Europa – Fortsetzung der alten Geschichte # 165
Das Floss der Boreia.
Der Sturm lässt nach. Die Wellenberge schrumpfen, das Tosen verebbt in gleichmäßigem Rauschen und Wogen. Aber die Boreia hängt zerborsten fest. Europa, Athanama klammern sich frierend und völlig durchnässt am Stumpf des abgebrochenen Mastes fest. Chaturo kriecht gerade über das, was einmal das Deck gewesen sein muss. Wo sind seine Leute? Alle ertrunken? Sadamanthys und Parsephon, Europas Söhne, winken verzweifelt vom Bug her. Alle in Angst, dass jeden Moment der Rest der Boreia versinken könnte. Das Schiff schwankt bei jeder Welle gefährlich hin und her. Was tun?
Chaturo, der verzweifelte Kapitän – sein schönes Schiff ist hin – , hält Ausschau nach Land. Aber selbst jetzt, wo sich die tiefhängenden Unwetterwolken davon machen, ist weit und breit nichts als Wasser, Wasser, Wasser zu sehen.
Da kommt ihm eine Idee. Wir müssen sofort aus den Resten des Schiffs ein Floß bauen und uns von der Strömung treiben lassen und hoffen, dass es uns an die Küste Phöniziens bringt.
„Sadamanthys, Parsephon, kommt hierher, zu mir!“
Europa und Athanama hören das Rufen, haben aber keine Ahnung, was Chaturo vorhat. Sie beten zu ihrer Göttin:
„Lass uns nicht zugrunde gehen, hilf uns!“ flehen sie inbrünstig. Dann sehen sie, wie die Männer vorne mit Äxten die Planken losschlagen und mit Tauen hantieren.
„Was haben die vor? Sie zerstören doch nur noch mehr das, was von der Boreia übrig geblieben ist!“
Athanama ist völlig verwirrt.
„Wir bauen ein Floß, wir müssen hier weg!“ ruft Chaturo zu ihnen herüber. Gleichzeitig sehen die beiden Frauen, wie drei Männer aus dem Inneren an Deck kriechen. Sie haben wohl unter Deck trotz der Katastrophe überlebt. Einer hinkt, einer hält sich die linke Hand, sie sind verletzt, aber am Leben. Wieder gerät die Boreia in Bewegung, alle fürchten, dass sie gleich versinken werden. Und keiner von ihnen kann schwimmen.
Hastig basteln die Männer unter Anleitung von Chaturo an dem Floß, das schon bald Gestalt annimmt. Nicht groß, aber doch mit genügend Platz für die wenigen, die das Unwetter überlebt haben. Parsephon schleppt noch ein Fass mit Trinkwasser herbei, dann kriechen alle zitternd auf das Gefährt, das sie retten soll. Chaturo schiebt es an und springt kühn hinterher.