18 Jun

Warten auf Godot 2017

Das neue Projekt von JUST e.V. für Herbst 2017

W A R T E N auf G O D O T von Samuel Beckett

Auf wen warten WIR eigentlich?

Estragon und Wladimir warten auf Godot. Und jeder weiß, dass sie nicht wissen warum und ob überhaupt. Keine gute Ausgangslage. Aber sie bleiben trotzdem am Ball. Klingt das nicht fast wie ein Text von einem start up, das knallhart und unbeirrt auf den Durchbruch wartet. Bis dahin am besten einfach drüber reden, am Ball bleiben und Prinzip Hoffnung favorisieren.

Wenn sich JUST im Jahre 2017 nun an W a r t e n a u f G o d o t von Samuel Beckett heran wagt, so ist JUST e.V. für viele sicher immer noch nicht im Mainstream angekommen, dafür aber bei einem Brocken gelandet, an dem sich nun schon seit fast siebzig Jahren Regisseure und Schauspieler die Zähne ausbeißen und staunen, wie zeitlos dieses scheinbar absurde Theater doch zu sein scheint.
Man schaue nur einmal bei youtube vorbei und man wird aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, wie viele Inszenierungen in den letzten Jahrzehnten da zu bewundern sind.

Die JUnge Schauspiel-Truppe aus Bückeburg, die im letzten Jahr mit großem Erfolg in der Remise von Schloss Bückeburg Janne Tellers „NICHTS“ einem ziemlich sprachlosen Publikum vorgeführt hatte, möchte nun am gleichen Ort diesen modernen Klassiker auf die Bühne bringen.

Die Zwiegespräche von Estragon und Wladimir haben es wahrlich in sich: Wie auf einer atemberaubenden Achterbahnfahrt taumeln die beiden in ihren wortreichen Sprachgirlanden an einander vorbei, obwohl sie doch mit einander zu reden glauben. Ihre Einsamkeit genauso wie ihre Sehnsucht nach Verstanden-Werden-Wollen versinken immer wieder in Beliebigkeit und einer Art, dem anderen einfach nicht zuzuhören, dass fast nur so etwas wie ein verhuschtes Geplapper übrig bleibt. Dennoch wollen die beiden aber nicht aufgeben, versuchen es immer wieder aufs Neue, doch die Nähe, nach der sie sich sehnen, will sich einfach nicht einstellen. Umso inständiger Bestehen sie auf ihrem Warten auf Godot. Der muss einfach kommen, hat er ja auch gesagt. Aber wann kommt er ?
Bei den Proben fällt es bestimmt nicht schwer, aktuelles Lebensgefühl auf Schritt und Tritt mit einbringen zu können – sieht es doch oft so aus, als wenn zwei Menschen, wenn sie bei einander stehen, zwar fleißig Text machen, aber gleichzeitig irgendwie abwesend zu sein scheinen, weil ein kleines elektronisches Kästchen, das mit der Hand fast eine Einheit zu bilden vorgibt, ebenfalls mit sich reden lassen möchte…Und die Augen? Was sagen die? Warum verstehst du mich nicht, warum hörst du mir nicht zu? Was hast du gerade gesagt? Wer? Versteh ich nicht. Ist ja auch egal. Oder? Nein, ist es nicht, aber ich hab jetzt sowieso keine Zeit, da kommt gerade eine ganz wichtige Nachricht, die muss ich unbedingt lesen…

Und dann sind da ja auch noch zwei ganz andere Spieler im Stück, die aber auch irgendwie aus der Welt gefallen sein müssen: Pozzo und Lucky. Ein bizarres Paar, das da plötzlich in das Warten von Estragon und Wladimir hinein platzt. Ein selbstgefälliger Großkotz und ein unterwürfiges Anhängsel, das wie auf Knopfdruck atemberaubende Wortkaskaden lostreten kann. Dieses Theater der beiden hilft zumindest für eine Weile das Warten auf Godot zu vergessen. Als wäre es ein abwechslungsreiches Sonderprogramm, speziell für Wartende inszeniert. Aber eben nur für eine Weile. Dann läuft wieder das bekannte, traurige Programm des Wartens.

Die Remise scheint wie gemacht für dieses komisch-traurige Stück, finden die Schauspieler von JUST – dort werden die Worte, die Fragen und das Warten von Estragon und Wladimir wie unerbittliche Fledermäuse durch die weite Halle fliegen – wie ein Spuk, der aber nichts weiter ist als eine verfremdete Sprechblasenhalde unserer eigenen schnelllebigen Welt.

Auf wen warten W I R eigentlich? Das fragen sich nicht nur die Schauspieler bei den Proben, sondern sicher auch die Zuschauer, wenn sie die Remise wieder verlassen. Denn die Antworten, die Samuel Beckett mit seinem absurden Theater anbietet, sollte man wirklich nicht akzeptieren wollen.

Also schon einmal vormerken – Freitag, 29. September 2017 um 20 Uhr in der Remise von Schloss Bückeburg die Premiere oder am Sonntag, dem 1. Oktober 2017 ebenfalls um 20 Uhr die zweite Aufführung

20 Apr

Rezension zum Stück „NICHTS“ 12. April 2016

Mit „NICHTS“ überzeugt

Bückeburg.

Kein Szenenapplaus, zwischendurch kein Gelächter, nur hier und da ein Raunen oder stockender Atem – genau diese Resonanz zeigt, wie gekonnt das aus dem Adolfinum hervorgegangene Theaterensemble JUST die Bühnenfassung von Janne Tellers Roman „Nichts“ unter der Regie von Johannes Seiler in der Bückeburger Remise auf die Bühne gebracht hat.

Der Siebtklässler Pierre Anthon stellt Wert und Sinn in Frage. Nichts habe Bedeutung, nichts sei von Dauer, vieles sei bloßer Schein, weiß er zu predigen. Und Moritz Möller versteht es, diese Botschaft mit Macht und Wucht in der Remise von oben herab zu verbreiten. Er schleudert die Worte wie Aischylos‘ „gefesselter Prometheus“, aber gegen die Menschen gerichtet.

Ein wenig eingeschüchtert

Kein Wunder, dass sich die Mitschüler zunächst ein wenig einschüchtern lassen. Etwas werden, etwas erreichen, ganz im Sinne der Eltern und Lehrer, das soll „nichts“ sein? Nur weil die Alten selbst an Kraft und Lust verloren haben, statt durch Erfahrungsreichtum an Freude und Ausstrahlung zu gewinnen?

Beim gemeinsamen Versuch, Bedeutungsvolles aus ihrem eigenen Leben zu präsentieren, kommen die Kinder vom Wege ab. Der „Berg der Bedeutung“, den sie in der Abgeschiedenheit eines stillgelegten Sägewerks für Pierre Anthon nach Art von schwarzen Geschenkkartons aufschichten, wird unter der Hand zum Vulkan. Sie werden aneinander schuldig, ob durch kleine Gemeinheiten oder durch unvorstellbare Brutalität. Die Untaten mag man kaum auflisten. Als Beispiel sei „nur“ der abgeschnittene Finger des sympathisch aufspielenden Gitarristen Jan-Johan (Manuel Plüschke)genannt. Das Unheil nimmt seinen Lauf, auch wenn wenigstens eines der Kinder weiß: „Irgendwo muss doch eine Grenze gezogen werden!“

Die Beibehaltung des kindlich anmutenden Erzähltextes führt neben den dramaturgisch geschickt gesetzten Dialogen und Einwürfen mit Perspektivwechsel und Teilwiederholung dazu, dass junge Erwachsene wie Nina Peschek, Tobias Kranz und sogar Robin Maas in Aktion jung und spontan wirken und teils wunderbar naiv. Diese Leidensgeschichte mit wechselnden Täter- und Opferrollen und schwierigen Sprechketten gewann durch die expressive, aber nie exaltierte Spielweise von Ebru Durmaz und Louisa Schwarze an Eindringlichkeit. Die eine rührt zu Tränen, die andere schockt durch eine Art Urschrei. Der Wahnsinn bricht sich Bahn, über derart „verlorene Unschuld“ wird hier hoffentlich niemand mehr Witze machen. Yvonne Schneider schließlich meisterte die schwierige Aufgabe, acht Jahre nach den Ereignissen ab und zu etwas Abklärung in die Erzählung zu bringen, doch immer wieder mitten in den Wirrnissen zu stecken wie die anderen und ihren Part zu spielen in Seilers verwegenen Choreografien im Kinderspielkreis.

Marvin Kastner und Kilian Hartmann sorgten als Techniker dafür, dass die Schatten der allesamt schwarz gewandeten Schauspieler im grellen Scheinwerferlicht manchmal wie ein hintergründiges Spiel auf Obernkirchener Sandstein wirkten. In bläulichen Nebelschwaden ging es auf den Friedhof, um einen Kindersarg auszubuddeln. Später steht das abgebrannte Refugium wie ein Fanal aus der Zeit der Hexenverbrennung im Feuerrot der Scheinwerfer. Vom Botschafter der Bedeutungslosigkeit ist wenig mehr als die Asche übrig, moderne Requiem-Klänge grundieren die erschütternde Handlung.

Kleine Spitzen gegen Medien und Kulturfunktionäre, die alles zum Event machen und Wert mit Preis und Gewinn verwechseln wie Banker und andere Spekulanten, zeigen, dass es in der am Ende zu Recht mit lange anhaltendem Applaus bedachten, gut besuchten Premiere um mehr als nur eine „Kindertragödie“ in der Tradition von Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ geht. Alles steht auf dem Spiel, wenn „Nichts“ auf dem Programm steht – das hat JUST mit schonungsloser Deutlichkeit gezeigt, ohne je leichtfertig zu werden.

Verbrechen in vermeintlich bester Absicht – nach „Hamlet“ und „Faust“, den „Nibelungen“ und der „Odyssee“ nun von JUST einmal ein Stück brisantes Gegenwartstheater als wagemutige Gratwanderung am Abgrund von gefährlichen Seelenlandschaften und fatalen Kampfzonen. Das war eine gute Entscheidung und bietet reichlich Diskussionsstoff für die vielen Schüler aus dem 10. Jahrgang des Gymnasiums über die Frage, „was wirklich wichtig ist im Leben“, was gut gemachtes Theater bei der Suche nach Sinn selbst vermag und wo zu rufen wäre – gerade angesichts virtueller Welten: „Das ist kein Spiel!“

 

VHS – 12. April 2016 Landeszeitung

20 Nov

JUST e.V. Schauspieltruppe

JUST  –  die  JUNGE SCHAUSPIELTRUPPE  aus dem Bermuda-Dreieck zwischen Porta Westfalica – Bückeburg – und Minden  stellt sich vor:   www.just-theater.de

2016

Premiere der neuen Produktion von JUST  e.V.  „NICHTS“ – nach dem Roman von Janne Teller –  ist am Freitag, den 8. April 2016  um 19 Uhr  / 10 Euro bzw. erm. 7 Euro

Die zweite Aufführung findet am Samstag, den 9. April 2016  ebenfalls um 19 Uhr statt.

Der Vorverkauf für  „NICHTS was im Leben wichtig ist“  läuft über das Tourist – Info – Büro  in Bückeburg; für die Premiere gibt es nur noch wenige Karten (Stand Mo, 21-03-16)

 

2017

Premiere  der neuen Produktion  von JUST  e.V.  „WARTEN  AUF  GODOT“  von Samuel Beckett

ist am  Freitag, den 29. September 2017  um  20 Uhr  in der Remise von Schloss Bückeburg

Die zweite Aufführung findet am Sonntag, den 1. Oktober 2017 ebenfalls um 20 Uhr in der Remise von Schloss Bückeburg statt.