19 März

Europa – Mythos # 30

Die Angst gebiert eine Lüge nach der anderen. Und Zeus hat seine große Freude an seiner kleinlichen Rache

Sardonius, der Herr der Hofhaltung, der Herr der Sicherheit des Minos und der Herr der Abgaben, geht unruhig auf und ab in seinem Amtsraum. Was soll er mit diesem neuen Wissen anfangen? Wenn es wirklich wahr ist, dass Chandaraissa, die stolze und hohe Priesterin, einen Giftanschlag auf den Minos von Kreta plant, dann wäre das die Gelegenheit für ihn, das Amt des Hohenpriesters an sich zu reißen. Archaikos bliebe gar nichts anderes übrig, als es ihm zu überlassen. Als Dank sozusagen. Wenn es aber nicht wahr sein sollte – das Gestottere seiner beiden Spione kam ihm doch sehr verdächtig vor – dann wäre es sein Untergang. Thortys und Nemetos wären dann zwar Futter für den heiligen Stier, aber er selbst müsste mit dem Feuertod rechnen. Archaikos würden ihn sicher gerne brennen sehen.

Draußen wird es stiller, das Gewitter hat sich verzogen. Nur noch seltenes fernes Grollen kann er hören. Er braucht jetzt frische Luft, dringend. So stößt er die Flügeltür zu seinem großen Balkon auf und tritt in die wieder hell glänzende Mondnacht. Frisch gewaschene, kühle Nachtluft. Gierig saugt er sie in sich, immer wieder. Doch das Unbehagen in der Magengrube will einfach nicht weichen. Gerade geben die düsteren Wolkenränder die Silberscheibe mit den grauen Flecken darauf wieder frei. Sardonius sieht es freudig erregt, denn das nimmt er gerne als ein Zeichen der Götter. Sie wollen, dass er Klarheit schafft. Nur so ist dieses Schauspiel am Himmel jetzt zu deuten. Nur so. Ein Lächeln breitet sich behäbig auf seinem Gesicht aus, als er tief einatmet und der Schwere in sich befiehlt endlich zu verschwinden. Ein fast berauschendes Gefühl in seiner Brust macht sich breit. Noch einmal atmet er tief durch. Dann ist er sich sicher: Der große Auftritt des vollen Mondes und der reine, kühle Äther sind die beiden Erscheinungen, die ihm seine Zweifel davon jagen. Es muss wahr sein. Er muss es sofort weitergeben.

Und aus diesem tief dunklen Äther schauen grinsend die drei göttlichen Brüder auf die zappelnden Erdlinge herab, reiben sich die Hände, sind sehr zufrieden. Ihr Fluch zeigt erste Wirkung. Denn nicht nur Europa wird büßen müssen, nein, auch die Frauen um sie herum, die scheinheiligen, mit ihrem ärgerlichen Lächeln und ihrer entwaffnenden Freundlichkeit. Es soll ihnen noch ordentlich vergehen. Und mit Schmerzen! Die Männer machen anscheinend gerne für sie die Drecksarbeit. Feine Sache, das.

Archaikos geht wie in einem traumhaften Lustgarten mit geschlossenen Augen in seinem großen Schlafraum hin und her und schwelgt in Bildern, die die neue Frau, diese Europa, beleben; wie sie ihn leicht verführt, ihn gerne schwach werden lässt, ihn beglückt mit ihrem Summen, ihrer wunderbar weichen Stimme, ihrem federleichten Streicheln, mit ihrer unwiderstehlichen Schönheit, Nacktheit und so noch nie erlebten Schamlosigkeit. Ein Fest der Sinne nach dem anderen erlebt er mit ihr. Jedes so stark, als wäre es das erste. So oft nun schon. Sie wird die neue Frau an seiner Seite werden. Sie soll ihm einen Sohn schenken. Dann ist seine Herrschaft gesichert. Er wird Sardonius auftragen, die weisen Frauen im Tempel, vor allem aber Chandaraissa zu befragen, ob die Zeichen für solch einen Schritt günstig sind. Die kühle Luft, die nach dem Gewitter nun durch die Gänge des Palastes streicht, erregt ihn auf eigenartige Weise neu. Klarheit, denkt er. Klarheit inmitten der Nacht. Warum soll ich das nicht schon als Vorzeichen nehmen?

Da wird er aus seinen hochfliegenden Gedanken gerissen. Ein Klopfen im Vorraum, wo seine Wächter hellwach ausharren müssen, damit der Minos von Kreta ungefährdet schlafen kann. Was hat das zu bedeuten? So spät noch?

„Tritt ein, Wachmann, was soll die unbotmäßige Störung jetzt?“

Der liegt schon auf den Knien, zitternd. Er kennt die Launen des Minos nur zu gut. Aber er glaubt einen entlastenden Grund vortragen zu können, leise, sehr leise:

„Mein Herr und Minos, der Herr der Hofhaltung will euch dringend, sehr dringend sprechen!“

Sardonius? Wie durch einen bösen Zauber ist sein Hochgefühl verflogen. Was will der denn jetzt? Den will er jetzt gar nicht sehen. Aber es muss wichtig sein, sonst würde er es nicht wagen, so spät noch vorgelassen zu werden!

24 Feb.

Europa – Mythos # 29

Lauter Lügen – eine atemberaubende Erfolgsgeschichte

Es hatte sich schon früh angekündigt. Riesige Wolkenberge schoben sich von Westen her immer düsterer über das Meer und die große schöne Insel. Als wolle der Tag gar nicht Tag werden, als wüsste er schon, was für ein schwarzer Tag es werden würde.

Dann beginnt das Grollen, bald folgen Blitze – beides in immer kürzeren Abständen. Das Vieh schreit in den Ställen, die Menschen suchen Zuflucht in ihren Hütten, Wege und Straßen menschenleer. Staub wirbelt auf, eine schwarze Katze huscht vorbei. Dann fallen die ersten Tropfen. Dick und schwer platzen sie auf dem staubigen Boden auseinander. Böen fegen über die Weiden, selbst die Vögel verlassen den düsteren Himmel. Wer hat den Zorn der Götter so erregt?

Chandaraissa hat ihre jungen Priesterinnen im Tempel zusammengerufen. In ihren Augen versteckt sich die Angst nur schlecht. Dabei war der gestrige Tag doch so wunderbar gewesen: Ihre Herrin hatte ihnen kleine, lustige Geschichten erzählt von verliebten Waldgeistern und Flussnymphen. Und auch Europa, die fremde Freundin ihrer Herrin seit gestern erst, hatte ihnen Geschichten aus ihrer Heimat erzählt von Festen bei Fackelschein, von Federballspielen am Meer und von einem geheimnisvollen Floß, das an ihrer Küste gesichtet worden sein soll, auf dem jemand entführt worden sein soll. Mit Herzklopfen hatten sie zugehört. Dann hatten sie sogar noch gesungen und getanzt wie schon lange nicht mehr.

Aber jetzt scheint es nur noch wie ein schöner Traum. Chandaraissa betet mit sehr ernstem Gesicht vor der Göttin, bittet um Nachsicht, um Schutz. Wovor? Die hohe Tempelhalle verdüstert sich immer mehr, das Grollen von draußen wird stärker und stärker. Jäh erhellt ein Blitz den Raum, den jungen Priesterinnen entfahren kleine Schreckensschreie, für die sie sich gleich wieder schämen. Chandaraissa dreht sich missbilligend zu ihnen um, sie duldet vor der Göttin keine kleinen Angstgefühle. Jeder soll sich vor ihr ehrfürchtig und still verhalten. Beschämt blicken sie zu Boden. Dann fährt Chandaraissa fort mit ihren Gebeten.

Gleichzeitig bittet im Palast Sardonius seine beiden Spione zum Raport. Er wundert sich. Sonst erschienen Thortys und Nemetos stets mit unterwürfigster Miene vor ihm, weil sie wieder nichts besonderes zu berichten wussten. Aber jetzt tragen sie ihre Köpfe stolz auf ihren Schultern, halten seinem Blick stand und warten nur darauf, dass sie endlich ihre schlimme Geschichte, die sie sich gestern noch schnell zurecht gelegt haben, vortragen dürfen.

„Nun, ihr beiden, es scheint, dass ihr endlich einmal etwas Interessantes zu berichten

wisst. Stimmt’s?“

Thortys wundert sich: Woher weiß Sardonius das? Hat Nemetos schon gequatscht? Und Nemetos wundert sich auch, Sardonius muss ein Hellseher sein oder hat er etwa auch noch Spione, die seine Spione ausspionieren?

„Setzt euch, aber fasst euch kurz, ich muss gleich zur Audienz zum Minos von Kreta.“

Verblüfft nehmen die beiden Platz, wechseln kurz fragende Blicke, dann legt Thortys los. So hatten sie es verabredet:

„Wir konnten gestern zufällig ein Gespräch der Hohen Priesterin mit der fremden

Frau belauschen und trauten unseren Ohren nicht.“

Hier macht Thortys eine vielsagende Pause. Er möchte Sardonius etwas zappeln lassen, das hat er von ihm gelernt, jetzt will er es ihm in kleiner Münze heimzahlen.

„Bursche, mach zu, sonst sollst du mich kennenlernen! Hast du nicht gehört,

dass ich keine Zeit habe?“

Mist, denkt Thortys, und Nemetos ist auch sauer, weil er es besser findet, wenn Sardonius guter Laune ist, dann würde sicher auch die Belohnung für sie beide größer ausfallen. Aber so? Warum macht er ihm jetzt mutwillig schlechte Laune?

„Verzeiht, Herr!“, lenkt Thortys schnell ein, befeuchtet sich noch kurz sein Lippen und redet hastig und fast stotternd weiter:

„Also Nemetos und ich waren gestern im Tempel – ihr wisst, an der gewissen Stelle – „

„Ja, weiter, weiter!“

„Da sagte die fremde Frau – Europa – zur Priesterin Chandaraissa, sie könne einen

Gifttrank mischen, den Archaikos trinken müsse, die Priesterin solle nur für viel

Weihrauch sorgen, um alle anderen Gerüche zu übertünchen, alles weitere solle

sie ihr überlassen, dann könnten sie beide nach dem Tod des Minos

von Kreta die Herrschaft an sich reißen und ihr Kind, das sie von Archaikos

erwarte, würde dann der nächste Minos von Kreta werden. Stimmt’s

Nemetos?“

Sardonius ist sprachlos. Kann er den beiden trauen? Oder haben sie vielleicht die Geschichte selbst erfunden? Wenn sie wahr ist, würde sich einiges auf Kreta radikal verändern, nicht nur für die Priesterinnen, nein, auch für ihn selbst. Er wäre dann der Retter des Minos von Kreta.

„Thortys, hör jetzt gut zu. Ich frage dich nur einmal, ob diese schlimme Geschichte

auch wahr ist. Wenn sie es nicht sein sollte, bist du ein toter Mann und Nemetos mit

dir. Wenn sie aber stimmen sollte, werde ich euch reich belohnen. Nun, ist sie wahr,

deine böse Geschichte?

Thortys bekommt es mit der Angst zu tun. Aber die Gier bleibt Siegerin. Und so versucht er mit ganz normaler Stimme und – ohne auch sonst zu zittern – zu antworten:

„Bei allem, was mir heilig ist, bei allen Göttern und guten Geistern,

wir haben es genauso gehört, wie ich es dir berichtet habe.“

Sardonius ist zufrieden. Für einen kurzen Augenblick ist es still im Raum. Dann erhebt er sich, die beiden Spione tun es ihm unterwürfig gleich, er kneift die Augen zusammen, atmet laut durch die Nase ein, zieht verächtlich die Mundwinkel nach unten und spricht dann so:

„Das Böse kommt zutage. Darum ist es heute auch so dunkel. Der Minos muss

sofort von dem Anschlag erfahren. Es wird dann noch heute ein Tribunal geben,

vor dem die Giftmischerinnen zur Rede gestellt werden. Und ihr werdet da als

Zeugen noch einmal das gleiche sagen. Und jetzt geht! Wenn alles so abläuft,

wie es nun muss, werde ich euch schon morgen reich für eure Dienste belohnen.

Geht jetzt!“

Mit schlotternden Knien verlassen die beiden Lügner fluchtartig den Raum – sich eifrig verbeugend dabei. Ungute Gefühle wühlen in ihren Eingeweiden. Es scheint zwar alles so zu laufen, wie es soll, aber es fühlt sich gar nicht gut an. Die Angst steckt ihnen in den Knochen. Diese stolzen Frauen werden sicher nicht so einfach ihren Lügengeschichten zustimmen, nein, sie werden von diesen Frauen als Lügner beschimpft werden. Dann kommt es darauf an, ob der Minos von Kreta eher denen oder ihnen Glauben schenken wird. Als sie an den Palastwachen vorbei nach draußen rennen, rutschen sie fast in dem regenüberfluteten Vorplatz aus, sie können sich gerade noch so gegenseitig stützen, aber als auch noch ein grässlicher Donnerschlag aus den grauschwarzen Gewitterwolken auf sie niederprasselt, verliert Thortys das Gleichgewicht und stolpert und fällt mitten in eine Regenpfütze. Nemetos, der schon weiterlaufen wollte, dreht sich um und hilft seinem Mitverschwörer und Lügenfreund wieder hoch. Mit ihren verschreckten Augen und den regenschweren Sachen sehen sie aus wie zwei nasse, geschlagene Hunde. Eine erbärmliche Szene. Die Wachen im Tor lachen laut und schadenfroh. Ein Blitz gibt dem seltenen Bild noch zusätzlich grelles Licht und metallene Farbe. Ein schwarzer Tag für viele in Patio, nur weiß es noch niemand von denen, die es bald schon treffen wird.

16 Feb.

Europa – Gift und Gegengift Mythos # 28

Gift und Gegengift – Lebensfreude und Lebenslüge so nahe beieinander

Gelassen und voller Zuversicht geht Europa den vier fremden Frauen entgegen. Haltung und Blick verraten ihr, dass sie unsicher sind, nicht wissen, was sie sagen sollen. Das nehme ich ihnen gerne ab, denkt Europa lächelnd.

„Ihr freundlichen Frauen, sagt mir, der Fremden, wo finde ich die, über die so viel

Gutes erzählt wird?“

Die vier halten den Atem an. Die Fremde scheint zu ihrer Herrin zu wollen. Da können sie helfen, ganz ohne Probleme.

„Folge uns einfach, wir führen dich zu ihr!“

Erleichtert und doch auch verlegen wenden sie sich um und laufen kichernd zurück Richtung Höhle. Europa kann ihnen kaum folgen, so behende bewegen sie sich. Der Wind spielt mit ihren Gewändern, trägt ihr leises Lachen zu ihr hin. Europas Herz beginnt heftig zu schlagen. Halb scheint es Unsicherheit zu sein, halb fast so etwas wie Wiedersehensfreude. Aber sie kennen sich doch gar nicht.

Später werden die beiden Frauen noch oft über diese erste Begegnung sprechen, wie erstaunt sie waren, weil sie beide meinten, sofort das Gefühl gehabt zu haben, den anderen schon zu kennen, obwohl sie sich noch nie begegnet waren. Liebevoll hatten sie sich sacht umarmt, hatten des anderen Wärme und Duft genossen wie etwas längst Vertrautes. Mit niedergeschlagenen Augen standen die vier jungen Priesterinnen um die beiden herum, unablässig mit der Frage beschäftigt, wer ist sie, die von ihrer Herrin so herzlich und vertraut empfangen wird, wer ist sie?

Dann waren sie alle wortlos zum Palast von Paito gegangen. Chandaraissa und Europa hatten leise miteinander gesprochen unterwegs; die vier rätselten und konnten sich einfach keinen Reim daraus machen. Möwen hatten sie mal im Sturzflug, mal im Steigflug, mal in weiten Bögen kreischend begleitet. Denen war es wohl einerlei, die Aufregung in den Köpfen der sechs Frauen störte sie nicht bei ihrer Futtersuche und ihren unordentlichen Lufttänzen. Und die Sonne forderte ihr Recht, je näher sie dem Palastbereich kamen. Ein heißes Flimmern ließ die Luft erzittern.

Endlich finden sie Zuflucht vor der Hitze in der kühlen hohen Halle des Tempels der Göttin. Für einen kurzen Augenblick legen sie sich bäuchlings auf die kalten Steinplatten inmitten des großen Raums, beten, stehen tief seufzend wieder auf und gelangen dann durch einen kleinen Torbogen in die Bibliothek. In den Nischen den Wänden entlang warten zahllose Papyrusrollen auf neugierige Leserinnen. Hier holen sie sich immer wieder neue Ideen, neuen Trost, neue Zuversicht, wenn ihnen außerhalb dieses stillen Saals Unbill widerfuhr. Und hier erzählt Chandaraissa den jungen Priesterinnen in den Dämmerstunden aus ihren Träumen und aus all den Geschichten, die sie hier schon gelesen hat. Immer geht es um die eine Botschaft, die sie alle weitergeben sollen.

Heute nun sitzen sie still auf dem weichen Sandboden mit dem Rücken an die Schriftrollenwände gelehnt und beschäftigen sich mit selbst gewählten Texten oder rätseln weiter über die Herkunft der freundlichen fremden Frau. Chandaraissa unterhält sich mit ihr leise. Und Europa hört staunend zu. Denn nichts, was sie hört, kommt ihr fremd vor. Im Gegenteil. Die fast schon vergessene Botschaft vom Glück, die Chandaraissa wieder und wieder in wunderbaren Beispielen umkreist, klingt Europa so, als spräche erneut die Göttin selbst direkt zu ihr. Wie oft hat sie in ihren Träumen mit einer lachenden Frau getanzt, die sich Lebensfreude nannte, die sie in neue Träume lockte, wo Lachen und Lebenslust wie Zwillinge mit ihr feierten nächtelang. Haut schmiegte sich da an Haut, Stimmen schmeichelten erhitzten Ohren, schöne lange Seufzer beendeten das Fest. Unvermittelt ergreift Europa Chandaraissas Hand, seufzt begeistert und sagt dann ohne überhaupt darüber nachgedacht zu haben:

„Wir müssen Schwestern sein. Hoffentlich ist es nicht vermessen, das zu sagen.“

Lachend schüttelt Chandaraissa den Kopf, das lange Haar wild wallend drum herum. Dabei umarmt sie Europa liebevoll und flüstert ihr etwas in Ohr, das auch gerne die Männer verstanden hätten, die sich in einem geheimen Gang hinter der Bibliotheksmauer aufhielten und verzweifelt ihre Ohren an einen schmalen Spalt drückten, der zwischen ihnen und den beiden jetzt lachenden Frauen liegt. Aber sie können nichts verstehen, so sehr sie sich auch bemühen. Es ist zum Verrückt Werden! Wenn sie wieder ohne eindeutiges Material zum Vertreter des Minos zurückkehren, wird es vorbei sein mit ihren Zulagen. Das macht die Männer nur noch zorniger auf die beiden Frauen, die sich jetzt auch noch leidenschaftlich umarmen.

Sie fassen kurz entschlossen einen einfachen Plan. Sie werden schlicht eine schlimme Geschichte erfinden, die sie gehört haben wollen. Punkt. Zardonius wird es sicher gerne glauben, denn ihm ist alles recht, wenn es nur etwas ist, das es ihm möglich macht, diese stolze Chandaraissa von ihrem Priesterinnenthron zu stürzen. Wie hatte Zardonius erst neulich gesagt:

„Frauen nicht trauen! Das ist die Botschaft. Hinter ihrem lüsternen Lachen verbirgt sich immer das gleiche Gift, mit dem sie die Männer schwach machen wollen. Das einzige Gegengift liegt doch wohl auf der Hand: Macht sie schwach, dann bleiben wir stark. Und ich weiß es aus jedem Orakel seit alters her, die Götter sind mit uns dabei. Glaubt mir, ich weiß es einfach!“

Stolz klopfen sie sich gegenseitig auf die Schultern. Warum also weiter zuhören, wo man sowieso nichts verstehen kann? Und auf dem Weg zu Zardonius, dessen Geduld mit seinen Spionen allmählich zu Ende geht, legen sie sich eine schöne miese Geschichte zurecht, mit der Zardonius vor Archaikos ganz sicher viel Lob ernten wird. Die beiden Spione träumen schon genüsslich von ihrer Beförderung. Dann können sie sich endlich Frauen nehmen, werden eine Hütte zugewiesen bekommen. Frauen. Denen werden sie aber von Anfang an klar machen, wie stark sie sind. Voller Erregung und Geilheit stürzen sie zum Raport.