Europa – Fortsetzung der alten Geschichte # 127
Athanama und Chaturo – ein glücklicher Zufall?
Der Kapitän Chaturo atmet tief ein. Er schaut sich zu, wie er mit dem Dolch spielt. Jetzt nur nicht in ihre Augen schauen, denkt er aufgeregt. Fast möchte er über sich selbst lachen: Dass ihm so etwas passiert!
Das leise Rauschen der Wellen, das draußen am Bauch des Schiffes entlang zu hören ist, bietet ihm Beruhigung an. Die braucht er aber auch jetzt wirklich sehr.
Die Fremde, Athanama, schmunzelt. Das Kerzenlicht gibt ihrem Gesichtsausdruck einen wohligen Schimmer. Glücksgefühle fließen durch ihren Körper. Wie das? Ich werde einfach wortlos warten, denkt sie vergnügt. Frau Angst hat sich einfach so lautlos verabschiedet. Hält die große Göttin also ihre schützende Hand über sie?
„So, so, Priesterin!“
Chaturo würde sich am liebsten ohrfeigen: Was für ein Gestammel ist das denn, geht es ihm brausend durch den Kopf. Ich muss sie einfach anschauen. Wenn sie am Hofe von König Agenor Priesterin war und auch noch Freundin von dessen Tochter Europa, dann, dann…habe ich sie vielleicht ja schon einmal gesehen. Der kleine Dolch entgleitet ihm nach und nach.
Athanama spürt ihre Hände auf ihren Oberschenkeln ruhen. Diese Hände würde jetzt gerne auf seinen ruhen, durchfährt es sie heiß.
„Wie lange wird die Fahrt bis nach Kreta dauern?“
Wie komme ich denn jetzt zu dieser dummen Frage? Chaturo blickt auf. Sie baut mir eine Brücke. Was für eine Brücke denn? Er schaut sich dabei zu, wie er langsam aufsteht – sie tut es auch – und wie er erregt auf sie zu geht. Sein Atem verrät ihn: Ich bin nicht mehr Herr meiner Sinne, sie haben übernommen. Als sie sich wie in einem langsam weiter schwebenden Traum getaucht umarmen, ist ihr befreiendes Stöhnen die unmissverständliche Botschaft sinnlicher Sehnsüchte, die jetzt wirklich werden. Behutsam helfen sie sich gegenseitig aus ihren Umhängen und Unterkleidern, genießen vorsichtig den Augenblick, in dem sich Haut auf Haut legt. Ein Oben und Unten, ein Außen und Innen brechen in ihrem Bewusstsein zusammen, zerfallen in schweißnasse, heiße Berührungen tiefer Vereinigung. Hände suchen, was längst vertraut gewesen war, in zahllosen Tagträumen. Und die Wucht dieses sinnlichen Augenblicks lenkt ihnen die gnädige große Göttin in ein wollüstiges Spiel ihrer hingebungsvollen Körper. Und dieser Duft, diese Wärme!
Währenddessen gleitet der große Segler elegant durch wogende Wellenberge, wiegt die beiden hin und her, als wären sie kleine Kinder. Auch wissen sie nicht, was die große Göttin noch alles mit ihnen vorhat, wenn sie in Kreta angekommen sein werden. Ein glücklicher Zufall? Ja und nein. Denn alles hängt mit allem zusammen und nichts geht verloren. Athanama weiß es und Chaturo ahnt es wohl auch.