Leserbrief zu SZ – Nr. 225, Montag, 6. November 2023 , S. 9 Woher kommt der Frauenhass – Geht es in Kriegen und Konflikten nur um die Demonstration ihrer Macht? Der Sozialpsychologe Rolf Pohl über die Taten der Hamas am 7. Oktober Interview: Susan Vahabzladeh Wenn Rolf Pohl am Ende des Interviews sagt: „…aber die Community, die „Me Too“ am Laufen zu halten versucht, ist nicht da…“dann ist das nur der fade Schlusspunkt einer Argumentationskette, die es einfach nicht auf den Punkt bringt (als Mann befangen, als Wissenschaftler dogmatisch, als Cartesianer blind). Dabei ist das Muster der Gewalt, das Männer gegen Frauen – eben nicht nur im Krieg – ausüben, so alt wie das Patriarchat selbst. Deshalb bedarf es auch nicht einer „Community, die ‚Me Too‘ am Laufen“ hält, weil es weltweit überall die Frauen sind, die schon immer von Männern erniedrigt wurden, weil sie im Gegensatz zu den Männern keine Gewalt anwenden müssen, um ihrer Existenz Bedeutung zu verleihen. Monogamie, Monotheismus und Eigentum halten nach wie vor die gewaltige Anstrengung der Männer am Laufen, dass ihre Daseinsberechtigung im Herrschen über Frauen zu bestehen habe, obwohl längst offensichtlich ist, wie unnatürlich, wie verlogen, wie kindisch dieses Weltbild anmutet – es verlängert sich in die Gewaltakte gegenüber der Natur, die ebenfalls die Männer zu verantworten haben. Aber auch da kann es nur dann Einsicht geben, wenn die Frauen dem Unterwerfungsritual ein Ende setzen. Solidarisch, global. Und Pohls These „…dass Männer nirgends schwächer sind als auf dem Feld der Heterosexualität, weil sie nirgends abhängiger sind. Also müssen sie ihre Überlegenheit demonstrieren, und wenn das nicht funktioniert, kompensieren. Darin steckt das Gewaltpotenzial…“ Und jeder Krieg – wo und wann auch immer – wurde und wird begleitet und scheint „überhöht“ durch Massenvergewaltigungen. Dass die Medien mit einem Empörungsgestus darüber berichten, hat wirklich etwas Pharisäisches: So zu tun, als wäre es nicht zu erwarten gewesen, ist bestenfalls naiv, schlimmstenfalls aber borniert, weil – wie in dem Interview mit Susan Vahabzadeh – der Mann als Mann um den heißen Brei schleicht, als könne er sich daran verbrennen. Und Pohls Statement „Gewalt gegen Frauen wird ganz oft, auch von den Medien, bagatellisiert“ hat geradezu etwas Zynisches: Hier macht sich der befangene Sprecher zum Sprachrohr seiner Gattung in seiner maskulinen Variante und merkt nicht einmal, der verkopfte Intellektuelle, dass „Gewalt gegen Frauen“ weder eine Bagatelle, noch eine Abweichung ist, sondern die Norm.