06 Jan

YRRLANTH – Historischer Roman II – Blatt 165 – Leseprobe

König Chlotar zwingt seine Nebenfrau in einen bösen Plan.

Während sich Bordov mit seinem feigen Trupp auf den Weg zurück nach Lutetia macht, läuft ihm der Angstschweiß den Rücken hinunter: Der König wird toben. Dass in den Zweigen Vögel fröhlich zwitschern, ärgert ihn ziemlich. Der König wird ihn hinrichten lassen, sicher. Auch das Sonnenlicht ärgert ihn. Wie kann um ihn alles so hell und fröhlich sein? Nichts läuft so, wie es soll. Dieser junge Römer ist von keinem Baum erschlagen. Der König wird dabei böse grinsen. Nur weil ich diesen jungen Römer nicht aus dem Weg geräumt habe. Am liebsten würde er das Lumpenpack, das jetzt kleinlaut hinter ihm her trottet, einen nach dem anderen hängen lassen. Diese feigen Ratten.

Der König wartet unterdessen bereits sehr ungeduldig auf die Rückkehr seines Gefolgsmanns. Auf Bordov ist Verlass, denkt er zufrieden. Er liegt gerade mit Aemihilth auf weichem Bärenfell. Dem Sklaven hat er befohlen, niemanden vorzulassen, niemanden. Während er ihre warme, weiche Haut lüstern streichelt und sie wohlig dazu heftig atmet, ist er in einem seiner Lieblingstagträumen unterwegs: Mit den Einnahmen aus den großen Gütern dieses Römers am Liger wird er neue Söldner bezahlen können. Mit denen wird er sich nicht nur Burgund, nein, den gesamten Süden einverleiben. Da kommt ihm eine glänzende Idee:

„Aemihilth, geiles Weib, wie würde es dir gefallen“, und dabei fährt er ihr mit seiner Hand zwischen die gespreizten Beine, „die nächste Königin zu werden?“

Aemihilth hält den Atem an. Sie ist doppelt erregt. Diese Hand, sie soll unbedingt weiter machen, unbedingt. Und Königin werden? Unbedingt. Aber wie? Da hört sie ihn die Antwort in ihr Ohr stöhnen:

„Zweimal müsstest du mir nur einen kleinen Gefallen tun.“

„Was für einen Gefallen, mein König?“

„Der Königin im Schlaf etwas ins Ohr träufeln, sonst nichts.“

Aemihilth zittert. Ist es die Wollust oder ist es die Angst? Sie weiß es nicht. Aber sie will unbedingt Königin werden. Sie nickt und strahlt ihn dabei an.

„Und der zweite Gefallen?“

„Oh, du bist aber schnell, mein Vögelchen. Das ist eine etwas längere Geschichte.“

Und dann beginnt Chlotar ihr ausführlich von der Villa Marcellina zu erzählen. Von diesem Römer Marcellus und seinem Sohn Julianus. Sie soll sich an den Alten ran machen, ihn aushorchen und dann bei Gelegenheit

ihm ebenfalls etwas ins Ohr träufeln, wonach er nie mehr aufwachen wird. Sie hat sich inzwischen auf ihn gerollt, richtet sich nun auf und lässt ihn in sich eindringen. Wild stoßen sie sich ächzend in einen wüsten Orgasmus. Beide liegen schweißgebadet nun nebeneinander. Beide sind zufrieden mit sich. Beide glauben, ihren Träumen einen Schritt näher gekommen zu sein.

Der König ist eingeschlafen, schnarcht. Aemihilth kann es nicht fassen. Nur zwei kleine Gefallen ist sie noch vom Thron entfernt. Wie leicht es doch ist.

Chlotar ist traumlos in tiefen Schlaf gesunken. Seine Nebenfrau betrachtet ihn lüstern im Dämmerlicht. Ich werde ihn besiegen, er wird mein Sklave sein. Nur zwei kleine Gefallen muss ich ihm noch tun, nur zwei.

Als er später aufwacht, fällt sein Blick auf die nackte Frau neben ihm. Sie stellt sich schlafend. Gleich fällt er wieder über sie her. Sie duldet es, weil sie weiß, dass er schon bald ganz von ihr abhängig sein wird.

Da pocht es an der Tür des Schlafgemachs des Königs. Sein Sklave hatte den Auftrag, ab Mittag wieder Bittsteller vorzulassen.

„Was denn, was denn?“ knurrt der König, „habe ich dir nicht gesagt…“

„Es ist weit über Mittag, mein König!“ ruft sein Sklave von der anderen Seite der geschlossenen Tür. Weit über Mittag? Chlotar kann es nicht fassen. Dieses Weib, sie raubt mir die Zeit. Am liebsten würde er sie gleich wegschicken, für immer. Aber er braucht sie noch. Also reißt er sich zusammen, steigt brummend in seinen Kleider, weist Aemihilth zur hinteren Tür hinaus und öffnet die Haupttür.

„Was gibt es denn so Wichtiges?“ schnauzt er seinen Sklaven an. Der verbeugt sich ängstlich und meldet dann:

„Euer Gefolgsmann Bordov bittet um dringende Audienz!“

Bordov? Hat er schon umgesetzt, was ich angedeutet habe? Das wäre ja wunderbar, geht es dem König durch den Kopf. Wohlwollend grinsend antwortet er darauf seinem Sklaven:

„Schon gut, schon gut. Du bist ein guter Sklave, Wynibolth. Er soll kommen.“

Wynibolth verbeugt sich erleichtert und verschwindet Richtung Vorhaushalle.

Chlotar glaubt, dass seit seiner Taufe die Dinge viel besser laufen als vorher. Dieser Christengott scheint einen Narren an ihm gefressen zu haben. Wenn das so weiter geht, bin ich bald schon Herr über das gesamte ehemalige Gallien, denkt er selbstzufrieden. Und seine Nebenfrau träumt schon von seinem baldigen Ende.

18 Dez

YRRLANTH – Historischer Roman II Blatt 162 – Leseprobe

Chlotars Art, Gegner aus dem Weg räumen zu lassen.

Der König hängt gewissermaßen am schiefen Holztisch, stützt sich halbwegs dabei ab, starrt vor sich hin und lässt ab und an ein paar Worte fallen. Er träumt von einem großen Reich. So wie das Römische.

„Unser neuer Pächter, dieser Römersohn, könnte doch von einem umfallenden Baum erschlagen werden. Ein Unglück eben. Was meinst du, Bordov?“

Der gießt ihm ordentlich nach und nickt nur. Bordov weiß, wie man den König bei Laune hält. Nicken, trinken, rülpsen und grölen.

„So was passiert eben immer wieder in unseren Wäldern“, schiebt er rülpsend hinterher und kichert vor sich hin. Da beginnt auch der König zu rülpsen und zu nicken. Wenigstens einer hier in Lutetia, der weiß, was Gefolgschaft heißt.

„Und dieser Römer, Mazenus, oder so ähnlich, dem traue ich alles zu.“ Sein starrer Blick bekommt nach und nach eine ziemlich zornige Note. Bordov steht lauernd am Schreibpult und blättert lustlos in Papieren. Wenn er sich bei diesem Marcellus nur nicht mal verrechnet. Der ist nämlich nicht nur gebildet, kann lesen und schreiben, nein, der weiß auch eine Centurie erfolgreich zu führen. Das sag ich jetzt aber wohl besser nicht, geht es ihm durch den Kopf. So greift er Chlotars letzten Satz auf und flüstert hinterher:

„Wie wahr, wie wahr, mein König. Dieser Römer ist ja nicht einmal getauft.“ Das war jetzt aber das völlig verkehrte Stichwort. Denn wütend wirft Chlotar den klobigen Tisch um, Schüssel und Becher fallen scheppernd zu Boden, Bordov fährt erschrocken zusammen – fast hätte ihn der umfallende Tisch getroffen – , als der König grummelnd den Satz ausspuckt:

„Wenn schon der eigene Bischof Mordpläne schmiedet, wie teuflisch müssen da die Absichten eines ungetauften Römers erst sein?“

Nur das abflauende Hin- und Herkullern des Bechers ist noch in der plötzlichen Stille zu hören. Schließlich treffen sich ihre Blicke.„Verstanden?“

Bardov nickt eifrig. Und schon spielt er in seinem Hirn die Möglichkeiten durch, wie er die Laune seines Herrn nachhaltig bessern könnte.

„Und lass mich nicht zu lange warten, Bardov, verstanden?“

Ein Unterton schwingt dabei sehr bedrohlich mit durch den düsteren Raum:

des Königs Ungeduld ist ein hungriges Biest.

26 Nov

Leseprobe – YRRLANTH – Historischer Roman Blatt 160

Somythall will zusammen mit Pippa nach Yrrlanth zurück.

Marcellus ist längst wieder in der Villa Marcellina. Der König der Franken hat ihn reich beschenkt ziehen lassen. Wird nun die Zukunft der Römer rosiger aussehen? Als Marcellus seinem Sohn von den Lehen erzählt, die nun ihm anvertraut sind, weiß Julianus nicht, ob er sich darüber freuen soll oder ob dahinter ein schlimmer Plan des Frankenkönigs steckt und er sogar in großer Gefahr schwebt. Vater und Sohn kommen insgeheim überein, ihre Villa noch mehr zu befestigen und gleichzeitig Chlotar gegenüber Loyalität walten zu lassen.

„Mein Sohn, unser Leben als Römer in Reich der Franken ist alles andere als sicher. Aber auch das von Chlotar ist umstellt von Unheil und Verrätern. Wir müssen noch mehr auf der Hut sein als bisher.“

Julianus entgeht das Zittern in der Stimme des Vaters nicht. Doch er antwortet in festem Ton:

„Mein Vater, unsere Götter werden uns auch weiter beistehen, wenn wir ihnen opfern nach alter Sitte. Der Christengott, an den dieser junge König zu glauben vorgibt, ist ein weinerlicher Dämon. Und der Bischof Arnulf ist das beste Beispiel für die Schwäche dieses Dämons. Wie hätte er sonst so eine Untat zulassen können?“

Marcellus nickt fast unmerklich.

„Da stimme ich dir zu. Und deshalb werde ich meine senatorischen Freunde erneut zu uns in die Villa einladen, um mit ihnen zu beraten, wie wir uns besser wappnen können gegen neue Anschläge.“

Julianus ist erleichtert. Sein Vater – ungebrochen und zuversichtlich zugleich – ist und bleibt sein Vorbild.

„Und unsere Gäste aus Yrrlanth? Willst du sie noch länger beherbergen?“

Er weiß selbst nicht, warum er gerade jetzt diese Frage stellt. Sein Vater schaut ihn ungehalten an.

„Warum fragst du? Sie werden sicher ihre Pläne haben. Unsere Gastfreundschaft ist ihnen selbstverständlich weiter sicher.“

Während sich Vater und Sohn in der Bibliothek der Villa gerade unterhalten, sprechen auch Somythall und Pippa im Gästehaus miteinander:

„Sobald Sumila kein Fieber mehr hat, sollten wir aufbrechen – oder was meinst du, Pippa?“ fragt Somythall ihre neue Freundin. Dabei schauen sie besorgt auf das fiebernde Kind, das einfach keinen Schlaf findet.

„Wird der junge Römer mit uns kommen?“

Pippas Frage trifft Somythall mitten ins Herz. Sie weiß, dass Julianus nicht

von der Seite seines Vaters weichen wird. Sie hatten nach ihrer traumhaft schönen Nacht im Tempel der Diana lange darüber gesprochen. Sie waren beide den Tränen nahe gewesen; beide wussten, dass sie keine gemeinsame Zukunft haben könnten. Somythall fühlt sich von ihrer Göttin aufgefordert, in ihrer Heimat die fast schon vergessene Botschaft vom Glück zusammen mit ihrer Tochter vorzuleben und weiterzugeben, und Julianus weiß, dass er als Römer die Villa Marcellina mit all ihren Menschen verteidigen muss. Für beide zusammen bietet ihnen ihr Schicksal keine Zukunft an. Das tut sehr weh. Somythall schüttelt ihren Kopf:

„Nein, Pippa, der junge Römer sieht hier am Liger seine Aufgabe; er muss das, was seine Vorfahren ihm anvertrauen, gegen den drohenden Zerfall schützen.“

Pippa schaut Somythall lange an. Sie sieht, wie sich Tränen in ihren Augen bilden.

„Dafür komme ich mit dir; und ich schwöre dir, ich werde alles tun, dir…“

„Pst! Sag es nicht! Es soll ein geheimes Band sein und bleiben – zwischen uns beiden. Es gibt mir schon jetzt große Kraft!“

Dabei nimmt Somythall Pippa in ihre Arme. So stehen sie lange schwer atmend da. Die große Göttin hält schützend ihre Hände über sie. Und Sumila hat endlich Schlaf gefunden.

„Wenn das Wetter weiter so trocken bleibt, können wir sicher schon bald aufbrechen. Es ist noch eine weite und nicht ungefährliche Reise“, flüstert Somythall Pippa ins Ohr.

„Schau, Sumila schläft!“ Pippa hat endlich zu sich gefunden. Nie hätte sie gedacht, dass sie an der Seite dieser jungen Frau ihre Heimat verlassen würde. Jetzt erscheint ihr alles wie vorherbestimmt. Hatte nicht schon die Alte in Lutetia so etwas geweissagt, als sie mit Pippin heimlich zu ihr geschlichen war? Sie will es gerne glauben. Es fühlt sich richtig gut an. All ihre Ängste wie weggeblasen, all ihre Sorgen lösen sich gerade in nichts auf. Und als sie jetzt Somythall in die Augen schaut, schwört sie sich, nie mehr von ihrer Seite zu weichen.

Später geht Julianus noch einmal zum Tempel der Diana. Er will die Göttin anflehen, Somythall umzustimmen, zum Bleiben zu bewegen. Oder sollte er sich nicht besser gleich an Sol Invictus wenden oder vielleicht sogar an Mithras? Er muss alles versuchen – hatte er nicht neulich erst geträumt, sie würden am Altar des Mithras ihr Eheversprechen ablegen? Und hatte er dabei nicht sogar die kleine Sumila im Arm?