29 Mrz

Europa – Meditation # 328

Wie sich die Bilder gleichen!

Japan, Südkorea, USA – zwei Pseudo-Goliaths und ein agiler David im fernen Osten führen seit mehr als hundert Jahren einen Krieg der Bilder und der Rechtfertigungshymnen.

Deutschland, Polen, USA – zwei Pseudo-Goliaths und ein agiler David mitten in Europa führen seit mehr als hundert Jahren einen Krieg der Bilder und der Rechtfertigungshymnen.

Und immer sind es Männer – mit entschlossenen Mienen und kaltem Herzen – die sich für mehr wert halten als die anderen. Daraus erwächst dann stets ein „heroischer Krieg gegen den infamen Feind“ und unsägliches Leid für die Frauen, die solchen Männern das Leben schenkten.

Das „Spiel“, das diese Männer spielen, ist dabei immer das gleiche: mit gezinkten Karten wird der „Fremde“ stigmatisiert und zum Abschuss freigegeben. Die Medien transportieren die Botschaft ununterbrochen in die Wohnzimmer der Menschen, damit diese auch eine echte Orientierung haben können. Und die Angst vor Vergewaltigung – ein mächtiges Narrativ schon immer – soll die Solidarität auch der Zuhause Gebliebenen sicher stellen.

Japan besetzt Südkorea, Deutschland und Russland teilen unter sich die Beute: Polen. Der lachende Dritte sind die USA, die im Fernen Osten genauso wie in Europa als Sieger aus den Gemetzeln hervorgeht.

Dann begann die Epoche des Kalten Krieges – im Osten wie im Westen – und die passenden Narrative lieferten die Sieger wie die Besiegten: Immer sind es die anderen, die an allem schuld waren. Man selbst will nur den Frieden, den Fortschritt, den Wohlstand für alle. Die Traumata aber, die über Generationen weiter gegeben werden, tun unter der Haut unterdessen ihr unseliges Werk: Sie lähmen, ängstigen und verwirren die Gemüter der späteren Generationen nachhaltig. Die wissen dann gar nicht, warum sie so sind, wie sie sind. Aggressiv oder depressiv – in jedem Fall aber ein furchterregendes Beben für sich selbst und ihr Umfeld.

Wie sich die Bilder gleichen – damals genauso wie auch heute! Wieder agieren zwei Pseudo-Goliaths und ein verzweifelter David in Osteuropa um die Deutungshoheit: Der eine mit Waffengewalt, der andere mit Sanktionen und dazwischen das tägliche Sterben mutiger Männer und das verzweifelte Weinen entsetzter Frauen. Von den Kindern ganz zu schweigen, die ihren Traumatas erst Jahrzehnte später wehrlos begegnen werden. In der Ukraine oder in der Fremde, wo sie als Flüchtlinge strandeten 2022. Da hilft wohl nur eins: Aristophanes (die Erdlinge haben sich seitdem ganz und gar nicht geändert in ihrer Natur, ihrer Triebhaftigkeit) hat es in seiner Komödie Lysistrata einfach und überzeugend vorgeführt – die Männer sind sehr wohl und völlig erpressbar. Die Frauen müssen sich nur verweigern und die Kriegskasse kapern. Stellt euch vor, alle Frauen machen mit und gewinnen so den Krieg, weil dem die Männer ausgehen!

25 Mrz

Europa – Meditation # 327

Wohlstand – was ist das eigentlich?

Vor dem Hintergrund der Bilder aus der Ukraine, wo täglich unschuldige Menschen – große genauso wie kleine, alte genauso wie junge – zu Tode kommen, geistert in den westlichen Medien der Spuk vom denkbaren „Ende des Wohlstands“ über die Bildschirme. Zu der Angst vor einer kriegerischen Bedrohung obendrauf nun immer wieder die Angst vor einem Verlust des so hart erarbeiteten Wohlstands.

Zwei Fragen tun not angesichts dieser Angst-Mache:

1. Gibt es wirklich diese kriegerische Bedrohung Westeuropas?

De facto sicher nicht. Wenn die russischen Kräfte schon vor dem kleinen David Ukraine auf der Stelle treten, wie würde das dann erst aussehen vor den vereinten Nationen Westeuropas? Aber man kann sich natürlich in eine Angstvision tiefer und tiefer hinein phantasieren, fast wie in einem traumatischen s e l f-f u l l f i l l i n g-p r o c e s s, (befeuert von hysterischen Medienvertretern, die in Dauerschleife von dieser Bedrohung reden und reden) in dem man Angst besessen dann genau die Dinge tut, die zum Eintreten des Befürchteten führen könnten. Es gibt diese Bedrohung also wirklich nicht.

2. Von was reden wir eigentlich, wenn wir von „unserem Wohlstand“ sprechen?

Die Palette von Dingen, die wir da meinen, reicht sicher vom eigenen Haus, dem eigenen Auto, dem üppig gefüllten Kühlschrank, einer exzellenten medizinischen Versorgung bis hin zu einem geschützten familiären Raum, in dem unsere Kinder wohlbehalten aufwachsen können – von Fernreisen und einer abwechslungsreichen Unterhaltungsindustrie und spannenden Sport-Events ganz zu schweigen. Die damit verbundenen persönlichen und ökonomischen Zwänge werden dabei einfach als gegeben akzeptiert. Und deshalb darf unser derzeitiger Wirtschaftsminister auch nicht einem Embargo von russischem Gas zustimmen, denn dann würden ja all diese Dinge, die unseren Wohlstand ausmachen, infrage gestellt oder sogar fehlen. Und davor scheint die Angst groß. Das sagen jedenfalls die sogenannten Meinungsumfragen, auf die sich unsere Politiker berufen. Wir kommen also aus dem Dilemma – Hilfe für die Ukraine und gleichzeitig weiter Gaslieferungen aus Russland, das gleichzeitig der Ukraine einen mörderischen Krieg aufzwingt, verbunden mit den täglichen Summen, die wir vertraglich an Russland zu zahlen haben, damit wir nicht auf unseren Wohlstand verzichten müssen.

Soweit zwei Antworten auf diese beiden drängenden Fragen. Aber es gibt jenseits dieser Denkmuster noch eine dritte Frage, die wir uns ehrlich stellen sollten:

Ist dieser Wohlstand überhaupt etwas, das wir wirklich wollen oder ist es uns einfach nur im Laufe der Zeit antrainiert worden?

Wenn wir weiter gesund leben wollen, der existentiellen Einsamkeit ein Schnippchen schlagen wollen, den Planeten weiterhin bewohnbar halten wollen und die Ungerechtigkeiten in der Verteilung der Güter dieser Welt beenden wollen, dann brauchen wir unbedingt einen anderen Begriff von Wohlstand. Dann wäre Wohlstand nicht mehr etwas, das mit Zahlen und Mengen, mit Geld zu definieren wäre, sonder etwas, das mit der Lebensqualität eines jeden von uns zu tun hat. Und die ist nicht in erster Linie abhängig von Dingen, sondern von Beziehungen zu unseren Mitmenschen. Vor Ort genauso wie in der Region, im ganzen Land, auf dem gesamten Kontinent, weltweit. Dann sind diese unglaublichen Mengen an CO², diese lächerlichen Staus auf Autobahnen und Stadtringen, diese Unmengen an Plastik und Fleisch kein Thema mehr, weil nicht nur unsere Mobilität viel intelligenter regional organisiert werden kann, sondern auch unsere Essgewohnheiten viel gesünder und moderater stattfinden würden. Weil alle diesen bescheidenen Wohlstand angstfrei und gesund genießen können, weil er nicht auf Kosten anderer und der Umwelt geht, weil kleine Mengen – clever verteilt – viel mehr Menschen zugute kommen würden als in einem auf unerbittlicher Konkurrenz fußenden Überlebenskampf aller gegen alle. Das wäre dann ein Wohlstand der wohl den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts standhalten könnte.

Also lassen wir uns nicht länger von der üblen Chimäre eines Wohlstandwahns blenden, der uns tagtäglich nicht nur um ein glückliches Leben betrügt, sondern auch den Planeten nachhaltig ruiniert. Wir können unsere selbst gemachten Probleme auch selbst lösen. Wir müssen nur über unseren eigenen Schatten springen. Die derzeitige Krise ist der richtige Augenblick für die species homo sapiens, weise die wahrlich unweisen Zwängen unserer Wohlstandsgesellschaft endgültig zu verlachen und zu verlassen.