Europa – Fortsetzung der alten Geschichte # 92
Die göttlichen Brüder im Intrigenrausch
Am liebsten würden die drei göttlichen Brüder jetzt einen kleinen Zwischenstopp auf dem Olymp einlegen, um die zwei feinen Intrigen ordentlich zu feiern. Aber Zeus winkt ab. Tochter Athene könnte ihnen auf die Spur kommen. Also lieber doch erst weiter nach Kreta.
„Als was denn diesmal?“ fragt Poseidon enttäuscht. Er hat nämlich ziemlichen Durst und etwas Nektar und Ambrosia hätte er sich jetzt schon gerne gegönnt.
„Als ganz normale Palastwächter von Archaikos.“
„Gute Idee, Bruder, wirklich gute Idee“, lobt Hades überschwenglich.
Und schon sind sie da. Woltónos, Thórtys und Németos schleichen sich gerade durch die Gassen am Fuße des Palastes, als plötzlich drei Wächter vor ihnen stehen.
„Halt! Wer seid ihr, wo wollt ihr hin?“ Dabei halten sie ihre Speere drohend auf die Brüste der drei müden Wanderer gerichtet. Dass Zeus, Poseidon und Hades dabei kaum ein Lachen unterdrücken können, merken natürlich vor lauter Angst und Schrecken Woltónos und seine zwei Helfer gar nicht.
„Äh, also, das ist so, wir…“ stottert Woltónos los. Wird jetzt sein Plan vorzeitig an sein Ende kommen? Wieso sind zu dieser Zeit, an diesem Ort Wächter des Archaikos unterwegs? Er versteht es nicht. Und ihm will auch einfach keine gute Ausrede einfallen. So ein Mist aber auch, wirklich.
„Was denn nun, hä?“ Poseidon als Wächter macht jetzt richtig Dampf. „Was führt ihr im Schilde, mh?“
Thórtys und Nemetos sehen sich schon im Kerker unter dem Palast vermodern. Warum haben sie sich nur mit Woltónos auf diesen blöden Plan eingelassen, warum nur? Die drei Wächter lassen ihre Speere jetzt sinken und wechseln auch im Ton ihrer Fragen:
„Kommt mal mit, wir werden euch in aller Ruhe am Stadtrand befragen. Bis dahin wisst ihr dann hoffentlich, was ihr sagen wollt.“
Und ohne überhaupt ein Widerwort erst abzuwarten, schieben sie die drei in Richtung Sonnenuntergang, zum westlichen Tor. Für einen Augenblick sind die drei erleichtert, aber eben nur kurz. Denn was wird aus der nächsten Befragung wohl werden? Die Angst hat sie voll im Griff. So trotten sie mit gesenktem Haupt vor den drei Wächtern her. Kaum jemand scheint Notiz nehmen zu wollen von diesen sechs Männern. Jedenfalls sind die Leute, die gerade unterwegs sind, alle mit anderen Dingen beschäftigt.
„So, ihr drei“, fängt später, als sie im Schatten einer alten Korkeiche Halt gemacht haben, der ältere der drei Wächter in väterlichem Ton an, „ihr habt Glück im Unglück. Der Minos von Kreta sucht neue Leute für seine Palastwache. Und ihr seht so aus, als wäret ihr gerade auf dem Weg gewesen euch zu melden. Stimmt‘s?“