbeit und Leben trotz Wohlstandsbergen und scheinbar stetig wachsendem Konsum. Und wegen des hohen Tempos der Veränderungen an der Oberfläche des kleinen Planeten und in der Atmosphäre, der Mülltütenströmungen in den sich langsam erwärmenden Meeren, beginnt die Angst ihr lukratives Geschäft mit den Menschen in Europa.

Mit Zinseszins und algorithmisch gesteuerten Wetten an den Weltbörsen schaffen die Wenigen für die Vielen existenzgefährdende Wirtschaftslagen. Und die politischen Parteien verkommen zu willkommenen Handlangern solch schlimmer Veränderungen. Sinkende Wahlbeteiligungen sprechen eine deutliche Sprache. Wir Europäer haben kein Vertrauen mehr in die verbrauchten Modelle der politischen Willensbildung und Repräsentation.

Solche und ähnlich gefährliche Gemengelagen werden zur Zeit in den Medien – ein Fest der Angstlust – bebildert, erzählt und kommentiert. Die Rückseite des Erfolgsmantras sozusagen. Der europäische Zeitgenosse soll sich bitte schön auf die alten Werte Europas besinnen!

Jenseits dieses Medien-Hypes kann man aber dieser Tage auch ganz andere Geschichten erzählt bekommen, in denen nicht von Angstmache und Molochen die Rede ist, sondern von lebensfrohen und mutigen Projekten (siehe der Dokumentarfilm: T O M O R R O W) kleiner Gruppen – jeweils so zwischen einhundert und zweihundert Menschen vielleicht – , die alle einfach so und ungefragt anfangen, neu nachzudenken, nicht alte Muster aufzupolieren, sondern die letzten 70 Jahre als eine schmerzliche Lehrzeit betrachten, in der die europäischen Staaten finanziell und geopolitisch bevormundet wurden vom großen Bruder, dem großherzigen, wie es schien. Dabei wurde Europa nur zur Plattform, auf der eine amerikanisch dominierte Nachkriegswirtschaft angekurbelt werden sollte. Die Nebenwirkungen dieses aggressiven Wirtschaftens schön ausgelagert nach Übersee in Gegenden, wo keine Luxusliner vor Anker gehen. Das gelang auch vordergründig sehr erfolgreich, die europäischen Juniorpartner konnte sogar mitprofitieren – fürs erste. Die derzeitige Führungsfigur des müde gewordenen westlichen Bündnisses verdeutlicht allerdings ungeschminkt, dass Profit die einzige Botschaft war und ist, die den sogenannten westlichen Freiheitsmythos beflügelte. Der Egoismus entpuppt sich endlich als das, was er ist: Ein menschenverachtendes Perpetuum Mobile.

Dem können wir Europäer uns solidarisch verweigern, in dem wir mit Gleichgesinnten und hilfsbereiten Nachbarn – auch über Landesgrenzen hinweg – das tun, was diesem geschundenen Planeten gut tut und den Menschen auch. Wir müssen nicht warten, bis in den Medien lauthals lamentiert wird, wo denn Zivilcourage und Besinnung auf das Wesentliche geblieben seien. Wir können einfach anfangen oder bei denen einsteigen, die bereits angefangen haben.

19 Jan

Europa – Verraten und verkauft? (Meditation # 56)

Die Trompete tönt laut. Was können wir Europäer damit anfangen? Eine ganze Menge!

Lieb gewonnene Gewohnheiten gibt es nicht nur beim Tee Trinken oder Tennis Spielen. Nein, sie gibt es auch im politischen Spiel: Alle vier Jahre wählt man den einen oder die andere, um sie im Parlament die nächsten vier Jahre das repräsentative Spiel der Parteien spielen zu lassen. Jedes Jahr lässt man von irgendjemandem die Steuererklärung machen, immer wieder zahlt man brav seine Beiträge zur Krankenversicherung, schaut nach Schnäppchen für den günstigsten Flug in den Urlaub, nutzt jeden verkaufsoffenen Sonntag, die vollen Regale zuhause noch etwas voller werden zu lassen. Kanzler oder Kanzlerinnen können einem Misstrauensvotum anheimfallen, Bischöfe können mit Hilfe der Aufklärungsarbeit der Medien bei unlauterem Tun ordentlich Schiffbruch erleiden. Und jeden Abend schaut man sich die Tagesschau an, um wieder eine Übungsstunde im politischen und wirtschaftlichen Vokabular mitzumachen: Das Schengen-Abkommen erhalten, die Vorteile der EU nicht leichtfertig über Bord gehen zu lassen, dem russischen Bären weiterhin treu zu misstrauen, und die besten Freunde, die Amerikaner nicht zu vergraulen. Gebetsmühlenartig wiederholt sich diese nachhaltig wirkende Unterrichtsstunde im TV jahrein, jahraus – von der Wirkung der großen Buchstaben und Bilder billiger Blätter ganz zu schweigen. So ist im Zeitgenossen ein scheinbar stabiles Denkgebäude entstanden, in das er wie selbstverständlich und gut versichert ein und aus geht: Geld regiert die Welt.

Wenn nun aber einer daherkommt und lauthals viele dieser liebgewonnenen Einschätzungen einfach demontiert, als wären es Lügengeschichten, Pappkameraden, Phrasen; dann horcht man auf, fühlt sich verunsichert und möchte so schnell wie möglich wieder auf der richtigen Seite des Denkens und Argumentierens stehen.

Oder sollte man nicht besser die unvorhergesehene Gelegenheit nutzen und selber einfach neu nachdenken?

  1. Was wäre denn so schlimm daran, wenn sich die sogenannte „Nachkriegs-Ordnung“ als überlebt herausstellen sollte? Könnte das nicht den Blick frei machen in eine neue europäische Gesamtschau?

  2. Was wäre denn so schlimm daran, wenn die Nato ebenfalls ein Auslaufmodell wäre, das überdacht werden dürfte? Könnte das nicht zu einer neuen Sicht der Dinge führen – vielleicht sogar kostengünstiger und europäischer?

  3. Was wäre denn so schlimm daran, wenn die EU endlich als das beschrieben würde, was sie in den letzten Jahrzehnten war: Eine üble finanzielle Schieflage zugunsten der Nordstaaten?

  4. Was wäre denn so schlimm daran, wenn sich die selbstbewussten Europäer endlich für so erwachsen erklärten, dass sie auf völlig neuer Vertragsbasis – eng vernetzt – ihre gemeinsamen und unterschiedlichen Interessen neu und fair definierten?

  5. Was wäre denn so schlimm daran, wenn 2017 in Europa ein Jahr der neuen Optionen würde, in dem gerne dem „America strong again“ ein „Europe – strong and total new“ entgegengesetzt würde?

  6. Was wäre denn so schlimm daran, wenn sich der neue Präsident der USA als ungewollter Wegbereiter einer neuen Ära herausstellte, die nachhaltig und den Planeten schonend endlich das lostritt, was tatsächlich ansteht: Ein Ende des blindwütigen Konsumierens, der Armut, des Hungers und der Ausbeutung der Erde?